0299 - Der Schatten kommt auf leisen Sohlen
Sie mich sitzenlassen können. Das ist völlig ausgeschlossen. Ich habe eine elektronische Alarmanlage. Bevor die Burschen richtig drin sind, steht unten schon die Polizei.«
»Die steht jetzt schon da«, erwiderte Phil ruhig. »Verraten Sie uns erst einmal ein paar Einzelheiten, dann werde ich Ihnen sagen, wo die schwache Stelle in Ihren Sicherheitsvorkehrungen ist. Wieviel Bargeld ist in der Firma?«
»Vielleicht fünf- oder sechstausend Dollar, vielleicht ein bißchen mehr.«
»Sonstige Werte?«
»Sie Witzbold«, brummte Heller. »Gold und Edelsteine für mindestens vier Millionen Dollar. Ich habe die größte Goldschmiede-Fabrik, die es in New York gibt. Ich beliefere alle exklusiven Geschäfte der Park und der Fifth Avenue.«
»Und wie funktioniert die Alarmanlage?«
»Zunächst einmal hält der Fahrstuhl in der vierundzwanzigsten Etage nach meinem Weggang nicht mehr an. Das ist automatisch geregelt. Kein Mensch kann mit dem Fahrstuhl nach sechs Uhr abends noch in der vierundzwanzigsten Etage anhalten. Es sei denn, er verursachte im Fahrstuhl selbst einen Kurzschluß. Aber dann riskiert er, mitsamt dem Fahrstuhl in die Tiefe zu rasen. Was da von einem übrig bleiben würde, können Sie sich vielleicht ausrechnen.«
»Es muß aber doch die feuerpolizeilich vorgeschriebenen Treppen geben?«
»Sicher. Aber die sind elektronisch abgesichert. Wer nach sechs Uhr abends die entsprechenden Treppen vom dreiundzwanzigsten Stock her auch nur betritt, löst automatisch den Alarm beim Pförtner und beim nächsten Polizeirevier aus.«
»Und wie sind die Fenster abgesichert?«
»Erlauben Sie mal! In der vierundzwanzigsten Etage? Glauben Sie, daß jemand so hoch an einer Fassade emporklettern kann, ohne nicht von unten bemerkt zu werden?«
»Normalerweise vielleicht nicht. Aber da ist doch auch noch eine Feuerleiter?«
»Die ist da. Aber sie ist ebenfalls mit einer elektronischen Anlage gekoppelt. Wer auf der Feuerleiter von oben oder von unten her an das vierundzwanzigste Stockwerk herankommt, löst den Alarm aus.«
»Danke«, nickte Phil zufrieden. »Genau das hatte ich wissen wollen. Die schwache Stelle ist folglich der Treppenabsatz der Feuerleiter, der genau vor Ihren Fenstern liegt.«
»Aber wie soll denn einer auf diesen Absatz kommen, wenn er es weder von unten noch von oben her ohne Alarm auszulösen, schaffen kann.«
»Nicht von unten und nicht von oben her, sondern von gegenüber.«
»Gegenüber? Warten Sie mal! Ach ja, gegenüber liegt das Dachgeschoß des Warenhauses.«
»Ja.«
»Und dazwischen ist eine Gasse!« triumphierte Heller.
»Na und?« erwiderte Phil. »Haben Sie schon schon mal etwas von Leitern aus Aluminium gehört? Die sind leicht, tragfester als andere und obendrein auch noch zum Auseinanderschieben.«
»Wollen Sie damit sagen, daß jemand vom Dach' des Warenhauses aus eine Leiter herüberschieben wird auf das Podest der Feuerleiter?«
»Genau das will ich sagen«, bestätigte Phil. »Und so wird es in kurzer Zeit auch tatsächlich geschehen. Verlassen Sie sich drauf!«
»Aber von der Feuerleiter aus kann man immer noch nicht herein! Nach langem Herumstreiten habe ich es durchsetzen können, daß das Fenster unmittelbar neben der Feuerleiter zugemauert werden durfte. Dafür müssen Tag und Nacht Brechstangen bereitstehn, damit meine Angestellten und Arbeiter im Falle eines schnell ausgebrochenen Brandes die Mauer in wenigen Sekunden mit den Brechstangen durchstoßen können.«
»Dafür geht vom Podest der Feuerleiter aus ein ziemlich breiter Sims an der Hauswand entlang, nicht wahr? Ein Sims, der einem geschickten und furchtlosen Kletterer ermöglicht, bis zum nächsten Fenster vorzudringen. Einem Fenster, das — wie Sie es selbst sagten — kein Hindernis mehr bedeutet, denn die Fenster sind ja nicht an die Alarmanlage angeschlossen.«
»Teufel, Teufel, das hört sich aber gefährlich an. Wer riskiert denn so etwas?«
»Sie werden es erleben. Jetzt müssen Sie erst einmal dafür sorgen, daß wir mit unseren Leuten in Ihre Firma reinkommen, damit wir die Männer festnehmen können, die es riskieren werden, den Hals zu brechen, um Sie zu einem armen Mann zu machen.«
***
Der Hauptfilm war etwa zehn Minuten angelaufen, als Stan Lemitt seinem Nachbarn ins Ohr raunte:
»Los! Aber leise!«
Der Nachbar nickte und beugte sich zum nächsten. Lemitt achtete genau darauf, daß die Durchsage auch bis zum letzten kam. Dann erst erhob er sich lautlos und huschte durch den Vorhang
Weitere Kostenlose Bücher