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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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du seist ein ganz anderer als - Freitag abend. Aber ich kann es nicht glauben, John, so sehr ich es versuche. Ich liebe dich.«
    »Nein.«
    »Ich weiß, was du denkst. Du denkst, ich glaube, du hättest Matthew Whateley getötet. Es würde ja passen, nicht wahr? Was würde besser passen? Aber ich glaube nicht, daß du ihn getötet hast, John. Ich glaube nicht, daß du ihn auch nur angerührt hast. Ich bin mir sogar nicht einmal sicher ...« sie sah ihn an und lächelte liebevoll ... »daß du Matthew überhaupt bemerkt hast. Du wirkst immer ziemlich zerstreut, weißt du.«
    Sie bemühte sich um Lockerheit. Aber es wirkte gekünstelt.
    »Das ändert nichts«, entgegnete Corntel. »Ich war für Matthew verantwortlich. Es ist nicht anders, als hätte ich ihn mit eigener Hand getötet. Wenn die Polizei einmal das Schlimmste über mich weiß, werde ich größte Mühe haben, sie von meiner Schuldlosigkeit zu überzeugen.«
    »Von mir erfahren sie nichts. Das schwöre ich.«
    »Tu das nicht. Du wirst vielleicht feststellen, daß du dieses Versprechen nicht halten kannst. Thomas Lynley kann man nicht so leicht täuschen. Und er wird sicher bald mit dir sprechen, Em.«
    Sie hatten die Mitte des Spielfeldes erreicht. Emilia blieb stehen und drehte sich um, so daß sie ihm voll ins Gesicht sehen konnte.
    Sie faßte seinen Arm. »Meinst du, er wird glauben, du hättest den Jungen von hier fortgebracht? Du hättest ihn gefoltert und ermordet, ihn dann auf diesen Friedhof geschleppt, und wärst seelenruhig in die Schule zurückgekehrt, so eiskalt, daß du sogar fähig warst, persönlich zur Polizei zu gehen und um ihre Hilfe zu bitten?«
    Er blickte auf ihre Hand, die klein und weiß auf dem Schwarz seiner Robe lag. »Du weißt, daß es so gewesen sein könnte.«
    »Nein! Du warst neugierig, John. Weiter nichts. Das besagt gar nichts. Du glaubst nur, daß es etwas besagt, weil ich völlig den Kopf verloren hatte. Ich habe mich idiotisch benommen. Ich wußte nicht, was ich tun sollte.«
    »Du hast mich nicht gekannt. Nicht ganz. Ganz kennengelernt hast du mich erst am Freitag abend. Und jetzt weißt du das Schlimmste. Wie wollen wir es nennen, das, was du jetzt weißt, Emilia? Eine Krankheit? Eine Perversion? Wie?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist mir gleich. Es hat mit Matthew Whateley nichts zu tun. Und es hat nichts, aber auch gar nichts mit uns zu tun.«
    Corntel hörte die Überzeugtheit in ihrer Stimme und bewunderte sie dafür, gerade weil er wußte, daß es in Wirklichkeit kein uns mehr gab; wahrscheinlich nie gegeben hatte.
    »John«, sagte sie, »da kommt Inspector Lynley.«
    Die Schüler der Theaterklasse arbeiteten an einer maskenbildnerischen Aufgabe, die sie in der vergangenen Woche in einem der Unterrichtsräume auf der Westseite des Theatergebäudes mit zeichnerischen Entwürfen begonnen hatten; jetzt waren sie in die vier Garderoben verteilt und mühten sich, nach den zu Papier gebrachten Vorbildern, etwas zu schaffen, das vom künstlerischen Standpunkt den Anspruch auf Wirklichkeit hatte, um sich dann der kritischen Begutachtung ihres Lehrers zu stellen.
    Chas Quilter fühlte sich fehl am Platz angesichts des Enthusiasmus und des Elans, mit dem die anderen sich in diese Arbeit stürzten. Das ging ihm in diesem Kurs häufig so, aber so ausgeschlossen wie heute hatte er sich selten gefühlt. Das Herumstöbern in Schminkkästen, das Experimentieren mit Perücken und Bärten, mit diesem Lidschatten oder jenem Makeup hatte die ganze Gruppe in eine Begeisterung versetzt, die er nicht teilen konnte, wenn er auch ihre Hingabe und die Freude an der Aufgabe verstand. Sie hatten Theaterwissenschaft im Hauptfach und wollten darin ihr Abschlußexamen ablegen, wild entschlossen, nach entsprechendem Universitätsstudium die Londoner Bühne zu erobern. Er hatte den Kurs nur gewählt, um in seinem letzten Jahr in Bredgar Chambers ja keine freie Minute zu haben. Für ihn war es ein Mittel zu vergessen. Meistens hatte er diesen Zweck erfüllt. Heute klappte es gar nicht.
    Clive Pritchard war schuld daran. Er teilte die Garderobe mit Chas, und es war kein Dritter da, der als Puffer die niederwalzende Wirkung von Clives lautem unangenehmen Wesen wenigstens teilweise hätte abfangen können.
    Die Maske, die er für sich entworfen hatte, entsprach genau seinem Wesen. Während die anderen Schüler den Anweisungen des Lehrers gefolgt waren und sich Helden elisabethanischer Tragödien ausgewählt hatten, denen sie Gesichter geben wollten,

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