03 - komplett
würde es nicht schaffen! Wie konnte ein solcher Mann nur eine so wunderbare Mutter haben? „Ich habe mit Ihrer Mutter gesprochen“, wechselte sie das Thema. „Sie hat sich überhaupt nicht verändert und ist immer noch so freundlich und aufmerksam.
Ihr Stiefvater Sir Joshua hingegen sah nicht so gut aus.“
„Es geht ihm auch nicht gut.“
„Oh, das tut mir leid ...“
„Was hat Mutter zu Ihnen gesagt?“
„Sie verriet mir, dass Ihr Vater der Sohn eines irischen Clanoberhaupts gewesen sei und sie entführt habe, um eine jahrhundertealte Fehde zu beenden. Sie sagte auch, Sie seien ihm sehr ähnlich.“
Connor lachte, griff nach seinem Glas Whisky und nahm einen tiefen Schluck. „Ach, wirklich?“
„Ja. Sie meint, Sie seien wild gewesen und dass Ihr Großvater sehr verzweifelt darüber gewesen sei.“
„Ja, das stimmt wohl“, entgegnete er leise, den Blick auf sein Glas geheftet.
„Warum? Was haben Sie denn getan?“
„Was junge wilde Männer eben so tun, das ihre Verwandten verzweifeln lässt. Zu viel Geld ausgeben, spielen, huren, in Streit geraten ...“
Rachel hielt erschrocken den Atem an. Sie hatte nicht damit gerechnet, er würde ganz so ehrlich sein. „Oh, ich wusste nicht ...“
„Nein, das wussten Sie nicht, Rachel. Ich gab mir nämlich alle Mühe, es Sie nicht wissen zu lassen. Für Sie spielte ich den galanten, liebenswürdigen Major, nicht wahr? Nicht, dass es mir besonders geholfen hätte ...“
„Ihr armer Großvater. Wahrscheinlich wäre er froh gewesen, wenn er einen anderen Erben gehabt hätte. Und auch das habe ich nie erfahren. Sie erwähnten nie, dass Sie eines Tages ein Earl sein würden.“
„Ich hätte es wohl getan, hätte ich ernsthaft an diese Möglichkeit geglaubt.
Wahrscheinlich hätte ich sogar damit geprahlt, denn damals schien Sie der Rang eines Mannes zu beeindrucken. Vor sechs Jahren war ich allerdings nur der Vierte in der Erbfolge. Zwei meiner Onkel und einer ihrer Söhne erfreuten sich bester Gesundheit. Es schien unmöglich, dass sie alle vor mir sterben würden. Noch dazu innerhalb von zwanzig Monaten. Deswegen ging ich ja auch zur Armee.“ Er leerte sein Glas und lächelte. „Und weil mein Großvater mit dem Gewehr auf mich zielte und mir befahl, meine Sachen zu packen und zu verschwinden, weil er mir ein Offizierspatent in der Leibgarde gekauft hatte.“
Rachel kam in ihrem Entsetzen unbewusst näher. „Ihr Großvater drohte Ihnen, Sie umzubringen?“
„Wohl eher leeres Gerede als sonst irgendetwas. Ich glaube nicht, dass er wirklich abgedrückt hätte. Er war ganz einfach mit seiner Geduld am Ende. Ich hatte ihn in eine schwierige Lage gebracht, indem ich eine Sünde zu viel beging. Und er nahm es sehr persönlich, weil es sein Ehrgefühl verletzte. Er war ein sehr guter Mensch. Ein Ehrenmann ...“
„Was hatten Sie denn getan?“
Er füllte sein Glas wieder auf. „Ich machte eine verheiratete Frau zu meiner Geliebten. Ich setzte einem alten, geschätzten Freund meines Großvaters Hörner auf. Was ihn nicht besonders erfreute.“
Rachel konnte ihn einen Moment nur sprachlos anstarren, dann sagte sie mit kühler Stimme: „Nein, das hätte ich auch nicht angenommen.“ Sie räusperte sich und fügte hinzu: „Nun, Sie müssen noch sehr jung gewesen sein, vermute ich. Die Ehebrecherin war gewiss sehr viel älter als Sie und hätte klüger sein müssen.
Vielleicht hat sie Sie vom rechten Weg abgebracht.“
„Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte, Rachel“, erwiderte er spöttisch. „Sie war damals in Ihrem Alter, also fünfundzwanzig, und ich ungefähr achtzehn. Aber ich wusste sehr gut, was ich tat. Ich hatte schon mit fünfzehn meine erste Geliebte.“
Wieder nahm er einen tiefen Schluck von seinem Whisky.
Es dauerte einen Moment, bis Rachel sich von ihrem Schock erholt hatte. „Oh, ich verstehe ...“, brachte sie nur hervor, weil ihr nichts anderes einfiel. Doch dann kam ihr ein verstörender Gedanke. „Hielten Sie sich auch eine Geliebte, als wir verlobt waren?“
Er stellte sein Glas auf den Tisch. „Was hätten Sie denn getan, wenn es so wäre, Rachel? Mich sitzengelassen?“
Tiefe Röte überzog ihre Wangen. „Nun, ich bin froh, es wenigstens jetzt erfahren zu haben. Dann fühle ich mich nicht ganz so ...“
„Schuldig?“, beendete er den Satz. „Nein, fühlen Sie sich so schuldig wie nur möglich, meine Liebe. Damals waren Sie die einzige Frau in meinem Leben.“
Abrupt entschloss Rachel sich, dass sie von
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