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0302 - Der Unhold

0302 - Der Unhold

Titel: 0302 - Der Unhold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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auch nicht. Da war noch immer dieser Pietro, der auf der Straße lungerte und alles sah. Möglicherweise hatte er etwas Interessantes entdeckt.
    Suko hatte die gleiche Idee gehabt wie ich, denn er sagte: »Da war doch noch dieser Alte…«
    »Ja, den suche ich auch.«
    »Wie hieß er doch gleich?«
    »Pietro!«
    Beide schritten wir in dieselbe Richtung. Ein paar Meter legten wir zurück, als wir das Stöhnen hörten. Es drang aus einer Nische in der Hauswand.
    Schreckliche Befürchtungen stiegen in mir hoch. Ich holte meine kleine Lampe hervor, leuchtete die Nische an, und der dünne Strahl stach in das Gesicht des alten Pietro.
    Es war blutüberströmt.
    »Mein Gott!« flüsterte ich nur und war blitzschnell bei ihm. Ich ging neben ihm in die Knie, umfasste seine Wangen und schaute in seine Augen.
    Sie zeigten einen gebrochenen Ausdruck.
    Mein Freund und ich wußten Bescheid. Dieser Mensch stand kurz vor seinem Tod.
    Vielleicht konnte er noch reden, deshalb fragte ich ihn. »Wer war es, Pietro? Wer hat dich angegriffen?«
    »Der Unhold!« hauchte er mit allmählich versiegender Stimme.
    »Er war da und hatte einen Toten bei sich. Ich… ich … wollte noch …« Es waren seine letzten Worte. Er hob noch einmal den Kopf, aus seinem Mund sickerte Blut, dann sackte der Körper in sich zusammen.
    Pietro lebte nicht mehr. Er war das zweite Opfer des Unholds geworden. Ich drückte ihm die Augen zu.
    Suko und ich standen gemeinsam auf. Wir waren nicht fähig, einen Kommentar abzugeben. Aber wir wußten nun, daß wir keiner Halluzination erlegen waren. Diesen Unhold gab es wirklich. Er lauerte irgendwo in den schmalen Gassen oder in geheimnisvollen Verstecken und wartete nur darauf, zuschlagen zu können.
    Zwei Tote hatte es hinterlassen. Wie viele würden es wohl noch werden?
    Wir drehten uns um.
    Der Mond war weiter gewandert. Die blasse Scheibe schien direkt über der Gasse zu stehen und hineinzuleuchten. Wir sahen die Konturen der kleinen Brücke, die zwei Häuser miteinander verband. Und Wir sahen plötzlich einen Schatten herbeihuschen. So schnell, daß wir nicht einmal feststellen konnten, aus welcher Richtung er gekommen war.
    Direkt unter der Brücke blieb der Schatten stehen.
    Es war das Monstrum!
    Für einen Moment waren wir vor Überraschung sprachlos.
    Dieses Geschöpft war sich seiner Sache so sicher, daß es sich sogar öffentlich zeigte und uns mit seinem Erscheinen regelrecht verhöhnte. Sogar ein Fauchen schwang uns entgegen, und wir zögerten nicht mehr länger, sondern rissen unsere Waffen hervor.
    Dann peitschten die Schüsse.
    Sie zerstörten die Stille. Das Mündungsfeuer leuchtete fahl, und wir sahen, wie sich der Unhold gedankenschnell bewegte. Es tauchte in den seitlichen Schatten der Brücke ein, wobei wir nicht wußten, ob wir getroffen hatten, zudem war das Ziellicht ziemlich mies gewesen.
    Dann stieß es sich ab.
    Mit seiner Sprungkraft überraschte es uns. Plötzlich befand es sich in der Luft, und es bekam den unteren Rand der Brücke zu packen. Geschmeidig wie ein Affe zog es sich höher.
    Ich setzte noch eine Silberkugel hinterher. Sie schlug nur gegen das Gestein und hinterließ eine hellere Furche.
    In diesem Moment stürzte Claudia Corelli auf die Gasse. Sie lief in unsere Schussrichtung, hielt selbst eine Waffe in der Hand und schaute sich um.
    »Auf der Brücke!« rief ich.
    Ihr Blick flog in die Höhe.
    Dort duckte sich das Untier soeben hinter dem Steingeländer zusammen und war nicht mehr zu sehen.
    Wir liefen auf Claudia zu. Auch Mandra Korab befand sich plötzlich bei uns, während Rosa ebenfalls das Haus verließ, stehen blieb und sich umschaute.
    Ich behielt die Brücke im Auge und glaubte, dort eine Bewegung zu sehen. Zudem vernahmen wir ein wütendes Fauchen, das uns von dort oben entgegenschwang.
    Mein Blick traf das Gesicht von La Bandita. Ich sah die Angst auf ihren Zügen. Zum erstenmal eigentlich. Ein Beweis, daß auch eine Claudia Corelli Furcht empfinden konnte, und das machte sie mir irgendwie menschlicher.
    »Es hat noch einen Toten gegeben«, sagte ich hastig.
    »Wer?«
    »Der Mann namens Pietro.«
    »Nein!« flüsterte Claudia und schlug sich gegen die Stirn.
    »Warum mußte er denn sterben?«
    »Vielleicht wollte er das Monstrum aufhalten?« vermutete ich.
    »Ja, das kann sein…«
    Zum erstenmal sagte der Inder etwas. »Wir sollten es verfolgen, John. Es wird sicherlich nicht fliehen. Es weiß, daß wir ihm auf den Fersen sind, und wenn es Zeugen erledigen will,

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