0320 - Heißes Pflaster Chicago
fuhren wir mit Nosys feuerrotem Jaguar nach Chinatown. Es war unglaublich, wie sich der kleine G-man dort auskannte und wie freundlich er von den Besitzern von Music Halls und anderen Kneipen empfangen wurde.
Es war drei Uhr vorüber, als wir endlich energisch erklärten, wir müssten jetzt nach Hause. Immerhin ging die Maschine bereits um sieben Uhr.
Den Jaguar hatten wir in der Cermak Road auf dem Parkplatz gelassen und bummelten durch die Well Street dorthin.
Die Well Street ist bekannt für ihre chinesischen Goldschmiede und Antiquitätenladen. Um diese Zeit war sie ziemlich verlassen.
In vergnügter, angeregter Stimmung schritten wir dahin.
»Passt auf«, sagte da Nosy und blieb einen Augenblick stehen. »Wenn ich mich nicht sehr irre, wird es gleich Ärger geben.«
Vor uns kamen drei, in der matten Beleuchtung nur undeutlich erkennbare Gestalten. Ihre Schrjtte waren lautlos, sie trugen Schuhe mit Gummisohlen. Sie gingen so nebeneinander her, dass sie den ganzen Bürgersteig versperrten. Im Übrigen konnten wir nichts Auffälliges feststellen.
Der Mann am rechten Flügel trug einen runden Hut und war mindestens sechs Fuß groß. Der am linken Flügel war zwar kleiner, hatte aber Schultern wie jemand, der sein ganzes Leben hindurch Zementsäcke geschleppt hat. Der in der Mitte war schmal und zierlich wie ein Mädchen.
Als ihm dann das Licht einer Laterne ins Gesicht fiel, konnte ich sein Gesicht erkenne, und dieses Gesicht erinnerte mich unwillkürlich an eine Schlange.
Sie waren bis auf zwölf oder fünfzehn Fuß herangekommen, als der Kleine die Hand aus der Tasche zog, und diese Hand hielt einen blau glänzenden Revolver.
Bevor ich noch nach der Pistole greifen konnte, knallte es neben mir, und der Revolver des Gangsters flog in weitem Bogen durch die Gegend.
Nosy hatte geschossen.
Ich nahm mir den Mann mit dem Hut aufs Korn, während Phil sich auf den dritten stürzte.
Mein Gegner zog keine Pistole, aber ein Rasiermesser. Ich hatte meine 38er am Lauf gepackt.
Als er mit der Schneide nach mir schlug, wich ich aus und meine schwere Waffe traf ihn am Handgelenk. Das Rasiermesser klirrte auf die Steine. Ich schlug noch einmal zu, und mein Gegner stürzte wie ein gefällter Baum zu Boden. Fast im gleichen Augenblick waren meine Kollegen mit ihren Gegnern fertig geworden. Friedlich schlafend lagen die drei Gangster jetzt nebeneinander auf dem Gehsteig.
»Kommt. Gehen wir weiter«, sagte Nosy.
»Wollen wir denn nicht einen Streifenwagen holen und die Kerle einbuchten lassen?«, fragte ich. »Ich habe so eine Ahnung, als ob sie mit der Torture Gang zu tun haben könnten.«
»Du hast nicht nur eine Ahnung, Jerry«, lächelte Nosy. »Es ist sicher, dass sie im Auftrag unserer lieben Freunde gehandelt haben, aber was nutzt das? Ich kenne alle drei Gestalten. Es sind Schläger, die man jederzeit mieten kann, wenn man sie dementsprechend bezahlt. Ich bin davon überzeugt, dass sie nicht wissen, wer sie angeheuert hat.«
Wir ließen also die drei Gangster hegen und verzogen uns. Wir waren noch keine zwei Blocks weiter gekommen, als ein Streifenwagen der Stadtpolizei mit Geheul vorbeistob.
»Na, siehste. Es geht auch ohne uns«, lachte Nosy. »Die Nachbarn haben dafür gesorgt.«
Fast hatten wir die Cermak Road und den Parkplatz erreicht, als wieder zwei finstere Gestalten heranschlenderten. Unwillkürlich griff ich nach der Waffe, aber da sagte Nosy: »Die sind harmlos, Es sind zwei Sergeanten vom Raubdezernat, die hier Patrouille gehen. Es gibt nämlich bekanntlich nirgends mehr Raubüberfälle als in Chinatown.«
»Hallo, Tiller!«, grüße der eine. »Immer noch unterwegs?«
»Haben Sie was dagegen, Wolters?«, fragte Nosy »Sie und Hollman treiben sich ja auch noch herum.«
»Wir beide sind im Dienst«, lächelte Hollman. »Haben Sie einen Bummel gemacht?«
»Ja, einen Abschiedsbummel, wenn Sie es ganz genau wissen wollen. Meine beiden Kollegen aus New York verlassen uns morgen früh. Sie wollen mit den Chicagoer Gangster nichts mehr zu tun haben.«
»Und die Chicagoer Gangster nichts mit uns«, erwiderte ich. »Wenn es nach uns ginge, so würden wir noch hierbleiben, aber Sie wissen ja, die Pflicht und unser Chef rufen.«
»Dann viele Grüße an New York.«
Die zwei gingen weiter und auch wir setzten unseren Weg fort.
Vor unserer Pension in der May Street setzte uns Nosy ab. »Wenn ich nicht verschlafe, bin ich um sieben Uhr am Flugplatz«, meinte er. »Aber verlasst euch nicht zu sehr
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