0322 - Leonardos Höllenwurm
unterschwellig flackerte sein Para-Können noch. Leonardo deMontagne wußte davon. Und er wollte Bjern Grym zwingen, seine Fähigkeiten wieder zu aktivieren und sich mit dem Aktivieren auf die Seite des Bösen zu stellen - oder zu sterben.
Das waren seine beiden Ziele.
Und deshalb mußte, während der Schatten sich um die Hedgeson-Villa und die Spinne kümmerte, auf der anderen Seite des Gardasees ein Fischer die Schachtel in der Grym-Yacht deponieren.
Noch waren es einzelne Steinchen. Aber Leonardo sah das Mosaik schon komplett als Bild. Schon bald würden die Steinchen sich zusammenfügen und erkennbare Szenen ergeben. Schon bald…
Er gab einen Kraftimpuls über seinen Schatten ab. Und die weiße Spinne blähte sich wieder auf und begann zu leben, sich zu bewegen. Sie war unzerstörbar. Zumindest für normale Mittel. Und andere würde dieser Zamorra nicht einsetzen können, dafür wollte Leonardo schon sorgen.
Er war bereit zum Kampf. Das Sterben konnte beginnen, wenn Aprils T-Shirt-Party begann.
***
Nicole hatte vorgeschlagen, nach Verona zu fahren, um dort einzukaufen. Zamorra blieb hartnäckig. »In Peschiera bekommen wir auch T-Shirts und Zahnbürsten, meine liebe, und wenn nicht, wirst du eben ohne T-Shirt auftreten. Und was den Bikini angeht: den brauchst du hier nicht. Wie sich gezeigt hat, ist Aprils Grundstück von Fremden nicht einzusehen.«
»Und wenn ich anderswo an den Strand will?« schmollte Nicole. »In Italien ist Nacktbaden verboten.«
»Du wirst dich diesmal bezähmen«, erklärte er fest.
So fuhren sie nach Peschiera, immerhin auch eine Stadt mit Einkaufsstraßen, wenn auch bei weitem nicht so groß wie Verona. Dafür gab es hier niedrigere Preise, und auch die Fahrstrecke war nicht so weit. Zamorra schielte immer wieder auf den Kilometerzähler, gefahrene Strecken kosteten Geld. Er begriff sich selbst nicht, warum er diesmal so knauserig reagierte, immerhin waren sie oft genug mit Mietwagen unterwegs und achteten nie auf die gefahrenen Kilometer. Aber vielleicht war es hier nur eine Reaktion auf frühere Ereignisse.
Als sie den offenen Maserati auf dem Parkplatz abstellten, glitt ein schwarzer Cadillac auf der Hauptstraße langsam vorbei. Nicole lachte auf. »Daß der in dem schwarzen Leichenwagen nicht erstickt…«
Zamorra sah dem Fahrzeug nachdenklich nach. Weniger, weil ein Cadillac nicht in die Landschaft aus Fiats, Lancias und Renaults paßte. Aber irgend ein unbestimmtes Gefühl warnte ihn.
Vor dem Cadillac und seinem Fahrer?
Unwillkürlich tastete Zamorra nach dem silbernen Amulett, das am Kettchen vor seiner Brust hing. Doch es machte sich nicht bemerkbar. Also doch keine dämonische Aktivität in der Nähe?
Er beschloß, zunächst einmal abzuwarten und gar nichts zu tun. Statt dessen folgte er Nicole in die einzelnen Läden, bis sie schließlich zwei T-Shirts für jeden von Ihnen und dazu für sich Shorts und einen für hiesige Verhältnisse recht verwegen geschnittenen Bikini erstanden hatte, den sie höchstwahrscheinlich ja doch nicht anziehen würde, wie Zamorra sie kannte. Sie kehrten zum Wagen zurück.
Etwas befremdet sah Zamorra, daß der Cadillac wieder in der Nähe war. Er entfernte sich gerade von dem Parkplatz, auf dem der Maserati abgestellt gewesen war. Mißtrauisch untersuchte Zamorra das Cabrio, konnte aber nichts feststellen, auch nicht, als er das Amulett mit dem Metall des Fahrzeugs in Berührung brachte. Eine Bremsprobe erbrachte, daß auch niemand die Bremsschläuche durchtrennt haben konnte.
»Was ist mit dir los? Siehst du Gespenster?« fragte Nicole.
»Vielleicht«, gab Zamorra zurück, dem das zweimalige Auftauchen des Cadillac zu denken gab, zumal das warnende Gefühl auch beim zweiten Mal nicht schwächer geworden war.
Irgend etwas stimmte nicht.
***
Giovanni Velono erkletterte die Grym-Yacht in einem Moment, als niemand herüber sah. Blitzschnell verschwand er unter Deck und duckte sich zusammen. Er zog die Schachtel aus der Hosentasche und wog sie überlegend auf der offenen Handfläche. Wo sollte er sie deponieren? In der Steuerkanzel oder in den Kabinen?
Im Hafen von Saló war es üblich, daß die ankernden Boote nicht verschlossen waren. Hier gab es keine Diebe. Jeder wußte, daß die Fischer nicht genug Besitz hatten, als daß man sie hätte bestehlen dürfen, und die Touristen wurden in Ruhe gelassen, weil die sonst nicht wiederkommen würden. Selbst die Mafia hielt sich an diese Regeln. Deshalb wunderte sich Giovanni auch nicht,
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