0324 - Die Geliebte des Dämons
wieder und wieder.
Sie hatte die scharfe Seite des Messers quer durch das Gesicht gezogen, ihm Kreuzschnitte beigebracht, und ich sah etwas, das mich zutiefst erschreckte.
Blut…
Ja, aus den Wunden sickerten feine Blutfäden, die sich auf dem Gesicht verteilt hatten.
Es war ein Bild, das Angst verbreitete. Ich hielt den Atem an, schloß die Augen, öffnete sie wieder und wollte eigentlich nicht glauben, was ich da zu sehen bekam.
Es war kein Irrtum!
Shao hatte dieses Gesicht auf schreckliche Art und Weise mit dem Messer gezeichnet.
Wie lange ich stand und auf das »Bild« starrte, wußte ich selbst nicht zu sagen. Ich habe auch ein paarmal Mandras Namen geflüstert, doch irgendwann löste ich mich von dem Anblick, denn meine Gedanken beschäftigten sich wieder mit der Realität.
Mir ging es nicht gut. Das mußte sich ändern. Wer einen dicken Kopf hatte, der trank Kaffee oder aß einen Hering gegen den Kater.
Ich entschied mich für eine andere Möglichkeit und sah zu, daß ich in das Badezimmer kam.
Als ich die Tür aufstieß, wäre ich fast noch gefallen, soviel Schwung lag hinter meiner Attacke. Bis zur Wanne stolperte ich vor, stützte mich dort auf und erholte mich ein wenig, bevor ich mich drehte, und mich dem nächstliegenden der beiden Waschbecken zuwandte.
Das Wasser war eiskalt. Es schoß schäumend aus dem Hahn, und ich ließ es in die Höhlen meiner aneinandergelegten Hände laufen, bevor ich mir die kalte Flüssigkeit ins Gesicht schleuderte.
Das erfrischte!
Ein paarmal kippte ich nur Wasser ins Gesicht, beugte meinen Kopf nach unten und ließ den Strahl auch über den Hals laufen. Ich spürte fühlbar, daß es mir besser ging und die ersten starken Schmerzen allmählich verschwanden.
Ja, das war gut.
Mit geschlossenen Augen griff ich nach rechts, wo zwischen den beiden Becken die Handtücher hingen, holte eines vom Ständer und preßte es mir gegen das Gesicht.
Die Tür vom Bad war nicht wieder zugefallen, deshalb hörte ich auch das Geräusch aus dem Zimmer.
Zwar war ich noch nicht voll da, aber wehrlos auch nicht. Sollten Suko und Shao zurückgekehrt sein, würden sie mir einige verdammt unangenehme Fragen beantworten, das nahm ich mir fest vor.
Ich zog die Beretta.
Auf Zehenspitzen näherte ich mich der Badezimmertür und drückte mich dort in den toten Winkel an die Wand.
Vorerst wartete ich ab…
Die in das Zimmer eingedrungene Person lief durch den Raum.
Nicht sehr forsch, sondern zögernd, als würde sie von einem schlechten Gewissen geplagt sein.
Sie näherte sich auch der Badezimmertür, hinter der ich lauerte.
An der Schwelle zögerte sie.
Genau in dem Augenblick bekam ich wieder die Stiche, verzog das Gesicht und wurde unaufmerksam. Als der kleine Anfall vorbei war, hatte die unbekannte Person bereits einen Schritt in das Bad hineingetan.
Ich streckte meinen rechten Arm aus.
Und mit ihm die Beretta.
Die Person bekam einen Schreck, als sie den harten Druck der kalten Mündung an ihrer Wange spürte, und sie blieb stocksteif stehen, als wäre sie eingefroren.
Ich ließ meinen Arm sinken, denn ich kannte die Frau, die in das Zimmer eingedrungen war. »Sie sind es, Susan!«
Erst jetzt rührte sich Susan Perth, die vom Dienst befreite Polizistin.
Ein schnaufender Atemzug drang aus ihrem Mund, und sie verdrehte die Augen, als sie mich anschaute. »Meine Güte, Mr. Sinclair, haben Sie mich erschreckt.«
Ich steckte die Beretta weg und grinste müde. »Sie mich auch.« Als ich mich von der Wand löste, spürte ich wieder den Schwindel, der mich fast umgerissen hätte. Rasch griff Susan Perth zu, um mich abzustützen.
»Danke, danke, ich bin nur leicht angeschlagen.«
»Wo sind den Suko und Shao?« Sie stellte die Frage, während sie mich aus dem Bad führte.
In einem der Sessel ließ ich mich fallen und antwortete mit matter Stimme: »Das ist eine lange Geschichte.«
»Erzählen Sie trotzdem.«
Ich berichtete davon, daß mich mein Freund niedergeschlagen hatte und nun mit Shao verschwunden war. Susan sah auch das Bild, erschrak, fragte nach Zusammenhängen, die ich ihr ebenfalls mitteilte.
»Das kann ich kaum glauben«, flüsterte sie.
»Ist aber leider so.«
»Und was wollen Sie jetzt machen?«
»Mal sehen.« Ich schaute sie an. Susan trug lässige Kleidung. Die Hose endete über den Knöcheln, die Ärmel des dünnen Pullovers waren ausgestellt und die Stiefel aus weichem Leder. »Was wollten Sie eigentlich von uns?«
»Ich wollte zu Ihnen, John. Es war
Weitere Kostenlose Bücher