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bevorstanden, nicht allzu angewidert zu klingen. „Aber man muss tun, was einem aufgetragen wird."
Zufrieden fand sie, der letzte Satz habe hinreichend ergeben geklungen.
„Was wollen Sie in Fort Smith machen?" Mr. Poke war nicht gewillt, das Gespräch versiegen zu lassen.
„Natürlich will ich dort Gott dienen", sagte sie und freute sich über diese inspirierte Antwort. Gleichzeitig fragte sie sich jedoch, wie lange sie es noch fertig bringen würde, den aufdringlichen Fragen auszuweichen, ohne unhöflich zu erscheinen. Da sie wusste, wie gern Männer über sich selbst redeten, und weil sie ahnte, dass Mr.
Poke nicht die Absicht hatte, sehr bald in Schweigen zu verfallen, horchte sie nun ihn aus: „Wie weit fahren Sie?"
„Ich?" Es schien ihn zu überraschen, dass sie das wissen wollte. „Oh, ich fahre nur bis Fort Yuma."
Nach dieser Bemerkung warf die altkluge kleine Melissa voll kindlicher Begeisterung ein: „Meine Mama und ich reisen auch dorthin! Mein Vater ist da, und wir wollen zu ihm."
„Ich nehme an, du bist schon sehr aufgeregt, nicht wahr, Kleine?" fragte Reina, da sie überzeugt war, Schwester Maria Regina hätte sich interessiert gezeigt.
„Oh ja! Papa hat in seinem Brief geschrieben, dass ich, wenn ich bei ihm bin, ein eigenes Pferd bekomme! Nicht wahr, Mama?"
„Ja, Melissa", bestätigte die Mutter und schaute sie liebevoll an.
„Das ist wunderbar!" erwiderte Reina. „Als ich noch zu Hause lebte, hatte ich ein Stute", fügte sie fast bedauernd an. „Sie war eine Schönheit."
„Ich vermute, Sie vermissen sie, nicht wahr?" erkundigte sich Melissa mitfühlend.
„Ja, das stimmt. Aber es ist lange her, seit ich mein Elternhaus verlassen habe ..." Im Stillen rief Reina sich zur Ordnung. Seit der Flucht von zu Hause waren erst vier Tage verstrichen, die ihr jedoch wie eine Ewigkeit vorkamen.
„Hätten Sie das Pferd nicht mitnehmen können?"
„Nein, leider nicht", antwortete sie ehrlich. Dorado, ihre schöne Palominostute, war so unverkennbar gezeichnet, dass sie, hätte sie das Tier mitgenommen, sofort ausfindig gemacht worden wäre.
„Warum haben Sie es denn zurückgelassen?" wollte Melissa wissen und rechnete in kindlicher Auffassungsgabe mit einer einfachen Antwort.
„Manchmal sind andere Dinge im Leben von größerer Bedeutung." Reina faltete fest die Hände im Schoß, überkommen von schrecklichen Erinnerungen an die letzte Begegnung mit dem Vater. Es war ihr gelungen, eine Weile nicht an ihn zu denken, doch nun empfand sie wieder Schmerz über die Trennung. Sie liebte die Hazienda und hatte nie den Wunsch verspürt, sie zu verlassen. Der Vater hatte ihr jedoch keine andere Wahl gelassen.
Melissa bemerkte, dass die Miene der Nonne wehmütig wurde, und entschuldigte sich rasch: „Es tut mir Leid. Ich wollte Sie nicht traurig machen."
„Ich bin nicht traurig", entgegnete Reina und rang sich ein mattes Lächeln ab. „Ich habe nur etwas Heimweh."
„Wie ich an Ihrem Habit sehe, haben Sie bereits die ewigen Gelübde abgelegt", schaltete Ruth sich in sehr respektvollem Ton ein. „Aber Sie sehen noch so jung aus, Schwester. Sind Sie schon lange in Ihrem Orden?"
„Lange genug", antwortete Reina viel zu offenherzig und wünschte sich inständig, dass die letzten Ereignisse in ihrem Leben nicht stattgefunden hätten. „An sich sollte ich mittlerweile daran gewöhnt sein, nicht mehr zu Hause zu leben, aber das ist nicht der Fall."
„Das verstehe ich. Ich bin indes sicher, dass Sie sehr beschäftigt sind."
Reina dachte an die überstürzte Flucht ins Kloster und das hektische, heimliche Verschwinden aus dem Gebäude, um in der Stadt die Postkutsche zu erreichen. „Das ist richtig. Mir scheint, ich habe keinen Augenblick der Langeweile mehr."
„Was tun Sie?" fragte Melissa unverhohlen neugierig.
„Oh, ich bete sehr viel", antwortete Reina ausweichend und lächelte dabei in einer Weise, die das kleine Mädchen entmutigen sollte, ihr weiterhin Fragen zu stellen.
Sie wollte wirklich nicht über das Klosterleben reden, weil sie Angst davor hatte, zu detaillierte Antworten geben zu müssen. Ehe sie das Kloster verlassen hatte, um die Flucht nach New Orleans anzutreten, waren ihr von Maria viele Informationen gegeben worden. Ihr war jedoch klar, dass sie noch immer nicht sehr viel über das Leben einer Nonne wusste. „Im Kloster halten wir das Morgengebet ab, auf das die Messe folgt, und abends beten wir die Vesper, und danach halten wir Andacht ..."
„Mehr tun Sie
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