033
den in einiger Entfernung von ihr stehenden Banditen zu erschießen.
Langsam verließ sie den Schutz ihres Verstecks und war erleichtert, als auch er sich näherte. Verzweifelt darauf bedacht, den allzu selbstsicheren Desperado überraschen zu können, bewegte sie sich schnell, hob die Pistole und schoss ohne jedes Zögern. Zu ihrem Entsetzen flog die Kugel zu weit und traf Duke nicht.
Unverletzt stand er da und starrte sie wütend und verdutzt an.
„Zum Teufel!" brüllte er verblüfft, weil die Nonne mit einer Pistole bewaffnet war und sie obendrein benutzte. „Sie haben eine Waffe?"
„Schwester!" riefen Ruth und Fred, bestürzt darüber, ihr nicht beistehen zu können.
Sie waren überzeugt, dass jetzt das Ende für sie alle nahte.
Reina sah ein mordlüsternes Glitzern in den Augen des kaltblütigen Verbrechers erscheinen, der sie unverwandt wütend anstarrte. Als er seine Pistole hob und noch einen Schritt auf sie zukam, war ihr klar, dass sie ihn erschießen musste, oder sie starb. Erneut krümmte sie den Finger um den Abzugshahn, und der Knall des Schusses dröhnte ihr in den Ohren.
In dem Moment, da Duke den fatalen Schritt auf die Nonne zu gemacht hatte, war er in Clays Reichweite gekommen. Sofort hatte er geschossen. Zufrieden beobachtete er, wie der Verbrecher jäh stürzte.
Er ignorierte den pulsierenden Schmerz im Oberarm, kam auf die Füße und rannte zu seinem Pferd zurück. Er wusste, er musste zu der Postkutsche und sich dort davon überzeugen, dass der Desperado tot und den Frauen nichts geschehen war.
Er saß auf und ritt so schnell es ging den Abhang hinunter.
Reina hatte den Schuss genau in dem Moment abgegeben, als Clay geschossen hatte. Entsetzt sah sie Duke zusammenbrechen und reglos auf der Erde liegen bleiben. Sobald ihr bewusst geworden war, dass er nicht mehr aufstehen würde, fiel die Spannung von ihr ab, unter der sie gestanden hatte. Matt ließ sie die Hände sinken, und die Pistole, die plötzlich zu schwer zum Halten geworden war, fiel ihr aus den zitternden Fingern.
Mrs. Hawks und Melissa hatten bei der Schießerei aufgeschrien. Sobald sie jedoch bemerkten, dass die Nonne unverletzt war, riefen sie unter Freudentränen:
„Schwester! Gott sei Dank, dass Ihnen nichts passiert ist!" Glücklich und aufgeregt liefen sie zu ihr und umarmten sie.
„Aber ich . . . ich habe nicht ..." Ungläubig starrte sie den toten Verbrecher an. Auf der Rückseite seines Hemdes breitete sich ein großer Blutfleck aus. Verwirrt begriff Reina, dass nicht sie Duke erschossen hatte. Er war von jemand anderem getötet worden, der sich hinter ihm befand. „Ich hätte ihn nicht . . . Ich habe ihn nicht ..."
Fred eilte zu den Frauen, hockte sich neben Vic und vergewisserte sich, dass dieser tatsächlich tot war.
„Sehen Sie!" Melissas eindringlicher Ausruf lenkte die Aufmerksamkeit der Erwachsenen auf den Reiter, der auf sie zuhielt.
Fred befürchtete weiteren Ärger, nahm rasch das zuvor weggeworfene Gewehr an sich und drehte sich zu dem Unbekannten um. Reina und Ruth standen nebeneinander und beobachteten ebenfalls den sich nähernden Reiter.
Er war kräftig, und Reina lief, als sie ihn genauer betrachtete, ein Schauer über den Rücken. Der Mann war ganz in Schwarz gekleidet. Das Hemd spannte sich über der breiten Brust und den Schultern. Die Hosen lagen eng um seine muskulösen Schenkel. Den Stetson hatte er tief in die Stirn gezogen, so dass Reinas neugierigem Blick die Augen verborgen blieben. Er hatte dunkelbraunes Haar und einen mehrere Tage alten Bart, saß so lässig auf dem Pferd, als sei er im Sattel geboren worden, und hielt, während er näher kam, das Gewehr im Anschlag. Reina fand, er sähe gefährlich und wild aus, wenngleich er, wie sie meinte, einer guter Mensch sein müsse, denn sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht, den in Not geratenen Reisenden zu helfen.
„Ist der Kerl tot?" rief Clay dem Mann zu und zeigte auf Vic. Zu den Frauen sah er nicht hinüber, sondern hielt den Blick auf die beiden Verbrecher gerichtet. Er wusste, es war ratsam, vor solchem Gesindel auf der Hut zu sein, und hatte nicht vor, es an Wachsamkeit missen zu lassen, bis er sicher sein konnte, dass die beiden nicht mehr unter den Lebenden weilten.
„Der Schurke hier ist tot", antwortete Fred.
„Gut!" erwiderte Clay knapp, während er das Pferd neben Dukes regloser Gestalt anhielt. Vorsichtig saß er langsam ab, hockte sich neben den Desperado und stellte fest, dass dieser nicht mehr
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