0333 - Drei Herzen aus Eis
Lächeln auf seinem Gesicht wurde zu einem wölfischen Grinsen, als er sich drehte, durch die Diele schaute und die Tür zum Wohnraum fixierte.
Sie war nicht geschlossen. Angie hatte sie so weit offengelassen, daß ein Mensch, ohne sich dünn machen zu müssen, eintreten konnte.
Der Mann mit dem Messer bewegte sich nach vorn. Seine knappe Badehose aus dem Sonnenstudio hatte er mit einer weißen engen Jeans vertauscht. Das T-Shirt lag wie eine zweite Haut auf seinem Körper und ließ die kräftigen Muskeln der Oberarme frei.
Er gehörte zu den Menschen, die es verstanden, sich absolut lautlos zu bewegen. Bei jedem Schritt trat er zunächst mit den Zehenspitzen auf, rollte über die Ballen ab und verursachte in der Tat kein einziges Geräusch.
Der Eindringling erreichte die Tür. Er schaute in das Zimmer hinein.
Ein kurzer Blick genügte.
Angie lag auf dem Bett. Den Kopf hatte sie in den Kissen vergraben.
Sie schluchzte lautlos, nur ihr Rücken bewegte sich. Sie konnte einfach nicht verstehen, daß ihr Pierre heute so fremd vorkam. Sie fürchtete sich vor ihm. Und das nicht ohne Grund.
Der Rücken!
Als der Fremde daran dachte, wurde das Grinsen in seinem Gesicht noch kalter. Frei lag er vor ihm, nur mit den leichten Schleiern des Oberteils bedeckt.
Bald würde er rot sein…
Rot wie Blut!
Der Mann trat über die Schwelle. Und er ging wieder lautlos. Angie Hunt hatte die Holzdielen mit Teppichen bedeckt, das erwies sich als Vorteil, denn kein Knarren verriet den Killer.
Das Messer hielt er weiterhin fest. Einmal wurde die Klinge für einen kurzen Moment vom Sonnenstrahl berührt und blitzte auf.
Der Reflex zeichnete sich an der Wand neben dem Fenster ab, doch nur der Mörder selbst sah dieses verräterische Zeichen.
Angie blieb weiterhin liegen. Besser konnte es der Killer gar nicht treffen. Das Opfer präsentierte sich ihm praktisch. Es war viel einfacher als beim ersten Mal.
Noch immer ging er lautlos. Das Fenster stand offen. Vom Hof her hallten Stimmen hoch. Dazwischen das Geschrei einiger Kinder.
Der Geräuschpegel gab ihm einen zusätzlichen Schutz. Er umging den kleinen Glastisch mit den vier Metallbeinen und brauchte noch zwei Schritte, um neben das Bett zu gelangen, auf dem Angie lag.
Der Killer hörte, wie sie ihre Wut hinausweinte. Es waren schluchzende Geräusche, vermischt mit Worten, die aber in das Kissen geflüstert wurden und nicht zu verstehen waren.
Der Killer senkte den Arm.
Mit ihm fuhr auch die lange Klinge nach unten. Sie zielte auf den Rücken. Der Mann hätte jetzt nur zuzudrücken brauchen, und alles wäre vorbei gewesen.
Das tat er nicht.
Statt dessen schlug er mit der Klinge einen Kreisbogen, senkte sie gleichzeitig, und die Spitze des Messers streichelte die dünnen Stoffbahnen der Bluse.
Der Stoff war federleicht, das Messer scharf. Es zerschnitt ihn trotz der kaum zu spürenden Berührung.
An einigen Stellen klaffte er auseinander. Nach zwei verschiedenen Seiten fiel er weg, so daß nur mehr eine dünne Stoffbahn auf dem Rücken der Frau lag.
Die zerschnitt der Killer ebenfalls.
Daß er es schaffte, die Haut nicht ein einziges Mal zu berühren, ließ auf eine Routine im Umgang mit dieser Waffe schließen. Nicht einmal eine Gänsehaut war auf Angies Rücken zu sehen, und dennoch spürte sie etwas, denn durch das offene Fenster wehte ein leichter, warmer Wind, der auch ihre Haut streichelte.
Für Angie war es das Signal.
Sie reagierte blitzschnell und warf sich auf der Stelle herum, so daß sie auf dem Rücken zu liegen kam.
Die blanke Messerklinge schwebte über ihr wie ein tödliches Omen.
Sie schaute auf sie nieder, dahinter sah Angie das in wilder Vorfreude verzerrte Gesicht des Mörders.
In der nächsten Sekunde geschah mit ihr überhaupt nichts. Angie hatte das Gefühl, der Mittelpunkt innerhalb eines Vakuums zu sein.
Sie konnte einfach nicht fassen, was sie da zu sehen bekam, und sie glaubte, einen Traum zu erleben.
Erst allmählich stellte sie fest, daß es kein Traum war, sondern grausame Realität.
Auf ihrem Gesicht zeichneten sich die Gefühle ab, die in ihrem Innern tosten. Es war die Angst, die Panik, das Begreifen, in einer Falle zu hocken, und sie sah über sich das Messer.
Ihr Mund öffnete sich.
Der Killer wußte Bescheid. »Wenn du schreist, steche ich sofort zu!« drohte er.
Da die Klinge auf ihren Hals zeigte, wußte Angie, wo das Ziel lag.
Sie schwieg, aber sie spürte ihr Herz, das verrückt spielte und rasend schnell schlug.
Die
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