0334 - Grauen in den Katakomben
Decke des Ganges berührte.
Hugo durfte nicht stehenbleiben. Er warf sich auf dem Absatz herum und floh.
Wie er es geschafft hatte, wußte er selbst nicht zu sagen, jedenfalls kam er weg und taumelte tiefer in den Gang hinein.
Hinter sich hörte er ein Krachen. Hinzu kamen die schrillen Laute oder Schreie, die das Maul der Riesenratte verließen. Der junge Mann zog den Kopf ein. Er hatte furchtbare Angst und rechnete damit, jeden Augenblick die Vorderpfoten des gewaltigen Tieres auf seinem Rücken zu spüren, wobei er von der Wucht zu Boden geschleudert werden würde.
Das geschah nicht.
Noch ein paar Schritte taumelte Hugo Rafaud weiter, wäre fast in das schmutzige Kloakenwasser gefallen und warf sich so hart auf die gegenüberliegende Seite, daß er mit der Schulter gegen die Wand prallte.
Er atmete keuchend. Speichel floß von seinen Lippen. Die Gesichtszüge waren von dem hinter ihm liegenden Grauen gezeichnet, und er wagte es erst jetzt, sich umzudrehen.
Es hatte die Ratte erwischt. Nur nicht voll, denn sie stand nicht in Flammen, wie er gehofft hatte. Dafür lag sie auf dem Boden, und der Qualm kroch, wie von Geisterfingern geführt, durch ihr Fell.
Der Kopf bestand fast nur aus Schnauze, so weit hatte sie ihr Maul aufgerissen. Gefährlich wirkten die spitzen Zähne, die ihre Beute kurzerhand zerquetschten.
Rauch hüllte das Tier ein. Mit ihrem Gewicht hatte die Ratte auch das Feuer gelöscht. Aber sie schrie.
Wahrscheinlich hatte sie Schmerzen, und dieses Geräusch jagte dem jungen Mann einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Auf dem Boden wälzte sich das Riesentier, schlug mit den Füßen gegen die Gangwand, als würde ein Drummer die Bespannung seiner Trommel attackieren. Es war schlimm…
Dann drehte sich das Tier. Da die Flammen nicht mehr zu sehen waren und statt dessen dunkle Rauchwolken durch den Gang trieben, konnte Hugo die Bewegung der Ratten nur mehr ahnen.
So groß, kompakt und wuchtig sie auch waren, von ihrer Beweglichkeit hatten sie bestimmt nichts verloren. Deshalb gab es für den Studenten nur eine Chance. So rasch wie möglich weg!
Er machte kehrt und rannte davon. Immer parallel zu den schmutzigen Wasserfluten. Dabei freute er sich, daß dieser Steg am Rande breit genug war, um darauf laufen zu können.
Sein Mund war weit aufgerissen, scharf zischte der Atem, und er spürte schon bald die ersten Stiche in der Seite. Hugo war das schnelle Rennen nicht gewohnt. Sport kannte er nur vom Fernseher her, und das machte sich nun bemerkbar.
Er verlor an Boden.
Während des Laufens hatte er einen Blick zurückgeworfen. Der Qualm nahm ihm noch die Sicht, doch innerhalb dieser grauen Wolken schälte sich etwas hervor.
Eine Ratte?
Hugo schluchzte auf. Er taumelte weiter und hatte bei jedem Schritt, den er zurücklegte, das Gefühl, immer mehr Blei in seine Oberschenkel zu bekommen.
Nur mühsam bekam er die Füße vom Boden hoch. Die Sohlen schleiften über den Boden, und er mußte einfach eine Pause einlegen, obwohl sich der Tod in seinem Nacken befand.
Er hatte die Ratten zwar aufhalten, aber nicht stoppen können.
Dies wurde ihm immer deutlicher klar.
Wo steckten die anderen?
Obwohl er so schnell gelaufen war, hatte er von ihnen nichts gesehen.
Vielleicht hatten sie ein Versteck gefunden oder waren einfach ins Wasser getaucht.
Eine irre Vorstellung, doch Hugo beschloß, sie nicht aus den Augen zu verlieren.
Bei jedem Atemzug bog sich auch der Rücken durch. Die Augen waren weit aufgerissen und hatten sich mit Tränen gefüllt. Naß rann es auch an seinen Wangen entlang, die Erschöpfung hatte ihn gezeichnet.
Die Ratten kamen.
Nebeneinander konnten sie nicht gehen, sondern hintereinander.
Längst hatten sie den Qualm des Feuers hinter sich gelassen und näherten sich immer mehr dem jungen Mann.
Dabei schallten ihm Schreie entgegen. Hohe, schrille Töne, wie er sie noch nie in seinem Leben vernommen hatte.
Es war furchtbar.
Aber er wollte leben.
Deshalb mußte er weiter, obwohl es eigentlich keinen Sinn hatte.
Er würde sein Dasein nur um Sekunden verlängern.
Trotzdem…
Diesmal stützte er sich sogar mit der linken Hand an der Tunnelwand ab. Ohne diesen Halt wäre er vielleicht längst zusammengebrochen.
Und er hörte die Ratten.
Lauter wurden sie, immer lauter…
Dieses verdammte Trippeln der Schritte, das ihn so fertigmachte, denn in seinen Ohren klang es wie ein dumpfer Todesrhythmus.
Wie lange noch?
Eine Sekunde, zwei oder drei?
Da griff seine
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