0364 - Mongolenfluch
sich die Stadt befindet«, sagte Tendyke. »Es ist nicht einzusehen, daß wir Suchflüge unternehmen, die hinterher doch erfolglos verlaufen und nur unnötig Zeit kosten. Ich will wenigstens einen Anhaltspunkt haben. Und wenn wir den heute nicht bekommen, bekommen wir ihn morgen.«
»Oder überhaupt nicht«, gab Nicole zu bedenken. »Was dann?«
»Dann geben wir auf, fliegen nach Peking zurück und verschwinden, ein ungelöstes Rätsel zurücklassend«, sagte Tendyke. Er sah Zamorra und Nicole auffordernd an, als wolle er eigentlich etwas ganz anderes ausdrücken und erwartete, daß die anderen es für ihn taten.
Zamorra grinste.
»Du bist durchschaut, Mann der tausend Abenteuer. Wir werden also nicht nach Peking zurückfliegen. Obgleich dadurch zumindest Nicoles und meine Aufenthaltsgenehmigung erlischt…«
»Bis man uns hier draußen aufspürt, können Wochen oder Monate vergehen«, behauptete Tendyke. »Das ist nicht weiter tragisch. Nur bei der Ausreise könnte es Schwierigkeiten geben. Aber auch die lassen sich beheben. Darüber können wir uns die Köpfe zerbrechen, wenn es soweit ist.«
Er kletterte aus dem Wagen.
Er hatte seinen Nadelstreifenanzug und die Krawatte wieder gegen sein »normales« Aussehen gewechselt. In seiner fransenbesetzten Lederkleidung und mit dem breitrandigen ledernen Stetson sah er aus wie einem Western-Film entsprungen. Irgendwann hatte ihn auch prompt jemand spöttisch Operettencowboy genannt. Aber Rob Tendyke war alles andere als das. Er wußte, was er zu leisten imstande war, und er gestattete sich deshalb sein etwas eigenwilliges und auffälliges Auftreten.
Hier, im Norden Chinas, fiel er damit natürlich noch mehr auf.
Vor allem im Hotel, das er mit forschen Schritten betrat. Zamorra und Nicole folgten ihm.
Der Mann an der Rezeption musterte die drei Menschen eingehend. Sein Blick wanderte von Tendykes Cowboyhut zu Zamorras Amulett, das der Meister des Übersinnlichen einsatzbereit offen vor der Brust trug. Die Augenbrauen des kleinwüchsigen Chinesen senkten sich, und sein Lächeln schien etwas kühler zu werden.
Zamorra fiel diese Reaktion auf. Sicher, es war unnormal, wie sie hier auftraten. Aber ein Instinkt sagte ihm, daß die Reaktion des Chinesen auch noch einen weiteren Grund hatte. Vor allem Tendyke hatte es ihm angetan mit seinem sonderbaren Aussehen.
Tendyke handelte die Zimmerpreise aus. Er wies darauf hin, daß es noch nicht sicher war, ob sie tatsächlich übernachten würden, daß sie die Zimmer aber trotzdem wollten. Jetzt, am frühen Nachmittag, herrschte hier zwar kein großer Betrieb, aber vielleicht änderte sich das jeden Moment. Vielleicht war das Hotel von einer Stunde zur anderen ausgebucht…
»Sie verzeihen sicher meine Aufdringlichkeit, Herr«, sagte der Chinese schließlich. »Aber darf ich schließlich erfahren, aus welchem Grund Sie hier sind?«
»Natürlich«, sagte Tendyke. »Wir suchen etwas. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen.«
»Was suchen Sie? Mein bescheidenes Wissen steht zu Ihrer Verfügung.«
»Eine Stadt«, sagte Tendyke. »Eine junge Frau, die mich als Dolmetscherin in dieses Land begleitete, erwähnte einmal, daß sich irgendwo im Norden von Ansi, vielleicht hundert Kilometer, vielleicht auch weiter entfernt, eine verlassene und vergessene Ruinenstadt befinden soll. Wissen Sie etwas darüber, oder kennen Sie jemanden, der etwas über alte Sagen und Legenden dieser Gegend weiß?«
Der Chinese neigte den Kopf.
»Ich bedauere, Herr. Mein bescheidenes Wissen verrät nichts darüber… aber vielleicht hat Ihre Dolmetscherin Ihnen auch den Namen der Ruinenstadt verraten? Das könnte weiter helfen. Es gibt Alte hier, die viel gesehen haben. Oder vorbeiziehende Nomaden.«
»Da muß nun wieder ich bedauern«, erwiderte Tendyke lächelnd. Er zuckte mit den Schultern. »Schade. Wir werden uns wohl weiter umsehen müssen. Hauptsache, wir haben die Zimmer.«
Er wandte sich langsam um.
Zamorra hob die Hand.
Als der Chinese nach dem Grund ihres Hierseins fragte, hatte das Amulett sich kurz bemerkbar gemacht. Es hatte keine Magie festgestellt, ihm aber einen Impuls zugesandt, der »aufpassen!« bedeutete.
Die Frage des Chinesen mußte einen Grund haben.
»Bitte, guter Herr, ich will nicht unhöflich sein«, begann Zamorra. »Aber können Sie uns verraten, weshalb der Grund unseres Hierseins interessiert? Ihre Frage war zwar weder ungewöhnlich noch ungebührlich, aber…«
»Selbstverständlich, Herr«, erwiderte der
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