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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Wahrscheinlich wissen Sie noch nicht, daß wir unsere Verlobung lösten?«
    »Wie?« rief Mary verblüfft. »Ich wette, daß das Dick Alfords Werk ist!«
    »Mr. Alford hat nicht das geringste damit zu tun«, widersprach Leslie, und Mary milderte ihre Kritik sogleich, denn sie verfügte unbestreitbar über eine bemerkenswerte Wandlungsfähigkeit.
    »Im Grunde hat er ja keinen schlechten Charakter. Manches an ihm gefällt mir sogar, und dann sieht er fabelhaft aus. Mir war er nur zu sehr von oben herab - das vertrage ich nicht. Das muß jetzt eine furchtbare Zeit für ihn sein!« Sie hüllte sich für eine Weile in teilnahmsvolles Schweigen. »Dann bin ich also zu sehr ungelegener Zeit gekommen, Miss Leslie. Möchten Sie lieber, daß ich nach London zurückkehre?«
    »Einen Augenblick!« Leslie eilte hinaus und ließ sich mit Dick Alford verbinden.
    »Natürlich, bringen Sie sie mit!« stimmte er zu. »Ich finde es sogar eine sehr gute Idee. Vielleicht wäre es überhaupt am besten, Sie beide blieben über Nacht hier. Arthur kann ja nachkommen.«
    Mary Wenner hatte gegen diese Abmachung nicht nur nichts einzuwenden, sie begrüßte sie sogar entschieden.
    »Jetzt werden wir uns einmal auf die Suche begeben!« lachte sie. »Ich kenne alle Winkel und Ecken des alten Kastens. Ich sage Ihnen, Leslie, der Schatz ist an allem schuld. Das heißt, Harry war ja immer auf der Jagd nach diesem albernen Lebenswasser - wer weiß, ob er nicht in schlechte Gesellschaft geraten ist!«
    »Harry ging doch überhaupt nie aus!« widersprach Leslie.
    »So -? Er verschwand sogar des öfteren nach London, wenn Mr. Alford abwesend war. Ich mußte dann stets ein Taxi von Horsham bestellen, das ihn beim Hohlweg aufnahm, und auf gleiche Weise wurde die Rückkehr bewerkstelligt. Manchmal telefonierte er mit mir von London aus, um sich zu erkundigen, ob sein Bruder zurückgekommen sei. Als sich Mr. Alford einmal längere Zeit auf dem Gut in Yorkshire aufhielt, fuhr Harry sogar dreimal wöchentlich nach London. Doch was ist dabei?«
    Ob Dick von alledem wohl eine Ahnung hat? überlegte Leslie.

35
    Nichts hätte ein bezeichnenderes Licht auf Mary Wenners Anpassungsfähigkeit werfen können als die Art, wie sie Dick Alford entgegentrat. In ihrem Blick lag eine verschämte Innigkeit, und ein Außenstehender hätte unfehlbar den Eindruck gewinnen müssen, daß sich hier ein auseinandergerissenes Liebespaar nach Jahren der Trennung zum erstenmal wiedersah. Dem übermüdeten Dick entlockte ihr Getue das erste Lächeln seit vierundzwanzig Stunden.
    Er hatte für die beiden jungen Damen Zimmer im Ostflügel vorbereiten lassen, zwei helle, kleine, durch eine Tür verbundene Räume. Ein dritter war für Arthur vorgesehen.
    Die Mädchen stürzten sich gleich auf die seit vier Tagen liegengebliebenen Abrechnungen. Vor allem Mary Wenner, die die Verhältnisse in Fossaway kannte, erwies sich als äußerst nützliche Hilfe. Zum Lunch blieben sie allein. Dick hatte sich entschuldigen lassen.
    »Ist es nicht zum Gruseln in diesen alten Mauern?« fragte Mary. Ihre Nervosität war nicht gespielt. »Schrecklich, dies alles! Der arme Thomas ermordet, Harry verschwunden, der Himmel weiß, wohin ...« Sie sprang plötzlich erregt auf und rief: »Wohin? Ich weiß, wo Harry ist! Ich weiß es - ich muß sofort Mr. Alford sprechen!«
    Leslie Gine ging zum Telefon und rief die Red Farm an.
    »Sind Sie es, Dick? Wie gut, daß wir Sie gleich erreichen!«
    »Was gibt's? Ist ein neues Unglück passiert?«
    »Das nicht. Aber Mary will Sie dringend sprechen. Sie glaubt zu wissen, wo Harry ist.«
    »Was -? Ich komme gleich zurück.«
    Sie gingen ihm bis zum Ende der Auffahrt entgegen.
    »Mein gesunder Menschenverstand muß mich verlassen haben, daß ich nicht früher draufgekommen bin«, lamentierte Mary Wenner. »Nach der schrecklichen Erfahrung, die Mr. Gilder und ich in jener Nacht durchmachen mußten, nicht gleich daran zu denken ist unverzeihlich ...«
    Mit wachsender Ungeduld hörte sich Dick diese Einleitung an.
    »Wo also befindet sich, Ihrer Meinung nach, mein Bruder?«
    »Wo? Unter der Abtei! Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.«
    Zu dritt gingen sie über die Lange Wiese, und unterwegs beichtete Mary ihre abenteuerliche Jagd nach dem Schatz.
    Ungläubig prüfte Dick den großen Eckstein der Turmmauer und beobachtete gespannt, wie Mary Wenner eine Schere in den Spalt schob - und tatsächlich drehte sich der Stein geräuschlos in seinen unsichtbaren Angeln und gab eine Öffnung

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