0391 - Susans Knochenmann
einem völlig Fremden gegenüber die Privatsphäre einer Mitarbeiterin preiszugeben.
Eine andere Möglichkeit bestand darin, daß Zamorra es noch einmal versuchte, Susan direkt anzurufen. Er steuerte also die nächtsterreichbare Telefonzelle am Ortsrand von Bristol an, nachdem er die Autobahn verlassen hatte, und aktivierte sein Amulett. Es sollte ihn vor ähnlichen Aktivitäten wie jenem trommelfellzerfetzenden Pfeifton schützen und zugleich den Standort von Susans Telefon anpeilen, sobald sie abhob. Zamorra wählte und berührte dann mit dem handtellergroßen Amulett den Hörer.
Niemand hob ab.
Zamorra ließ es ungefähr zwanzigmal klingeln, dann gab er auf. Entweder befand Susan sich nicht daheim, oder der Poltergeist hatte derzeit anderes zu tun, als seinen Jäger zu verhöhnen, oder - er hatte erkannt, auf welche Weise Zamorra ihn austricksen wollte, und rührte sich erst gar nicht. Die Möglichkeit, auch ohne das Zustandekommen der Verbindung den Weg der Telefonleitung zu verfolgen, besaß Zamorra leider nicht. Wenn er feststellen wollte, wo sich der andere Teilnehmer befand, mußte dieser zumindest den Hörer abgenommen und damit die Verbindung eröffnet haben.
»Dann eben nicht«, murmelte der Professor und legte auf. Es gab ja auch noch andere Möglichkeiten.
Er blätterte im Telefonbuch und suchte Susan Boyds Namen. Es gab zwei Dutzend Boyds in Bristol, davon eine S. Boyd - das mußte es sein. Aber es war nur die Telefonnummer angegeben, keine Adresse. Ein vernünftiger weiblicher Selbstschutz, aber in diesem Moment äußerst ärgerlich.
Zamorra bombardierte das handtellergroße Amulett mit gedanklichen Befehlen und berührte dann die Seite des Telefonbuches damit. Er versuchte, über die Nummer auf magischem Wege etwas herauszufinden. Aber der Eintrag war unpersönlich; es gab nichts, das sich verfolgen ließ.
Enttäuscht kehrte er zum Wagen zurück.
»Fehlanzeige«, sagte er. »Nichts zu machen. Ich glaube, du mußt doch ’ran, Gryf.«
Der tippte sich an die Stirn. »Du glaubst doch nicht im Ernst, Alter, daß ich ohne jeglichen Anhaltspunkt etwas machen kann! Du hast doch selbst schwache telepathische Kräfte. Da müßtest du doch eigentlich wissen, daß das nicht geht.«
»Spring nach Caermardhin und frage unseren Freund Assi«, sagte Zamorra. »Du hast doch jederzeit freien Zutritt. Er soll diese Susan Boyd suchen.«
»Sag mal, willst du nicht verstehen?« gab Gryf auf der Rückbank unwillig zurück. »Asmodis-Amos kann da auch nichts machen. Er muß schon wissen, auf wen er sein magisches Beobachtungssystem justieren soll. Er muß ein Bild haben, eine Bewußtseinsaura, oder einen ungefähren Anhaltspunkt über den Ort. Versuche du lieber mal, mit deinem Amulett eine schwarzmagische Aura aufzufangen. Denn die muß der Poltergeist ja zwangsläufig von sich geben.«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Du wolltest wissen, daß das genausowenig geht«, sagte er. »Das Amulett ist kein Universalschlüssel. Wenn der dämonische Geist sich in unmittelbarer Nähe befindet, kann ich ihn mit Merlins Stern orten und feststellen, daß er eben ein Dämon ist. Aber so…«
»Da beißt sich doch der Hund in den Schwanz«, murmelte Gryf verdrossen. Es war deutlich, daß er nicht nach Caermardhin wollte.
»Du hättest dir schon in Florida die Wegbeschreibung geben lassen sollen«, meuterte er. »Aber du mußtest dem Girl ja das Geld einsparen, das ohnehin ihre Firma bezahlte…«
Zamorra drehte sich nach hinten um. Er sah Gryf scharf an.
»Wir sind ein Team, oder?« fragte er. »Ein Team, in dem jeder das erledigt, was im Rahmen seiner Fähigkeiten liegt. Gut, wenn du nicht willst, fahren wir eben mit dem Wagen nach Wales hinein, schlagen uns zu Fuß durch den Wald zur Burg hoch und klopfen freundlich an in der Hoffnung, daß man uns gestattet, die Tür zu finden… in der Zwischenzeit kann hier werweißwas passieren.«
Gryf atmete tief durch. »Erpresser«, brummte er verärgert.
»Wenn du es so nennen willst - nenne ich dein Verhalten Verweigerung einer Hilfeleistung.«
Nicole sog scharf die Luft ein.
Gryf öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Dann schüttelte er den Kopf, machte eine ruckartige Vorwärtsbewegung mit dem Oberkörper - und war aus dem Fond des Jaguar verschwunden.
»Du hast ihn verärgert«, sagte Nicole. »Jetzt hockt er in seiner Hütte auf der Insel, schmollt vor sich hin, und wir stehen hier und wissen immer noch nicht weiter.«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Ich glaube es
Weitere Kostenlose Bücher