0394 - Wir stellten den Messermörder
beiseite.
***
»Ich dachte schon, ich müsste einen Kranz kaufen«, sagte mein Freund erleichtert, als er mich auf einem Stuhl sitzen sah.
Einer der Beamten gab mir gerade eine Zigarette, die mir bereits wieder schmeckte. Das beste Zeichen, dass ich auf dem Weg der Besserung war.
»Wenn du eine Stunde früher aufgetaucht wärst, hättest du dem Burschen vielleicht noch guten Abend wünschen können«, meinte ich. Die Platzwunde an meiner Schläfe schmerzte, sobald ich das Gesicht verzog.
»Haben Sie den Mann erkannt, Agent Cotton?«, fragte mich einer der Beamten.
»Er gab mir keine Gelegenheit dazu«, knurrte ich, »kaum hatte ich mich umgedreht, da bekam ich eine geballte Ladung aus einer Tränengaspistole ins Gesicht. Anschließend schickte er mich schlafen.«
»Yeah, das berichtete der Anrufer auch. Irgendjemand sah den Vorfall vom Fenster und rief uns an«, erklärte ein baumlanger Sergeant meinem Freund.
»Bist du reisefähig?«, erkundigte sich Phil.
»Wenn es nur bis zur nächsten Kneipe ist, immer. Ein Whisky ist besser als drei Tage Aufenthalt im Krankenhaus«, sagte ich und stand ächzend auf. »Kommt darauf an, von wem man gepflegt wird«, sagte Phil grinsend und half mir.
Ich bedankte mich bei den Beamten und ging mit Phil zum Wagen. Die kühle Nachtluft tat meinen entzündeten Augen so gut wie ein saurer Hering einem verkaterten Magen.
Wir fuhren bis zur Fifth Avenue und suchten ein kleines Lokal. Bei einem doppelten Whisky mit viel Soda stellten wir unsere Ergebnisse zusammen.
»Auf jeden Fall hatte Redwood Kontakt zur Unterwelt«, fasste ich zusammen. »Jemand scheint ein wachsames Auge auf ihn zu haben, auch jetzt noch. Darum der Angriff auf mich.«
»Dann wissen die Burschen ja, wer du bist und warum du dort auftauchst«, sagte Phil.
»Nicht unbedingt. Der Killer trachtete mir nicht gleich nach dem Leben. Es sollte wohl mehr eine Beschnüffelung sein.«
»Aber wer war der andere?«
»Ich glaube, das war ein abgekartetes Spiel. Sie halten sich damit die Möglichkeit offen, mich doch noch einzukaufen.«
»Und bleibst du am Ball?«, fragte Phil skeptisch.
»Natürlich«, gab ich zurück.
Es war längst nach Mitternacht, als ich mich wieder fit fühlte. Nachdem ich Phil an seiner Wohnung abgesetzt hatte, fuhr ich noch mal ins Distriktgebäude in die 69. Straße Ost.
Von der Nachtbereitschaft ließ ich mir den Schlüssel zu unserem Bildarchiv geben. Das Gesicht des Gangsters, den ich fachgerecht zu Boden gelegt hatte, war mir wie eine Fotografie im Gedächtnis.
Es dauerte auch nicht länger als anderthalb Stunden, da hatte ich ihn. Mit und ohne Nummer auf der Brust fotografiert.
***
Ein Anruf am nächsten Morgen in San Francisco bestätigte uns, dass Joe Hull seit sechs Monaten die Stadt nicht mehr verlassen hatte. Jeden Tag pünktlich um 12 Uhr meldete er sich auf seinem Revier und trug seinen Namen in eine Liste ein.
Und da Nachtflüge zwischen Frisco und New York nur am Wochenende stattfinden, schied er endgültig aus.
In einem Gespräch mit Mr. High entwickelte ich meinen nächsten Schritt, den der Chef erst billigte, als der Richter uns die schriftliche Erlaubnis gab.
Etwas später hatte ich mich in einen blauen Monteurkittel geworfen und mir eine Werkzeugtasche unter den Arm geklemmt. Damit ließ ich mich von Phil in der 27. Straße Ost absetzen.
Mit wenigen Schritten hatte ich mich in den Strom der Passanten gemischt und ging bis zur 28. Straße zu Fuß. Dort bog ich links ab und suchte die Hausnummer 35.
Die Mietskaserne war leidlich gut erhalten. Sogar ein Klingelbrett mit den Namen aller Mieter gab es.
Der Lieutenant gestern hatte sich nicht getäuscht. Im 4. Stock wohnte Shore.
Den Grundriss des Hauses hatte ich in der Werkzeugtasche. Ich prägte mir beim Treppensteigen die Lage der Wohnung Shores ein und erreichte unangefochten den Dachboden.
Er war staubig und von einem Gewirr von Drähten durchzogen. Fast jede Wohnung hatte ihre eigene Fernsehantenne angebracht und die Kabel quer durch alle Öffnungen gezogen.
Anhand des Planes suchte ich den richtigen der sieben Kaminschächte aus. Dann öffnete ich das kleine Türchen, durch das der Schornsteinfeger seinen Besen hinablässt.
Das Mikrofon aus meiner Tasche war nicht größer als ein Feuerzeug. An einem dünnen Kabel ließ ich es im Kamin in die Tiefe gleiten.
Es war ein Richtmikrofon, das nur Geräusche aufnimmt, die aus einer bestimmten Richtung auftreffen. Außerdem hatte das Kabel eine Markierung,
Weitere Kostenlose Bücher