04 Im Bann der Nacht
beinahe vor Büchern überquoll: Vipers riesige Bibliothek.
Jedoch hatte er keine Zeit, die zahlreichen dicken Lederbände zu würdigen. Er durchquerte den Raum und ging auf den rothaarigen Kobold zu, der einen schweren schwarzen Umhang trug und sich in der Nähe des Fensters herumdrückte, als sei er bereit, beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten sofort fortzulaufen.
Keine ungewöhnliche Reaktion. Die meisten Angehörigen des Feenvolkes fühlten sich unbehaglich, wenn sie
das Versteck eines Vampirs betraten, ob nun Koboldfürst oder nicht.
Ohne sich mit Vorgeplänkel aufzuhalten, blieb Cezar direkt vor dem Kobold stehen. »Ihr verfügt über Informationen für mich?«
Ein eigenartiges Lächeln bildete sich auf dem langen, blassen Gesicht, während Troy sich steif verbeugte. »Conde.«
Cezar bemühte sich, seine strapazierte Geduld nicht gänzlich zu verlieren. »Worin bestehen diese Informationen?«
Troy richtete sich auf und legte eine Hand auf seine Brust. In seinen Augen war ein fiebriges Glitzern zu erkennen, als er Cezar mit enervierender Intensität anstarrte. »Zunächst muss ich etwas wissen. Haben Sie sich mit der Frau verbunden?«
Cezar konnte es nicht glauben. »Wie bitte?«
»Haben Sie sich mit der Frau verbunden?«
»Was geht Euch das an, zum Teufel?«
»Das ist der Preis. Beantworten Sie mir meine Frage.«
Cezar fauchte und rief sich ganz bewusst ins Gedächtnis, dass dieser Kobold Anna bei der Flucht vor Morganas Mördern geholfen hatte. Das war der einzige Grund, weshalb diese Kreatur jetzt nicht auf dem Fußboden lag und windelweich geschlagen wurde. »Ja«, antwortete er schlicht.
»Dann habe ich etwas für Sie.« Troy machte einen Schritt auf ihn zu. »Ein Geschenk.«
Was sollte das denn jetzt schon wieder? Cezar hatte allmählich genug. Der Kobold würde ihm unverzüglich Auskunft geben, sonst würde er diesem Trottel den Hals umdrehen!
»Verdammt soll Euer Geschenk sein«, knurrte er. »Alles, was ich will, ist …«
Troy bewegte sich mit unerwarteter Schnelligkeit, als er seine Hand ausstreckte, die er unter den Falten seines Umhangs verborgen gehalten hatte. Ein Halsband und eine Kette aus Silber kamen zum Vorschein.
Der Vampir versuchte einen Satz nach hinten zu machen, aber in Verbindung mit seiner nachlassenden Kraft entpuppte sich Troys Überrumpelungstaktik schließlich als sein Verderben. Er stolperte, als der Kobold sich auf ihn stürzte, und schaffte es nur, einen einzigen kräftigen Schlag zu landen, bevor er spürte, wie das Silber seinen Hals einschloss und in ihm einen brennenden Schmerz entfachte.
»Es tut mir leid, Vampir, aber ich habe keine andere Wahl«, murmelte Troy, und sein Blick drückte Wachsamkeit aus, als Cezar auf die Knie sank, weil die Wellen furchtbarer Qualen ihn überrollten. »Diese Angelegenheit muss heute Nacht enden.«
KAPITEL 19
A nna war gerade damit beschäftigt, die letzte Gabel Pasta in den Mund zu schieben, als sie der erste Schmerz durchzuckte.
Es kam so unerwartet, dass sie tatsächlich vom Stuhl fiel, bevor ihr klar wurde, dass sie nicht ihren eigenen Schmerz spürte, sondern den von Cezar.
Sofort eilten Shay und Darcy zu ihr.
»Anna, was ist los?«, fragte Darcy.
»Cezar.« Mehr brachte sie nicht heraus. Anna schüttelte den Kopf und ignorierte den Schmerz, der in ihrer Kehle brannte, während sie sich auf die Beine kämpfte. Lieber Gott, Cezar war verletzt! Sie musste zu ihm! Und zwar sofort! Sie ignorierte die beiden Frauen und zwang ihre wackeligen Beine, sie aus der Küche zurück in Richtung Arbeitszimmer zu tragen.
Ein Teil von ihr glaubte allerdings hartnäckig, dass ihre Gefühle ihr nichts weiter als einen dummen Streich spielten. Schließlich war dies eine Vampirfestung, und man hatte keinerlei Kampfgeräusche gehört. Wenn jemand einen Angriff gewagt hätte, gäbe es doch wohl irgendeinen Alarm, oder etwa nicht?
Dieser Gedanke schoss ihr in den Kopf, während ihre Beine in einen panischen Spurt ausbrachen. Cezar steckte
in Schwierigkeiten, und sie wollte nichts anderes, als ihm zur Seite zu stehen.
Als sie das Arbeitszimmer erreichte, stürzte sie zur Tür herein, und ihr Blick schweifte hektisch über die drei turmhohen Vampire, von denen jeder bei ihrem lautstarken Erscheinen sofort diverse tödliche Waffen hervorgeholt hatte. »Wo ist Cezar?«, keuchte sie.
Styx ließ das außergewöhnlich große Schwert zurück in die Scheide gleiten und ging auf Anna zu, seine Miene starr vor Besorgnis. »Stimmt etwas
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