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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nach Sennen sehen. Mit ein paar Schritten ist man dort. Ich finde, es ist Zeit, daß wir das Maschinenhaus abreißen und den Schacht abriegeln, ehe jemand auf die Idee kommt, da auf Forschungsreise zu gehen, und dann was passiert.«
    »Aber auf dieser Straße ist doch das ganze Jahr praktisch nichts los.«
    »Stimmt, Touristen kommen da selten hin«, meinte Penellin. »Aber die Einheimischen benutzen die Straße regelmäßig. Mir geht's um die Kinder. Sie wissen doch, wie Kinder sind - immer auf Abenteuer aus. Es wäre furchtbar, wenn uns ein Kind da in den Schacht fallen würde oder so was.«
    Lynley stand auf, um sich die Karte genauer anzusehen. Die Grube war in der Tat keine hundert Meter von der Straße entfernt, nur durch eine niedrige, aus losen Steinen aufgeschichtete Mauer von ihr abgetrennt, die leicht zu übersteigen war.
    »Sie haben natürlich recht«, sagte er und fügte nachdenklich, mehr an sich selbst gerichtet hinzu: »Aber Vater wäre es schrecklich gewesen, eine der Gruben sperren zu müssen.«
    »Die Zeiten ändern sich«, sagte Penellin. »Ihr Vater war kein Mensch, der an der Vergangenheit festhielt.«
    Er ging zu dem alten Aktenschrank und entnahm ihm drei weitere Ordner, die er zu seinem Schreibtisch trug. Lynley setzte sich wieder zu ihm.
    »Wie geht es Nancy heute morgen?« fragte er.
    »Es geht.«
    »Wann hat die Polizei Sie zurückgebracht?«
    »Halb fünf. Ungefähr.«
    »Und das ist jetzt erledigt? Mit der Polizei?«
    »Fürs erste, ja.«
    Draußen schwatzten zwei Gärtner beim Heckenschneiden miteinander. Das scharfe, kurze Schnappen der Scheren, das ihr Gespräch rhythmisch begleitete, klang durch das Fenster herein. Penellin beobachtete sie einen Moment durch die Ritzen der Jalousien.
    Lynley zögerte, hin- und hergerissen zwischen seinem Versprechen an Nancy und Rücksicht auf Penellin, der, wie deutlich zu merken war, nicht über die Angelegenheit sprechen wollte. Er war ein verschlossener Mensch. Er wollte keine Hilfe. Das war offenkundig. Dennoch hatte Lynley den Eindruck, daß hinter Penellins Schweigsamkeit eine unerklärliche ängstliche Unruhe brodelte, und er wollte die Ursache dafür herausfinden, um nach besten Kräften helfen zu können. Er hatte sich so viele Jahre auf Penellins Kraft und Loyalität verlassen, daß er sich jetzt nicht einfach abwenden konnte, ohne ihm seine eigene Kraft und Loyalität anzubieten.
    »Nancy hat mir erzählt, daß Sie gestern abend mit Ihnen telefoniert hat«, sagte er.
    »Ja.«
    »Aber die Polizei behauptet, man hätte sie im Dorf gesehen.«
    Penellin antwortete nicht.
    »John, wenn es Schwierigkeiten gibt -«
    »Keine Schwierigkeiten, Mylord.« Penellin zog die Ordner über den Schreibtisch und schlug den obersten auf. Es war eine abschließende Geste, eine stumme Aufforderung an Lynley, zu gehen. »Es stimmt schon, was Nancy gesagt hat. Wir haben miteinander telefoniert. Wenn jemand glaubt, ich wäre im Dorf gewesen, kann man das nicht ändern. Es ist dunkel da. Es kann jeder Beliebige gewesen sein. Es ist so, wie Nancy gesagt hat. Ich war im Haus.«
    »Aber verdammt noch mal, wir waren doch da, als Sie nach zwei Uhr morgens hereinkamen, John! Sie waren im Dorf, nicht wahr? Sie waren bei Mick. Weder Sie noch Nancy sagen die Wahrheit. John, wollen Sie sie schützen? Oder geht es um Mark? Hatte er Streit mit Mick?«
    Penellin nahm ein Dokument aus dem Ordner. »Ich habe einen ersten Antrag auf Schließung von Wheal Maen gestellt«, sagte er.
    Lynley machte einen letzten Versuch. »Sie sind seit fünfundzwanzig Jahren bei uns. Ich möchte gern glauben, daß Sie in schwierigen Zeiten zu mir kommen würden.«
    »Es gibt keine Schwierigkeiten«, sagte Penellin entschieden. Er nahm noch ein Blatt aus dem Ordner, und obwohl er gar nicht auf es hinuntersah, machte die Geste seinen Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden, überdeutlich.
    Lynley schloß das Gespräch ab und ging.
    Im Korridor, wo es dank des alten Fliesenbodens kühl war, blieb er einen Moment stehen. Die Südwesttür des Hauses war offen, die Sonne lag sengend auf dem Hof. Schritte klapperten auf den Kopfsteinen, Wasser plätscherte. Er ging den Geräuschen nach.
    Draußen stieß er auf Jasper - Chauffeur, Gärtner, Stallbursche und Klatschmaul -, der dabei war, den Rover zu waschen, den sie am vergangenen Abend benutzt hatten. Er hatte die Hose hochgekrempelt, und seine knubbeligen Füße waren nackt. Unter dem offenen Hemd sproß graues Haar auf einer mageren Brust. Er nickte Lynley

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