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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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abwandte und sah, daß Deborah zu ihm getreten war.
    »Bitte bleib sitzen.« Sie setzte sich neben ihn. Sie nahm weder Kaffee noch Likör.
    »Du hast es überlebt.« Er lächelte. »Sogar den Kampf mit dem Silber. Nicht ein einziger Fehlgriff, soweit ich sehen konnte.«
    »Alle waren sehr nett«, sagte sie. »Das heißt, fast alle. Peter war ...« Sie sah sich im Salon um, als suche sie Lynleys Bruder, und seufzte, vielleicht aus Erleichterung darüber, daß er und Sasha verschwunden waren. »Hab' ich nicht total verängstigt ausgesehen, als ich herunterkam? Doch bestimmt. Sie haben mich ja alle behandelt, als wäre ich aus Porzellan.«
    »Aber wo!« St. James griff nach seinem Kaffee, drehte aber nur zerstreut die Tasse auf der Untertasse. Er fragte sich, warum Deborah zu ihm gekommen war. Ihr Platz wäre an Lynleys Seite gewesen, der zusammen mit Justin Brooke und Sidney locker mit dem Abgeordneten plauderte.
    Deborah saß schweigend an seiner Seite. Es war unwahrscheinlich, daß sie gekommen war, weil sie sich einsam fühlte oder mit ihm die Ereignisse des Abends durchhecheln wollte. Andererseits war auch diese Schweigsamkeit uncharakteristisch. Er hob den Blick von ihrem Verlobungsring - einem in Brillanten gefaßten Smaragd - und sah, daß sie ihn mit einer Intensität betrachtete, die ihm die Röte ins Gesicht trieb. Dieser plötzliche Verlust seiner gewohnten Distanz war so beunruhigend wie ihre unnatürliche Zaghaftigkeit. Ein schönes Paar sind wir, dachte er.
    »Warum hast du mich so tituliert, Simon? Vorhin im Speisezimmer?«
    Also doch nicht so zaghaft. »Es erschien mir richtig. Es ist ja auch wahr. Du warst immer da, in der ganzen Zeit. Du und dein Vater.«
    »Hm.« Ihre Hand lag neben der seinen. Er hatte es schon vorher bemerkt, aber absichtlich ignoriert und bewußt darauf geachtet, nicht von ihr abzurücken wie jemand, der Angst vor möglicher Berührung hatte. Seine Finger waren entspannt. Weil er es so wollte. Eine kleine Bewegung hätte ausgereicht, seine Hand auf die ihre zu legen, aber er sah peinlich darauf, einen angemessen diskreten und total verlogenen Abstand von fünf Zentimetern zu wahren.
    Dann aber kam es doch zum Kontakt. Sie war es, die ganz leicht seine Hand streifte, in einer unschuldigen Berührung, die alle Barrieren einriß. Die Geste bedeutete nichts und verhieß noch weniger. Das wußte er sehr gut. Dennoch hielt er ihre Hand fest.
    »Ich möchte gern wissen, warum du es gesagt hast«, wiederholte sie.
    Es hatte keinen Sinn. Es würde zu nichts führen. Schlimmer noch, es konnte einen Anfall tobenden Schmerzes heraufbeschwören, dem er sich lieber nicht aussetzen wollte.
    »Simon -«
    »Was soll ich dir antworten?« sagte er. »Was kann ich denn sagen, das uns nicht beide elend machen und zu einem neuen Streit führen würde? Das will ich nicht. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß du es möchtest.«
    Er nahm sich vor, an all seinen Entschlüssen in bezug auf Deborah eisern festzuhalten. Er sagte sich, daß sie sich an einen anderen gebunden hatte und er sich mit der Hoffnung trösten mußte, daß sie eines Tages vielleicht die Freundschaft wiederfinden würden, die sie in der Vergangenheit miteinander verbunden hatte, wo einer sich am anderen freute, ohne mehr zu wollen. Er log sich etwas vor von Pflichtgefühl und Anstand, Verantwortung und Liebe, von den Grundsätzen von Moral und Ethik, die jedem von ihnen Verpflichtung seien. Und dennoch wollte er sprechen, weil in Wirklichkeit alles - selbst Zorn und das Risiko der Entfremdung - besser war als das Nichts. Plötzliche Unruhe an der Tür zum Salon verhinderte jedes weitere Gespräch. Hodge redete eindringlich auf Daze Asherton ein, während Nancy Cambrey ihn am Ärmel zog, als wolle sie ihn in den Korridor zurückholen. Lynley ging zu ihnen. St. James ebenfalls. In der Stille, die sich einstellte, klang Nancys Stimme laut.
    »Das dürfen Sie nicht. Doch jetzt nicht!«
    »Was gibt es?« fragte Lynley.
    »Inspector Boscowan, Mylord«, antwortete Hodge leise.
    »Er ist unten in der Halle. Er möchte Mr. Penellin sprechen.«
    Hodges Erklärung erwies sich nur teilweise als wahr; noch während er sprach, erschien nämlich Boscowan an der Tür zum Salon, als ahne er Schwierigkeiten. Mit entschuldigender Miene sah er von einem zum anderen, dann blieb sein Blick an John Penellin hängen. Die Pflicht hatte ihn hierher geführt, und man sah ihm an, daß diese Pflicht ihm keine Freude bereitete.
    Im Zimmer war es so still wie in

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