0405 - Kampf um Merlins Burg
Schwingungen völlig untergingen.
Fast völlig.
Hier und da traten stärkere Kraftquellen auf. Aber nichts davon, soweit Ted das im Augenblick erkennen konnte, deutete auf eine Falle oder einen bevorstehenden Angriff hin. Auch hier nicht, weiter im Inneren der Burg.
Dabei wußte er noch nicht einmal, wie groß sie wirklich war. Sicher, von außen machte sie einen imponierenden Eindruck, und ihre Größe ließ sich recht genau abschätzen. Aber die Innenmaße stimmten nicht damit überein. Selbst Gryf oder Teri, die hier jahrelang gewohnt hatten, hatten nie genau feststellen können, wie groß Caermardhin war. Die Burg war in eine andere Dimension hineingebaut worden und dadurch innen größer als außen. Es gab Räume, die vielleicht selbst Merlin noch nie zuvor betreten hatte. Ted suchte nach dämonischen Schwingungen. Irgendwo mußte sich doch Leonardo deMontagne aufhalten. Wenn er Ted nicht fand, würde Ted ihn finden. Je mehr Zeit verstrich, desto größer wurde Teds Hoffnung, den Fürsten der Finsternis überraschen zu können.
Aber dann breitete sich allmählich Enttäuschung in ihm aus.
Er konnte nichts feststellen, was auf die Anwesenheit des Dämons hindeutete. Es war, als sei Caermardhin verlassen.
Ted besaß keine telepathischen Fähigkeiten. Er konnte daher nicht mittels Para-Kräften nach den Bewußtseinsschwingungen anderer Wesen tasten. Deshalb mußte er sich auf das verlassen, was sein Dhyarra-Kristall ihm verriet. Und das war nicht gerade viel, weil der Kristall eine konkrete Vorgabe brauchte, eine exakte bildliche Vorstellung, nach der er handeln konnte. Das Problem war stets, abstrakte Gedanken in eine bildhafte Form zu bringen.
So auch hier.
Ted begann zu befürchten, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als zu Fuß einen Raum und einen Korridor nach dem anderen zu durchsuchen, Stockwerk für Stockwerk.
Verdrossen setzte er sich in Bewegung.
Sekundenlang glaubte er plötzlich einen Echo-Impúls seines Dhyarra zu spüren. Aber im nächsten Moment war dieser Impuls wieder verschwunden.
Ted forschte dennoch nach. Aber der Impuls kam nicht wieder.
Wahrscheinlich hatte er sich geirrt. Er war nervlich bereits überreizt. Er sah Dinge, die er sehen wollte, obgleich sie nicht existierten. Das mußte es gewesen sein.
Wenn da nur nicht seine innere Stimme gewesen wäre, die Witterung, die versuchte, ihn auf etwas aufmerksam zu machen, das nicht so war, wie er glaubte!
Aber was konnte es sein?
Ahnungslos setzte er seinen Weg fort, zunächst dem Mittelpunkt der Burg entgegen, wo er am ehesten auf seinen Gegner treffen würde…
***
Zu diesem Zeitpunkt traf der Gegner vor Caermardhin ein.
Eine Schwefelwolke und roter Glutschein in der Nacht spie Leonardo deMontagne auf der Lichtung aus. Der Fürst der Finsternis stand hochaufgerichtet vor der Burg, genau an der Seite, wo nur noch verdorrtes Gras darauf hindeutete, daß hier erst vor kurzer Zeit ein Dämon als Versager hingerichtet worden war. Leonardos Augen glommen in der Nacht wie Leuchtkäfer. Eine Wolkenbank schob sich vor den Mond. Schlagartig wurde es dunkler. Die Umrisse des Dämons verwischten; nur das Glühen der Augen verriet noch, wo er sich befand.
Er fühlte Zorn und Bedauern darüber, daß er die so mühevoll eroberte Burg wieder aufgeben mußte. Er wünschte sich, Lucifuge Rofocale wäre einsichtiger gewesen und hätte diesen Befehl nie gegeben.
Das Gleichgewicht der Schicksalswaage! So sehr konnte es nicht aus dem Takt geraten. Immerhin besaß Merlin noch mehrere solcher Stützpunkte im Universum, die er von Zeit zu Zeit aufsuchte. Da kam es doch auf den Verlust eines einzigen bestimmt nicht an. Zumal es Merlin doch selbst nicht mehr gab!
Aber das Wort des Herrn der Hölle war Gesetz.
Leonardo deMontagne näherte sich seinem Nebeneingang, öffnete ihn und betrat die Burg, deren Räume bereits hier in der Ummauerung begannen. Er stand auf dem Korridor, der sich wie üblich selbst erhellte, sobald jemand ihn betrat. Manchmal war diese Helligkeit von Nachteil, aber sie konnte nach Belieben gedämpft werden -wenn man wußte, wie es gemacht wurde.
Der Fürst der Finsternis wollte sie nicht dämpfen.
Er wollte jetzt nur noch eines: so schnell wie möglich Sid Amos töten.
Gerade wollte er sich auf das interne Transportsystem konzentrieren, mit dem er sich magisch auf dem kurzen Weg von einem Raum in den anderen versetzen konnte, ohne die endlos langen Korridore, die riesige Hallen und die zahlreichen Treppen benutzen zu
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