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0424 - Das lebende Bild

0424 - Das lebende Bild

Titel: 0424 - Das lebende Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gebracht. Er wußte nicht so recht, was er antworten sollte. Einerseits kämpfte er gegen das Unrecht, auf der anderen Seite war er sehr neugierig und gleichzeitig nicht lebensmüde, denn die Wächter würden verdammt aufpassen.
    »Wie ist es?«
    »Ihr wißt, daß es sehr gefährlich ist, John.«
    »Das riskiere ich.«
    »Und wenn man uns stellt?«
    Ich hob die Schultern. »Wird Euch da nicht als Student der Rechte etwas einfallen? Sagt doch, daß Ihr als Advokat mit den Gefangenen reden wollt…«
    George von Spränge lächelte breit. »Ihr seid nicht dumm, Fremder. Nein, Ihr seid wirklich nicht dumm.«
    »Man muß immer das Beste aus einer Lage machen.«
    »Das sagte schon mein seliger Vater, Ja, ich fühle, daß wir es schaffen können, deshalb gehe ich mit in die Kerker, die sehr tief liegen und auch gefährlich sind.«
    »Wieso?«
    »Man sagt, sie seien verhext. Die Wächter trauen sich nicht heran und nicht hinein. Nur wenn sie die Gefangenen bringen und abholen.«
    »Werden die Menschen nicht verpflegt?«
    »Nein, Todgeweihte bekommen nichts. Sie können das Wasser von den Steinen ablecken. Einige sind schon vor der Hinrichtung verhungert.«
    »Wie viele sind es denn heute?«
    »Ich weiß es nicht genau. Vielleicht vier.«
    »Und sie werden in einer Nacht hingerichtet?«
    »Ja, ein Richter hat sie abgeurteilt. Heute soll es besonders schlimm sein. Die vier sind sehr gefährlich. Sie gehören einer Sekte an, die der Erzbischof mit dem Teufel in Verbindung bringt. Manche sagen, es seien Magier.«
    »Kennt Ihr die Sekte?« fragte ich.
    »Nein, ich weiß von nichts. Aber mir ist bekannt, daß es Menschen gibt, die mit dem Bösen in Verbindung stehen. Ich möchte gern mit ihnen reden, weil es für meine Studien wichtig ist.«
    »Das glaube ich gern.« Ich legte meinem neuen Freund eine Hand auf die Schulter. »Laßt uns gehen.«
    »Bleibt noch. John, ich möchte von Euch etwas wissen.«
    Er schaute mich an. Sein Gesicht war schmal. Die Nase stach wie ein Finger aus ihm hervor.
    »Bitte, redet.«
    »Der Turm ist düster und gefährlich. Aber noch schlimmer sind die Wärter. Sie kennen keine Gnade. Wenn sie uns sehen, werden sie uns töten, habt ihr verstanden?«
    »Sicher.«
    »Und Ihr seid ohne Waffen?«
    »Nein, mein lieber Georg.«
    »Nein, nein.« Er schüttelte den Kopf und breitete seine Arme aus.
    »Wo befindet sich Euer Schwert oder der Degen?«
    Ich sagte ihm nicht, daß ich aus der Zukunft stammte, sondern erwiderte: »In meiner Heimat gibt es andere Waffen.«
    »Darf ich sie sehen?«
    Ich wollte ihn nicht verunsichern und schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht, später vielleicht, wenn ich möglicherweise gezwungen werde, sie einzusetzen.«
    Er schaute mich nachdenklich an. »Ihr scheint wirklich von sehr weit herzukommen, John.«
    »Es geht.«
    Ich hatte natürlich durch meine Antworten seine Neugierde geweckt, ging aber davon aus, daß es besser war, wenn ich die Wahrheit für mich behielt.
    So gingen wir in die Richtung, wo sich der Turm befand. Trotz der Kälte stand die große Eingangstür zur Schenke weit offen. Die Deckenlampen schaukelten und warfen ihr zuckendes Licht über die geröteten Gesichter der Gäste.
    Dem Alkohol wurde kräftig zugesprochen, und man trank auch vor dem Gasthaus. Stände waren aufgebaut worden. Auf den kleinen Kohleöfen standen Kessel mit heißem Tee. Er wurde krugweise verkauft. Einige Male rempelte man uns an. Viele Männer hatten schon einen über den Durst getrunken. Neben dem Gasthaus und ein wenig versetzt mußte sich der Abtritt befinden. Von dort wehte uns ein bestialischer Gestank entgegen.
    »Manchmal ist es nicht schön, Mensch zu sein«, sagte Georg von Spränge. »Man schämt sich dessen.«
    »Wie recht Ihr habt.«
    »Dann denkt Ihr auch so?«
    »Ja.«
    Er lächelte. »Vielleicht werde ich einmal ein Gelehrter. Dann versuche ich, die Menschen zu ändern.«
    Ich schlug ihm auf die Schultern. »Mein lieber Freund, das haben schon ganz andere gewollt und es nicht geschafft. Ihr könnt mir glauben.«
    »John, Ihr sprecht, als wüßtet Ihr mehr.«
    »Vielleicht weiß ich das auch.«
    »Es wäre schön, wenn wir mal Zeit fänden und Ihr mir von Eurer Heimat berichten könntet.«
    Ich gab keine Antwort. Diese Zeit würde ich wohl kaum finden.
    Zudem interessierte mich der Turm mit der angebauten Brücke über den Fluß. Auf dem Wasser schimmerten dunkelblau die Eisschollen. Durch die Strömung wurden die Schollen gegen die Pfeiler der Brücke getrieben. Das erzeugte

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