0426 - Gangster in feiner Gesellschaft
Barnes Schlafzimmer riss Buckany die Whiskyflasche an sich. Der Hausherr ließ sich auf dem Bettrand nieder und starrte den Gangster an. Er schien jeden Widerstand aufgegeben zu haben. Mit einem furchtsamen Seitenblick holte er aus einem Wandschrank eine neue Flasche. Buckany verfolgte ihn wachsam mit seinen Blicken, hinderte ihn jedoch nicht daran. Barnes schenkte sich ein Glas voll und trank es in einem Zug aus.
»Whisky muss sein«, sagte der Gangster verständnisvoll. »Aber manche Leute kommen sich dann verdammt schlau oder auch stark vor!«
Barnes achtete nicht auf den Einwurf, sondern füllte sich ein neues Glas. Er schüttete es hinunter. Kaum hatte er es abgesetzt, schlug Buckany es ihm aus der Hand.
»Später«, knurrte er. »Wir wollen uns unterhalten, solange du noch nüchtern bist. Und es gibt verdammt viel zu reden zwischen uns beiden, denke ich!«
Eine halbe Stunde später begab sich Francis Barnes wieder in den Keller. Er hatte immer noch seinen Pyjama und darüber seinen gelbseidenen Morgenrock an. Als er die unterste Treppenstufe erreicht hatte, traf ihn ein Schlag hinter dem linken Ohr. Barnes taumelte nach vorn, hielt sich an der Mauer fest, stolperte und brach schließlich doch in die Knie.
Mühsam richtete er sich wieder auf. Seine Handflächen saugten sich an der Mauer fest. Ein vorwurfsvoller, fast flehender Blick traf seinen Peiniger.
»Schließlich soll es doch echt auss'ehen, oder nicht?« Sid Buckany grinste höhnisch, ehe er sein Opfer in ein Kellerabteil stieß, die Stahltür hinter ihm zuschlug und den Schlüssel im Schloss umdrehte.
Als er oben angelangt war, öffnete er einen Fensterladen, beugte sich zurück und warf den Schlüssel mit weitem Schwung in den Garten. Im Schlafzimmer des Hausherrn genehmigte er sich noch einen Schluck aus der Flasche.
Sids Nüstern blähten sich genießerisch. Gestern noch hatte er geglaubt, die G-men würden ihn zu Tode hetzen. Und wie stand er jetzt da?
Wieder stieg er in den Keller hinunter. Ein Gefühl von Macht durchströmte ihn. Mit einem plötzlichen Ruck riss er die Tür zum Heizungskeller auf.
»Komm raus, Puppe!«
Mit einem wütenden Schlag fegte er Mammie beiseite. Linda tauchte hinter der Haushälterin auf. Er packte die Zögernde bei ihren blonden Haaren, schleifte sie über die Schwelle und warf die Tür hinter sich zu. Den Schlüssel steckte er in die Tasche.
»Wo arbeitest du eigentlich?«, fragte er das Girl, das am Boden hockte und ihn aus furchtsamen Augen ansah.
»Ich studiere Kunstgeschichte!«
Er fasste sie am Kragen ihrer Bluse und dirigierte sie in eine Ecke des Kellers. Seine Stimme senkte sich zu einem zischenden Flüstern. »Hör gut zu, Baby! Im Augenblick kann ich dich noch nicht brauchen! Aber ich komme wieder. Vielleicht stellst du dich darauf ein. Ich habe deinem Vater gesagt, dass er auf dich verzichten muss, falls er Dummheiten macht. Und dir möchte ich sagen, dass dein Vater den morgigen Tag nicht mehr erlebt, wenn du zu schlau sein willst!«
Sid Buckany fasste sie unter beiden Armen und schleifte die vor Angst beinahe Leblose in ein weiteres Kellerabteil.
Er ließ das Girl zu Boden gleiten, verließ den Raum und warf die Tür hinter sich zu. Den Schlüssel verbarg er in seiner Tasche.
Langsam stieg er die Kellertreppe empor. Er zögerte, bevor er die letzte Stufe überschritt. Mit hastigen Schritten eilte er den Gang entlang und ging dann hinüber zur Garage. Darin stand ein Nash.
***
Die Straßenbeleuchtung hatte das Tageslicht bereits abgelöst, als Sid den Nash am Harry Howard Square, nördlich der Canal Street, parkte. Er schloss den Wagen ab und ging vorsichtig in Richtung Bowery. Sid ließ sich Zeit. Er hatte weniger Lust denn je, einem Cop in die Hände zu laufen. Als er das berüchtigte Viertel und die Straße gleichen Namens betrat, ging er zögernd. Zehn Minuten lang beobachtete er die Tür einer Kneipe, ehe er sich entschloss, einzutreten.
Der Wirt, ein fetter Kerl mit Hamsterbacken, warf ihm einen prüfenden Blick zu. Sid ließ sich einen Whisky einschenken, nippte an dem Glas und stieß seinen Nebenmann an. Der Nachbar war sofort interessiert.
»Ich suche einen jungen Kerl namens Jeff.«
»Psst!«, zischte der andere leise, obwohl Sid nur gemurmelt hatte. »Komm!«
Sid zog den Schein und deutete auf seinen Nachbarn. Der Wirt verstand und kassierte die zwei Drinks.
Die beiden gingen hinaus auf die Straße, überquerten sie und stellten sich in eine dunkle Ecke. Aufmerksam hörte
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