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044 - Die Millionengeschichte

044 - Die Millionengeschichte

Titel: 044 - Die Millionengeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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weitgeöffneten Augen auf dem Bett und hatte die zerschundenen Hände gefaltet.
    »Kann ich etwas für Sie tun?« fragte Faith.
    Margaret Maliko schüttelte den Kopf.
    »Nein, Sie können nichts für mich oder für sich tun. Wer sind Sie? Ich vermute, Miss Léman?«
    »Ja, so heiße ich«, erwiderte Faith freundlich. »Geht es Ihnen sehr schlecht? Sind Sie krank?«
    Die Frau lächelte schwach.
    »Wissen Sie, wo ich jetzt sein möchte?«
    Faith schüttelte den Kopf.
    »In einer Zelle im Gefängnis von Aylesbury, um meine siebzehn Jahre abzusitzen.«
    »Ich verstehe Sie nicht -«
    »Es rächt sich jede Schuld«, entgegnete die Frau mit leiser Stimme. »Ich habe früher nicht daran geglaubt, aber ich weiß jetzt, daß es wahr ist. Drei Jahre habe ich im Gefängnis gesessen, und ich müßte auch noch dort sein, aber ich bin geflohen.«
    Faith setzte sich auf den Rand des Bettes. Sie glaubte, daß die Frau im Delirium spräche. Margaret mußte ihre Gedanken erraten haben.
    »Nein, ich bin nicht irre. Ich bin Margaret Maliko oder Margaret Sands.«
    »Aber Sie sind doch Mrs. Léman?« Margaret richtete sich ein wenig auf.
    »Ich habe John Sands geheiratet, in der Hoffnung, daß es mir dann besser ginge«, entgegnete sie mit einem schwachen Lächeln. »Es war mein zweiter Mann; der erste war ein furchtbar brutaler Mensch. Ich glaubte, daß es keinen schlechteren geben könnte. Er hat mich furchtbar behandelt und mich schließlich zum Wahnsinn getrieben - in dem Zustand habe ich ihn dann vergiftet.«
    Faith sah sie entsetzt an.
    »Und doch war Paul Maliko ein Engel im Vergleich zu John Sands!«
    Die Frau schien Faith vergessen zu haben; ihre Worte klangen, als ob sie mit sich selbst spräche.
    »Ja, ich habe ihn vergiftet. Mein Vater war Chemiker, und ich studierte Pharmakologie. Eines Tages, als mich Paul wieder einmal bis zum Wahnsinn gequält hatte, gab ich ihm eine Apfelsine, die ich vorher - aber darauf kommt es nicht an. Nun ist es jedenfalls meine Strafe, daß ich einen Mann heiraten mußte, der andere Leute vergiftet - einen Mörder!«
    Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Nach einer Weile schaute sie müde wieder auf.
    »Man sollte es nicht für möglich halten, daß ein Mann eine Frau auspeitschen könnte!« sagte sie und stöhnte vor Schmerzen. »Sie glauben es kaum, daß er jede Folter, die er nur ausdenken kann, an mir verübt - es handelt sich nicht um seelische Qualen, nein, um ganz brutale, gemeine Foltern. Sie können es nicht glauben, und es ist auch unerhört! Ich wollte von ihm fort, aber ich konnte ja nicht, da das Zuchthaus auf mich wartete. Schließlich faßte ich einen verzweifelten Entschluß und erzählte dem alten Mr. Harry Léman die volle Wahrheit. Er wollte mir auch helfen. In weiteren zwei oder drei Tagen wäre ich auf dem Weg nach Australien gewesen, und John Sands wäre statt meiner ins Gefängnis gekommen. Aber er hat alles herausgebracht. Er wußte, daß ich im Hause Mr. Lémans war. Ein Reporter hat es ihm gesagt. Ich mußte ihn an dem Abend in der Charles Street treffen, bevor ich zu meiner Wohnung in Hove zurückkehrte. Ach, und in der Nacht hat er mich entsetzlich gequält.«
    Sie schauderte und bedeckte wieder die Augen mit den Händen, als ob sie die Erinnerung nicht ertragen könne.
    »Ich dachte, daß ich sterben müßte. Dann schloß er mich in einen Schrank ein, nachdem er mir vorher Hände und Füße gebunden und mich geknebelt hatte. Ich hatte furchtbare Schmerzen und glaubte nicht, daß ich es länger aushaken würde. Und doch lebe ich noch!« Sie rieb leise die Hände, dann riß sie sich zusammen und fand ihre Fassung wieder.
    »Ich weiß nicht, was er mit Ihnen vorhat, aber er kommt zurück. Ich weiß es bestimmt, ich kann es körperlich fühlen, wenn er herkommt. Es ist, als ob eine kalte Hand an mein Herz griffe. Versprechen Sie mir eins, Miss Léman: Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, trinken und essen Sie nichts in diesem Haus. Schwören Sie es mir!«
    Faith versprach es.
    Margaret dämpfte nun ihre Stimme und sprach eindringlicher.
    »Es wäre möglich, daß wir fliehen können. Vielleicht auch nicht. Ich weiß, was mir bevorsteht. Ich komme sofort ins Gefängnis, und doch wäre das eine Erlösung. Ach, wie gern würde ich jetzt in Aylesbury sein!«
    Gleich darauf hörten sie, daß die Tür des großen Raumes aufgeschlossen wurde.
    John Sands kam herein.
    »Hallo«, sagte er in seiner alten, freundlichen Weise, »Sie scheinen sich ja schon recht gut miteinander

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