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0459 - Reklame für den toten Boß

0459 - Reklame für den toten Boß

Titel: 0459 - Reklame für den toten Boß Kostenlos Bücher Online Lesen
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und schlenderte an der niedrigen Hecke entlang.
    Als ich in die Einfahrt bog, sah ich plötzlich einen Schatten vor mir, der wie eine Rakete auf mich zuschoß. Instinktiv wich ich zur Seite. Der Bursche rammte mir seinen Kopf gegen die Hüfte. Ich dachte, meine Knochen sprängen mir einzeln auseinander. Für einige Sekunden fühlte ich weder Arme noch Beine.
    Aber mein Gegner schien ebenso überrascht zu sein wie ich. Er jagte mit langen Sätzen davon. Die einzige Bewegung, die mir im Augenblick überhaupt möglich schien, war eine Drehung um meine eigene Achse. Ich wälzte mich dicht an die Hecke heran. Langsam kehrte das Gefühl in meine Arme wieder zurück.
    Ich mußte mit weiteren Gegnern rechnen. Deshalb zerrte ich eine Pistole aus der Tasche, nahm sie zwischen die Zähne und richtete mich mit Hilfe meiner Hände langsam auf.
    Ich entsicherte die Waffe und horchte. Für eine Verfolgung waren meine Beine nicht tauglich. Vorsichtig schlich ich die Auffahrt hoch und betrat die Villa durch den Dienstboteneingang.
    Diesmal machte ich Festbeleuchtung im ganzen Haus. Es war bereits fünf Uhr. Im Osten war am Septemberhimmel das erste zaghafte Morgenrot zu sehen. Trotzdem ließ ich die Rolläden herunter, als begänne jetzt erst eine große Abendgesellschaft. Schließlich wollte ich wenigstens ein, zwei Stunden ungestört schlafen können.
    Nachdem ich das Haus ebenso gründlich wie ein Feuerwerker untersucht hatte, verkroch ich mich in mein Bett und schlief ein, ehe der verflossene Tag vor meinen Augen abgerollt war.
    ***
    Gegen halb sieben morgens jagte das Boot der Hafenpolizei über die lehmigen Fluten des East River. Lieutenant O’Hara stand neben dem Steuermann und hatte das Glas an die Augen gesetzt.
    »Tatsächlich, Fred, Sie haben recht«, sagte er, »keine zweihundert Yard vor uns schwimmt jemand in Richtung Narrow-Bridge. Ob der Bursche den Atlantik überqueren will? Vielleicht hat er einen Rekordversuch vor, und wir stören ihn nur dabei.«
    »Kann sein, Sir«, antwortete der baumlange Sergeant hinter dem Steuerrad, »aber vielleicht hat der Kerl die Orientierung verloren, zumindest sollten wir uns nach seinem Ziel erkundigen.«
    »Okay, Fred, halten Sie Kurs auf den Burschen und drosseln Sie den Motor.« Wenige Minuten später tuckerte das Boot in unmittelbarer Nähe des Schwimmers aus, der wie ein Seehund aussah. Lieutenant O’Hara legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief:
    »Hallo, wollen Sie Weltrekord schwimmen? Wenn Sie die Richtung beibehalten, sind Sie heute abend mitten im Atlantik.«
    Der Mann im Wasser drehte dem Lieutenant einen Augenblick das Gesicht zu. Es war gleichgültig, verständnislos.
    »Er scheint taubstumm zu sein«, sagte Fred, »oder sinnlos betrunken. Vielleicht hat er eine Wette gemacht, daß er bis zur Narrow-Bridge schwimmt.«
    »In Amerika ist jeder sein freier Mann«, sagte der Lieutenant nachdenklich, »demnach müßten wir ihn schwimmen lassen, solange er nicht den Verkehr oder sich selbst gefährdet.«
    Der Schwimmer paddelte in aller Ruhe weiter, als wollte er mit seinen Kräften haushalten.
    »He, sollen wir Sie an Bord holen?« brüllte der Lieutenant.
    Aber der Mann zeigte keine Wirkung.
    »Er schwimmt in voller Garnitur«, sagte Fred, »sollte mich nicht wundern, wenn er noch die Schuhe anhätte. Vielleicht ist er aus Liebeskummer in den Fluß gegangen.«
    »Werfen Sie den Rettungsring aus«, sagte O’Hara.
    Der Sergeant griff nach einem weißen Korkring mit Leine und warf ihn direkt vor den Schwimmenden. Das freie Ende der Leine war am Boot befestigt.
    »Los, pack zu«, rief Fred, »wir ziehen dich an Bord.«
    Es sah einige Augenblicke so aus, als zögerte der Mann. Dann hängte er sich doch an die Schnur, die den Ring umspannte, und ließ sich an das Boot der Wasserschutzpolizei heranziehen.
    Der Lieutenant und Fred hievten den Mann an Bord. Das Boot schwankte beträchtlich.
    »Wo wollten Sie hinschwimmen?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete der Mann. Seine Zunge hing ihm wie ein dicker Kloß am Hals. Das Sprechen bereitete ihm Mühe.
    »Aber Sie müssen doch wissen, warum Sie ins Wasser gesprungen sind, Mann«, fuhr der Lieutenant fort. »Bei den Temperaturen ist das kein Vergnügen mehr.«
    Der andere zuckte die Achseln.
    »Haben wir Sie von einem Rekordversuch abgehalten?«
    »Nein, Captain, ich habe keine Ahnung.«
    Der Lieutenant und Fred wechselten Blicke.
    »Gehen Sie in die Kajüte. Da finden Sie einen warmen Trainingsanzug«, sagte O’Hara,

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