0470 - Baphomeths Totenwächter
nicht, daß dieser Mann…«
»Geschenkt, Madame. Kannten Sie ihn?«
»Nein.«
»Hat er bei Ihnen gewohnt?«
»Auch das nicht. Er kam erst am frühen Morgen, nachdem Sie schon aufgestanden waren, sich aber noch oben in ihrem Zimmer aufhielten. Wir schlossen das Geschäft ab.«
»Sonst wissen Sie nichts?«
»Nein.«
Ich fragte sicherheitshalber noch einmal nach. »Die Polizei haben Sie auch nicht angerufen?«
»Natürlich nicht.«
»Das dachte ich mir.« Ich stand auf. »Jetzt können Sie einiges gutmachen, Madame. Es ist folgendes. Falls jemand für mich anruft, hinterlegen Sie mir bitte eine Nachricht. Ich werde in den nächsten beiden Stunden bestimmt unterwegs sein.«
»Sehr gern.« Auch sie erhob sich. Beide schwiegen wir, weil im Flur das Telefon läutete.
»Entschuldigen Sie«, sagte Madame und verließ die Küche. Es dauerte aber nicht lange, da rief Sie nach mir.
»Wer ist es denn?« fragte ich, als ich den Hörer entgegennahm.
»Ein Gespräch aus London, Monsieur.«
Sie irrte sich. Aus London hatte mich niemand angerufen. Das Telefonat stammte aus Paris, denn dort am Flughafen befand sich mein Freund und Kollege Suko bereits.
***
Dabei hatte er so gut wie nichts mit dem Fall zu tun gehabt. Daß er überhaupt darauf aufmerksam wurde, konnte man als Zufall bezeichnen, der schließlich der größte Helfer der Polizisten ist.
Es begann wie sooft mit einer reinen Routine. Wer Bürodienst hatte, kam nicht umhin, sich die Meldungen der vergangenen Nacht durchzulesen. Dort wurde berichtet, was an Verbrechen alles in der Millionenstadt London passiert war.
Vom schweren Diebstahl, Mord, Überfall, Vergewaltigung, es gab nichts, was dort fehlte.
Doch an diesem besagten Morgen kam Suko nicht dazu, die Meldungen durchzulesen. Er befand sich noch in seiner Wohnung, als bereits das Telefon klingelte.
Sir James Powell war am Apparat. Nach einem knappen Morgengruß bat er Suko, den Koffer zu packen und zum Flughafen zu fahren. Das Tickett nach Paris lag bereit.
»Nach Paris?« fragte Suko. »Aber da ist doch John.«
»Sehr richtig.«
»Was soll ich dort?«
»Ich werde am Flughafen in der VIP-Lounge auf Sie warten und Ihnen alles weitere berichten.«
»Natürlich, Sir.«
Suko trank eine Tasse Tee. Das Taxi hatte er sich sofort nach dem Anruf bestellt. Was er mitnehmen wollte, schleuderte er in den Koffer. Dann rauschte er nach unten.
Wenn Sir James so sprach, war etwas im Busch. Man konnte zwar nicht sagen, daß London bald im Flammen aufgehen würde, aber ein großes Ereignis kündigte sich an.
Noch kamen sie einigermaßen durch. Der Fahrer, ein mürrischer Knabe, schimpfte über das Wetter und geizige Fahrgäste. Suko hörte nicht hin. Ihn beschäftigten andere Gedanken.
John befand sich in Paris, er mußte so rasch wie möglich in die Stadt an der Seine. Welche Verbindung hatte sich da aufgetan?
Eine Antwort würde ihm Sir James geben können.
Der Superintendent hatte sich bestimmt mit dem Hubschrauber nach Heathrow fliegen lassen. Die Lichterkette des Flughafens schimmerte wie ein künstlicher Sternenhimmel in der Dunkelheit.
Es würde noch einige Zeit vergehen, bis es hell wurde.
Die Straßen und Anfahrtswege waren gut ausgeleuchtet. Der Fahrer kannte sich auch aus. Es hatte keine Schwierigkeiten, Sukos Ziel zu finden.
Nicht wenige Menschen hatten sich auf dem gewaltigen Arenal des Flughafens schon verlaufen. Dazu zählte Suko nicht. Er fand die VIP-Lounge sehr schnell, wurde durchgelassen, als er seinen Ausweis vorzeigte, und stand schließlich Sir James Powell gegenüber, der in einem weichen Ledersessel hockte und mit einem Mann sprach, den Suko noch nie zuvor gesehen hatte. Zu den Angestellten des Flughafens gehörte er nicht. Der Knabe sah eher aus wie ein Ehemann, der eine Nacht durchgemacht hatte und plötzlich Angst vor seiner Frau bekam!
»Das ist Mr. Meredith«, stellte Sir James den Mann vor, der sich an starkem Kaffee labte. »Er ist unser wichtigster Zeuge. Bitte, Mr. Meredith, erzählen Sie Ihre Geschichte.«
Suko hörte aufmerksam zu und erfuhr, daß Meredith tatsächlich einen Nachtbummel durch Soho hinter sich gehabt hatte. Er war in der späten Nacht oder in den frühen Morgenstunden zu Fuß nach Hause gegangen, hatte abkürzen wollen und den Weg an der alten Templer-Kirche vorbei genommen, die Suko auch kannte.
»Also, ich kenne ja die Kirche. Manche haben Angst davor, ich nicht. Bis ich sah, wie die Eingangstür aufflog, als hätte ein Riese dagegen geschlagen. Und
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