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056 - Der Werwolf

056 - Der Werwolf

Titel: 056 - Der Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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gesprochen?“
    „Ja.“
    „Und …?“
    „Er glaubt natürlich nicht an Ihre These, doch er glaubt inzwischen, daß er von dem Wolf bedroht wird. Er war sehr froh, als ich ihm sagte, auch er stünde unter Polizeischutz.“
    „Wie lange eigentlich?“ fragte Barbara und stellte Gläser und Tassen auf den Tisch.
    „Einige Tage, denke ich, können wir die Beamten hier abstellen. Ich hoffe, daß wir den Wolf hier in der Stadt fangen können.“
    Gerd erkundigte sich: „Gibt es bei Ihnen Scharfschützen?“
    „Ja. Ein paar Jäger haben sich uns ebenfalls freiwillig zur Verfügung gestellt.“
    „Dann wimmelt unser ruhiges, beschauliches Wohnviertel also von schwerbewaffneten Einheiten?“
    Hartmann sah am Lauf der Waffe entlang, die er auf die offene Terrassentür gerichtet hielt.
    „Ja. Aber Sie würden die wenigsten sehen. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß alles gut vorbereitet wurde. Mehr können wir nicht tun. Das Märchen, daß der Wolf unverletzbar ist, entpuppt sich hoffentlich als ein solches. Mein Weltbild würde andernfalls sehr ins Wanken geraten.“
    Gerd zuckte nur die Schultern.
    „Wir wollten gerade essen“, schaltete sich Barbara ein und deutete auf den Tisch. „Es wäre nett, wenn Sie uns Gesellschaft leisten würden, Herr Polizeipräsident.“
    „Das bin ich vielleicht in zehn Jahren, und wenn es nicht gelingt, den Killerwolf zur Strecke zu bringen, dann vermutlich niemals. Danke – ich nehme gern an. Das sieht ja sehr lecker aus.“
    „Ich hoffe, es schmeckt auch so. Nehmen Sie Platz“, sagte Barbara. Sie zündete die Kerzen an, und Gerd schaltete das Deckenlicht aus.
    „Wissen Ihre Leute, wo Sie zu finden sind?“ wandte sich Barbara an Hartmann.
    Er nickte. „Vor dem Haus steht ein Wagen, und ich habe mir erlaubt, Ihre Telefonnummer anzugeben. Ich kann mich leider nicht lange aufhalten.“
    Sie begannen zu essen, doch Gerd Becker ertappte sich immer wieder dabei, wie er abwechselnd die Waffe anstarrte und das Gebüsch vor der Terrassenbrüstung beobachtete.
    „Weshalb sind Sie so unruhig?“ erkundigte sich Hartmann. Er schien aber selbst keinen großen Appetit zu verspüren.
    „Sind Sie’s nicht?“ meinte Barbara spitz.
    „Ich bin nur nervös, weil ich nicht weiß, ob meine Leute diesen verfluchten Wolf endlich fassen. Daß er trotz unserer Vorsorge jemanden überfällt, ist fast auszuschließen.“
    „Sie sind ein Optimist“, sagte Gerd Becker sarkastisch.
     

     
    Die Stimmung war ziemlich gedrückt, und Angst schien in allen Winkeln zu lauern. Kein Wunder, die Nervenbelastung war einfach zu groß. Seit am frühen Nachmittag die Lautsprecherwagen durch das Viertel gefahren waren und die Bewohner vor dem Wolf gewarnt hatten, lebten die Menschen in panischer Furcht. Niemand wagte sich mehr auf die Straße.
    Am meisten fürchteten sich wohl Gerd und Barbara, denn sie glaubten daran, am meisten gefährdet zu sein. Sie sprachen kaum darüber, aber sie spürten, wie sie einander auswichen, wenn die Rede auf den Wolf kam.
    „Das muß ich wohl sein“, bemerkte Hartmann und nickte, als der Arzt auf das Weinglas deutete. „Wenn wir nicht mit einer gewissen Hoffnung an das Problem herangegangen wären, hätten wir damit eingestanden, daß wir nicht in der Lage sind, die Bürger zu schützen.“
    Schweigend beendeten sie das Essen. Ab und zu hörte man von draußen einen langsam laufenden Motor oder die Reifen eines Streifenwagens, der um eine Ecke bog. Je dunkler es wurde, desto unheimlicher wurde die Stille, die über dem Vorort lag.
    „Erstaunlich ruhig!“ murmelte Hartmann.
    Er spürte natürlich die sich steigernde Angst der beiden Menschen. Bis zu einem gewissen Punkt konnte er sich in ihre Gedanken versetzen. Was für ihn und seine Leute ein relativ einfaches Problem war, bedeutete für Barbara Franke und Gerd Becker eine zusätzliche Belastung. Sie waren nicht nur potentielle Opfer des Wolfes, sondern sie hatten – mit einiger Sicherheit – auch so etwas wie ein schlechtes Gewissen.
    „Zu ruhig!“ bemerkte Gerd und ging, die Kaffeetasse in der Hand, hinaus auf die Terrasse.
    „Unheimlich!“ ergänzte Barbara.
    Hartmann nickte. Auch er stand auf.
    Einzelne Straßenlaternen, hellerleuchtete Fenster und der große, runde Mond, bildeten die Kulisse der gespenstischen Szene zu dem Ereignis, auf das hier in dieser Straße jeder zu warten schien.
    Das Haus lag inmitten eines parkartigen Geländes, das nur durch einen altersschwachen Zaun getrennt, in eine breite Uferzone

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