0569 - Teufel im Leib
sehr wertvoll für uns.«
»Ach ja? Wieso?«
»Darauf werden wir später noch zurückkommen. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß ich male.«
»Oh, wie nett. Was denn?«
»Porträts, Kommissar. In der Regel male ich Porträts. Ich habe hier genügend Platz. Ich finde Bilder begeisternd. Sie sind so voller Ausdruck, denn Gesichter können faszinieren. Ihres fasziniert mich übrigens auch, Kommissar.«
»Dann wollen Sie mich malen?«
»So ist es.«
Mallmann lachte. »Das hätten Sie einfacher haben können, Reva. Viel einfacher.«
»Na – ich weiß nicht…«
»Doch. Sie hätten normal mit mir in Kontakt treten können und mich nicht niederschlagen lassen. Der gleiche, dem ich meine Kopfschmerzen verdanke, wird sicherlich auch meinen Wagen fahruntüchtig gemacht haben.«
»Es stimmt.«
»Und was soll das bedeuten?«
»Wir mußten es tun!« erklärte Reva. »Wir wollten ja, daß Sie bleiben. Gerade Sie, Kommissar!«
Wills Frage klang spöttisch. »Bin ich für Sie denn so interessant?«
»Und ob, mein Lieber. Sie sind ein Mann oder der Mann, nach dem ich lange gesucht habe.«
»Um mich malen zu können!«
»Das stimmt.«
Will räusperte sich. »Die Antwort hörte sich eben an, als würde sie noch weitergehen.«
»Sie haben recht. Ich möchte Sie nicht nur malen. Aber es gehört dazu.« Reva strich mit einer Hand durch ihr Haar und schaufelte es zurück. »Es gehört einfach dazu«, sagte sie wieder.
»Wozu?«
»Darüber werden wir reden, wenn es soweit ist. Denken Sie daran, daß Sie eine wichtige Persönlichkeit sind. Sehr wichtig, Kommissar. Für die Zukunft entscheidend.«
Als Reva Mallmanns skeptischen Blick sah, mußte sie einfach auflachen. »Sie glauben mir nicht?«
»Nein.«
»Nun ja, Kommissar, Sie werden eines Besseren belehrt werden. Lassen wir die Theorie weg, kommen wir zu den normalen Dingen unseres Daseins. Sie werden Durst haben.«
»Das stimmt.«
»Moment bitte.« Reva klatschte in die Hände. Das Geräusch klang laut in der Eingangshalle, aus dessen dunklem Hintergrund sich Schritte näherten.
Ein Mann erschien.
Er trug noch seine Kampfkleidung. Das kurze braune Haar bedeckte den Kopf wie eine dünne Mütze aus Pelz. Sein Gesicht wirkte hart und kantig. In den Augen stand eine gewisse Leere, die auch der reflektierende Kerzenschein kaum überdecken konnte, wenn er durch die Pupillen tanzte. Mallmann erkannte den Helfer der Schloßherrin.
Es war Gerd Bode! Der Überläufer, der Verräter, der nun auf ihrer Seite stand.
Für Mallmann hatte er keinen Blick. Fragend schaute er Reva an, die lächelte. »Unser Gast möchte etwas trinken. Bist du so nett und besorgst es, Gerd?«
»Natürlich.« Ohne den Kommissar noch mit einem Blick zu würdigen, machte er kehrt und verschwand.
Mallmann hatte sich wieder etwas erholt. Hinter seiner Stirn jagten sich die Gedanken. Wenn er aus diesem Käfig herauskommen wollte, dann mußte es so schnell wie möglich sein, und zwar jetzt.
Mit einer heftigen Bewegung stand er auf. Zu heftig, denn Schwindel überkam ihn, und die Frau vor ihm verzerrte sich zu einer schemenhaften Doppelgestalt.
»Was ist, Kommissar? Haben Sie es eilig?«
Mallmann verkniff sich eine Antwort. Er hatte genug mit sich selbst zu tun und auch dem plötzlichen Schweißausbruch. In den letzten Minuten hatte er sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen können und auch die breite Ein- oder Ausgangstür gesehen. Sehr weit lag sie nicht entfernt. Sechs, sieben Schritte mußten reichen.
Um Reva kümmerte er sich nicht. Er kam sich vor wie ein schwankendes Rohr im Wind, als er den Weg zurücklegte. Schwach und gleichzeitig auch lächerlich. Wenn Bode erschien, würde er keine Schwierigkeiten haben, ihn zu stoppen.
»Wo wollen Sie denn hin, Kommissar?«
Es war ihm egal, ob die Frau hinter ihm herrief. Er wollte nur weg, verschwinden.
Sie ließ ihn gehen, was Will eigentlich hätte mißtrauisch machen müssen.
Bis dahin dachte er nicht. Die Enttäuschung traf ihn hart. Zwar konnte er die schwere Eisenklinke nach unten drücken, doch die Tür war verschlossen. Pech für ihn.
»Aber Kommissar, Sie wollen uns doch nicht schon verlassen.« Revas Stimme klang seidenweich, unterlegt mit einem Hauch von Spott. »Ich bitte Sie. Bleiben Sie doch hier. Denken Sie an Gerd Bode, der Ihnen noch etwas bringt.«
Mallmann drehte sich um. »Es ist schon gut«, sagte er. Reva hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Mallmann sah sie wie ein vom Boden hochwachsendes Gespenst im Licht der
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