0595 - Der Werwolf-Dämon
nicht«, sagte Nicole. »Wir hatten die Haustür doch hinter uns geschlossen, oder? Jetzt steht sie weit offen.«
Sie zog den Blaster und trat vorsichtig ein.
»Vielleicht mußte Fenrir noch mal Gassi«, gab Zamorra noch zu bedenken.
Aber Nicole hatte in diesem Moment keine Ader für seine flapsigen Sprüche. Sie sah sich in der dunklen Hütte um, lauschte. Dann: »Mach mal Licht!«
Zamorra stand näher am Schalter und betätigte ihn. Wieder flackerte das Neonlicht der Flurbeleuchtung auf.
Mehrere Türen standen offen. In der kleinen Wohnküche war der Herd abgeschaltet. Auch das Schlafzimmer war leer.
Weder von Zia Thepin noch von Fenrir war etwas zu sehen.
Dafür wurde Nicole in anderer Hinsicht fündig.
»Sie ist geflohen«, stellte sie fest. »Hier - in aller Eile muß sie ein paar Sachen zusammengepackt haben. Zum Teufel, was soll das?«
»Und Fenrir? Ist der etwa mit ihr gegangen? Das gibt's doch nicht!«
»Vielleicht doch. Er will sie vermutlich schützen.«
Im gleichen Moment vernahm Zamorra aus nicht allzuweiter Entfernung Wolfsgeheul. Gleich ein ganzes Rudel schien dort den Mond anzuklagen.
»Der Dämon!« entfuhr es Zamorra. »Irgendwo da draußen greift er Zia und Fenrir an! Schnell…!«
Nicole stürmte aus der Hütte.
Gemeinsam rannten sie in die Richtung, aus der das Heulen kam.
Würden sie noch rechtzeitig eingreifen können?
***
Nicht nur Zamorra und Nicole reagierten auf das Heulen der Wölfe.
Philippe Bouix hatte nach seiner Heimkehr keinen Schlaf gefunden. Er hatte in seinem Zimmer gehockt, aus dem offenen Fenster in die kalte Nacht gestarrt und seinen bitteren Gedanken nachgehangen.
Jetzt, als er das Heulen und Knurren vernahm, sprang er auf, stürmte die Treppe hinunter, den Dolch wieder in der Hand. Die Auseinandersetzung da draußen konnte nicht weit entfernt stattfinden.
Der Wolf - nein, es mußten mehrere Wölfe sein - hatten wieder ein Opfer gestellt!
Philippe rechnete sich nicht mal eine große Chance aus. Aber er konnte einfach nicht dasitzen, abwarten und den grausigen Lauten zuhören! Er mußte wenigstens herausfinden, mit welchen Gegnern er es wirklich zu tun hatte!
Gerade, als er in seine gefütterte Jacke schlüpfte, tauchte sein Vater auf.
Den ersten Ausflug des Jungen in dieser Nacht schien er nicht mitbekommen zu haben, dafür aber diesen Versuch.
»Du hast mir geschworen, im Haus zu bleiben!« rief er. »Philippe! Bleib hier! Stürz uns nicht alle noch tiefer ins Unglück!«
Aber Philippe riß sich los. Sein Vater war zu betrunken, um ihn festhalten zu können.
Philippe stürmte, den Dolch in der Faust, nach draußen, wandte sich in die Richtung, aus der der Kampflärm kam.
Und noch ein Mann war dorthin unterwegs.
Inspektor Perrot!
Auch er wollte wissen, was geschah…
***
Weit kamen Zia und Fenrir nicht. Der gehörnte Wolfsdämon tauchte zwischen den Grabsteinen des kleinen Friedhofs auf, und aus den Nebelschwaden schälten sich die Umrisse seines mörderischen Wolfsrudels.
Unwillkürlich verharrte Zia.
Lykandomus trat ihr entgegen. Er sprach nicht, aber was er und seine Bestien beabsichtigten, das war klar. Diesmal gingen sie nicht auf Menschen-, sondern auf Werwolfjagd!
Lykandomus wollte sie töten!
»Wir haben keine Chance«, flüsterte Zia ihrem Begleiter zu. »Rette wenigstens du dich! Verschwinde, bring dich in Sicherheit! Mein Weg endet hier.«
Nein, gab Fenrir zurück. Wir gehören zusammen. Wir werden zusammen leben oder zusammen sterben. Ich habe versprochen, dir zu helfen - egal wie und wobei!
»Ich gebe dir das Versprechen zurück«, sagte sie hastig. »Rette dich, Fenrir. Ich will nicht, daß du mit mir stirbst!«
Vielleicht haben wir doch noch eine kleine Chance.
»Welch heldenhafte Worte«, höhnte Lykandomus. »Mit dir, Grauer, habe ich noch eine besondere Rechnung offen. Du hast es vorhin gewagt, mich anzugreifen - packt ihn!« befahl er dem Rudel.
Knurrend und heulend gingen die Wölfe Fenrir an.
Lykandomus selbst wandte sich Zia Thepin zu.
Da platzte ihre Kleidung auf. Sie verwandelte sich, nahm ihre wesentlich wehrhaftere Wolfsgestalt an.
Sie kämpfte nun um ihr Leben!
***
Als Zamorra und Nicole den Schauplatz erreichten, bot sich ihnen eine wüste Kampfszene.
Die Auseinandersetzung hatte sich zwischen die Grabsteine verlagert. Wölfe rangen wütend miteinander, und etwas abseits umkreisten sich knurrend und schnappend ein schwarzer Wolf und der Dämon.
Etwas an dem Wolf erinnerte Zamorra an…
»Zia!« stieß
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