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060 - Der Henker von London

060 - Der Henker von London

Titel: 060 - Der Henker von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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verursacht wurde, dann die Stimme, die ich schon so oft gehört hatte, daß sie mir so vertraut war wie meine eigene: „Komm jetzt, John …“
    Ich kauerte auf dem Boden vor dem Wohnzimmerfenster, lauschte gebannt. Ich würde ihn kriegen! Ihn, der mir Claudia genommen hatte! Meine Liebe, meine Zukunft! Meine Kraft und mein Leben! Ich kriege dich, Arwanus! Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn ich diesen letzten Kampf verliere!
    Es rauschte, kratzte, schabte. Dann ertönten zwei dumpfe Geräusche, danach ein helles Quietschen, ähnlich, als würde man Glas gegen Glas reiben. Die Verwandlung war also im Bett geschehen. Während der Schmerzen. Was jetzt aus dem Bett stieg, war nicht mehr John Condell, sondern eine gläserne Hülle seines Ichs. Eine Hülle ohne Wärme. Starr, kalt, todbringend.
    Das Geräusch der Schritte hallte durch den Lautsprecher, erfüllte das Zimmer. Der Gang des Monstrums war schlurfend wie der eines schweren, alten Mannes. Ich war dem Grauen auf der Spur. Wie ein Bluthund würde ich ihr nun folgen.
    Krack, machte es, als die Schlafzimmertür zufiel. Dann Schritte auf der Holztreppe. Das Monstrum stieg hinunter. Kaum war die letzte Stufe erreicht, da hörte man deutlich das Geräusch einer leicht quietschenden Tür, die geöffnet wurde.
    Mir lief es kalt über den Rücken. Nicht die Haustür war das gewesen! Das Monstrum hatte die Tür zum Keller geöffnet, die sich direkt neben der Treppe befindet.
    Tack! machten die Schritte. Tack, tack, tack.
    Gläserne, feste Sohlen stiegen die alten Steinstufen hinab. Was wollte mein zweites grausames Ich dort unten? Ich hatte den Keller doch über eine halbe Stunde gründlich abgesucht und nichts gefunden! Es war schwer, herauszuhören, ob die Füße schon über den Kellerboden stapften, oder ob sie noch auf der Treppe waren. Treppe wie Fußboden waren aus dickem, grobem und jahrhundertealtem Stein.
    Ich lauschte, hörte deutlich einen tiefen, rasselnden Atemzug, als die Schritte irgendwo im Keller verhallten. Dann ein leises schabendes Geräusch, dem ein seltsames Rollen folgte, wie wenn man eine Kugel über einen Steinboden rollt. Die ruhige, sanfte Stimme sagte: „Hallo, John. Komm herein, John.“
    Herein! Also doch eine verborgene Kammer! Natürlich! Wenn es einen geheimen Raum gab, dann konnte das nur im Keller sein. Alles andere hatte ich genau vermessen und aufgezeichnet. Aber was sich neben dem Keller oder darunter befand, konnte ich unmöglich feststellen. Nur, wenn man den Boden des Gartens abtrug und so lange schaufelte, bis man den versteckten Raum fand.
    Ich starrte das kleine Gerät an. Die Spule war jetzt fast abgelaufen.
    „Sieh nur“, sagte die sanfte Stimme. „Sehe ich nicht schon aus wie ein richtiger Mensch mit festem, kräftigen Fleisch? Ein bißchen blaß bin ich noch, zugegeben, aber du wirst mir wieder Blut bringen, John. Und hüte dich, noch einmal selbst an diesem köstlichen, warmen Trunk zu naschen.“
    Mir schauderte. Also doch! Es stimmte. Ich hatte Blut getrunken. Und das war es, was mich so rasch auf die Beine gebracht hatte, nicht die Spritzen des Arztes.
    Die Stimme kicherte leise, dann sagte sie: „Schau mich an, John! Du hast viel nachgedacht über mein Gesicht, nicht wahr? Abends, wenn du in deinem Bett liegst, bevor die Schmerzen kommen, bevor dein Wille, deine Gedanken betäubt werden, sich verhärten und erstarren. Du hast gewußt, daß dir dieses Gesicht nicht unbekannt ist, aber du wußtest es nicht unterzubringen. Nun, wer bin ich, John?“
    „Herr“, grollte die tiefe, hohle Stimme. „Du …“
    Krack! Das Gerät schaltete sich aus. Abgelaufen! Ausgerechnet in dieser Sekunde! Fluchend nahm ich es vom Boden auf, ließ es wieder zurückspulen, hörte es noch einmal ab, aber mitten im letzten Satz war Schluß. Ich ließ das Band weiter zurücklaufen, probierte ein paarmal hin und her, bis ich die Stelle eingestellt hatte, wo die Kellertür geöffnet wurde. Ich drückte die Stoptaste, stemmte mich keuchend in die Höhe, verließ das Wohnzimmer.
    Im Flur blieb ich vor der Kellertür stehen. In diesem Augenblick kam es wieder, dieses schleichende Grauen. Was würde mich erwarten? Ich spürte die Kälte über meinen Rücken laufen, dann gab ich mir einen Ruck und zog die Kellertür auf …
     

     
    „Chef“, sagte Pete Ascorda brummig. „Sagen Sie mir, was Sie wollen, ich glaube, das Nest allen Übels liegt in diesem verdammten Ort Sanderstead. Erst stirbt Peter Haley, dann rennt seine Frau durch Soho

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