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073 - Dämonenrache

073 - Dämonenrache

Titel: 073 - Dämonenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank deLorca
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verbracht hatte, in diesem Haus, in dem jetzt das Grauen aus jeder Ritze schlich, sich wie ein kalter Nebel über alles legte, das Herz Copernics zum Stillstand zu bringen drohte.
    Der junge Anwalt atmete ganz flach, um nichts von diesem Geruch in sich aufnehmen zu müssen.
    Trotzdem ging er weiter. Schritt für Schritt dem Grauen entgegen, das oben auf ihn wartete.
    Es war, als ob er langsam in kaltes Wasser getaucht würde, je höher er kam. Seine Haut kribbelte, als hätten sich Egel an ihr festgesaugt, er begann zu zittern.
    Dort die Lampe an der holzvertäfelten Decke. Biedermeier. Ein Paravent mit kleinen Heckenrosen. Alles war so fremd.
    Die Lampe schwankte wie auf einem Schiff bei heftigem Seegang. Die Dielenbalken knirschten. Sie hatten nie vorher geknirscht. Das Haus war voller Geräusche.
    Und plötzlich brachen die Geräusche ab. Mit einemmal. Wie abgeschnitten.
    Plötzlich war es still.
    Totenstill.
    Roland Copernic stand in der Tür zum Arbeitsraum des Richters.
    Er fasste sich ans Herz, das einen wilden Schlag tat, als wolle es die Brust zersprengen.
    Copernics Blicke saugten sich am Schreibtisch fest.
    Am blutbesudelten Schreibtisch...
    Bleistifte, Kugelschreiber und Federhalter waren heruntergefegt worden, die grüne Schreibunterlage lag in einer Ecke.
    Mitten auf der Tischfläche stand ein Kopf.
    Der Kopf Raoul Gautiers!
    ***
    Du darfst den Verstand nicht verlieren! hämmerte sich Roland Copernic ein. Nur nicht den Verstand verlieren!
    Nur langsam flaute das namenlose Entsetzen ab, das ihn die ganze Zeit über mit seinem Bann belegt hatte. Allmählich kehrte das klare Denkvermögen zurück.
    Damit wurde der junge Anwalt auch ruhiger und gefasster.
    Der Rumpf Gautiers saß im Sessel hinter dem Schreibtisch.
    Deutlich sah Roland Copernic die schreckliche Wunde. Das Blut war aus dem offenen Halsstumpf gesprudelt und über den kopflosen Körper gelaufen. Copernic sah die durchtrennten Halswirbel, die offene Luft- und Speiseröhre.
    Die Hände des Geköpften ruhten auf den Armlehnen des Sessels. Der Kopf stand auf dem blutüberschwemmten Schreibtisch, den Mund aufgerissen, die Augen so verdreht, dass nur noch das Weiße darin zu sehen war.
    Der Anblick war absolut grauenhaft, und überall war dieses klebrige Blut.
    Jetzt erst sah Copernic auch das Skalpell, das neben dem Kopf lag.
    Und die weiße Perücke, die Gautiers Mörder ihm aufgesetzt hatte. Die Perücke, die der Richter getragen hatte, als er im Namen des Volkes das Todesurteil über Leon Dumarche sprach.
    Es kostete Roland Copernic viel Überwindung, zum Telefonhörer zu greifen. Auch der Apparat war mit Blut bespritzt. Erst als er ein Taschentuch über den Hörer legte, konnte er abheben.
    Er verwählte sich dreimal, bis er die Polizei am Apparat hatte. Er ließ sich mit Kommissar Breton verbinden.
    Der Beamte fragte nicht lange. »Warten Sie!«, sagte er nur. »Ich komme sofort. Verändern Sie nichts.«
    Roland Copernic ließ den Hörer zurückfallen. Er konnte es nicht länger in diesem Zimmer aushalten. Er wollte auch nicht nach Spuren des Mörders suchen. Das war Aufgabe der Polizei.
    Er wollte nur hinaus. Nichts als hinaus.
    Tief sog er die Luft in seine Lungen, als er nach draußen trat. Die nasskalte Nachtluft schien ihm ein Labsal, ein Nektar, von den Göttern gesandt.
    Er wollte und konnte nicht an Gautier denken, der enthauptet in seinem Zimmer saß. Das Fenster leuchtete hell auf die Straße herunter.
    Endlich heulte verloren eine Polizeisirene auf. Sie klang noch fern, näherte sich jedoch schnell.
    Nach zwei Minuten stoppte der dunkelblaue Citroën mit kreischenden Pneus.
    Pierre Breton sprang aus dem Wagen. Dieser Mann schien nie zu schlafen. Sicher war er ebenfalls seit der vergangenen Nacht auf den Beinen.
    Roland Copernic spürte plötzlich seine Müdigkeit. Er hatte in der Nacht vor der Hinrichtung nicht schlafen können. Auch Tabletten hatten nichts genützt.
    »’n Abend, Copernic«, brummte Breton. »Wie ist es passiert?«
    »Geköpft«, antwortete der Anwalt einsilbig.
    Breton schreckte hoch. Seine gekrümmte Nase stach in die Luft. »Das haben Sie nicht gesagt.«
    »Sie werden es früh genug selbst sehen.«
    »Kommen Sie mit ins Haus.«
    »Es lässt sich nicht vermeiden?«
    »Nein.«
    Während die beiden Männer die Treppe hinaufstiegen, erklärte Copernic, warum er überhaupt noch zu Gautier gekommen war.
    Breton nickte nicht einmal. Seine Augenbrauen zuckten nur in die Höhe, als er in das Arbeitszimmer des Richters

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