0730 - Ssacah-Virus
elektronischen Geräte gab Zischlaute von sich. Oder war eine der Alarmanlagen ausgefallen? Schnell checkte sie die beiden Systeme. Nein, alles in Ordnung.
Annette van Doorn war, wie gesagt, sehr intelligent. Hochintelligent geradezu. Doch das nützte ihr in diesem Moment überhaupt nichts. Die am nächsten liegende Lösung fiel ihr erst nach weiteren bangen Minuten ein.
Schlangen.
Schlangen zischen!
Bist du jetzt total bekloppt?, tadelte sie sich selbst. Wie soll denn eine Schlange in dein Apartment kommen? Es gibt in Amsterdam ja haufenweise Verrückte. Gewiss ist auch der eine oder andere Schlangenfreund zwischen ihnen. Aber… aber nicht hier im Haus. Oder? Und selbst wenn… Wie soll so ein Vieh durch geschlossene Türen kommen? Oder kriecht es vielleicht an der Außenwand hoch? In den zweiten Stock?
Annette brach der Schweiß aus. Das Zischen wurde lauter. Eine Schlange… Aber wo? Als Kind hatte sie große Angst vor Schlangen gehabt. Sie erinnerte sich an einen Ausflug in das Naturschutzgebiet Veluwe. Starr vor Entsetzen hatte sie dort eine Schlange erblickt - die sich allerdings als harmlose Blindschleiche erwiesen hatte.
Eine Schlange mitten in Amsterdam!, rief die Stimme der Vernunft anklagend aus ihrem Inneren. Doch diese Stimme war bereits sehr leise geworden.
Und dann erblickte Annette das Tier!
Aber… war es wirklich ein Tier? Oder nicht vielmehr ein Kunstwerk?
Die Schlange schien aus Metall zu bestehen. Vielleicht aus Bronze oder Messing. Sie war nicht länger als Annettes Unterarm. Mitten auf dem Wohnzimmerteppich befand sie sich, einen Meter von den Computern entfernt.
Starr und regungslos verharrte die Schlange auf dem Velours-Teppichboden. Nun erkannte Annette, dass es eine Kobra war. Sie hatte ihren Kopf emporgereckt und fixierte die Brokerin mit ihren kalten Blicken.
Und dann kam eine zweite Schlange.
Entsetzt musste Annette mitansehen, wie eine zweite Kobra aus dem CD-ROM-Laufwerk eines Computers kroch.
Das… das kann es doch nicht geben! Das ist doch unmöglich!, gab der analytische Verstand der hochintelligenten Frau zu bedenken. Doch Annette hörte nicht mehr auf ihn. Instinkte, die schon die Menschen der Urzeit besessen haben, übernahmen die Kontrolle in ihrem Inneren.
Überlebensinstinkte.
Plötzlich spielte es für Annette keine Rolle mehr, dass sie nur einen Morgenmantel auf der nackten Haut trug. Sie raste zur Wohnungstür, zog die Riegel zurück.
Die beiden Schlangen krochen auf sie zu…
Mit fliegenden Fingern versuchte Annette, die dreifach verschlossene Apartmenttür zu öffnen. Sie hatte die grassierende Kriminalität aussperren wollen. Mit dem Ergebnis, dass sie nun mit zwei unheimlichen Schlangenwesen eingesperrt war!
Der Schlüssel hatte sich im Sicherheitsschloss verkeilt. Er ließ sich weder im Uhrzeigersinn noch anders herum drehen. Und auch nicht herausziehen.
»Neeeeiiiiiinnnn!!!«
Annette begann hysterisch zu schreien. Sie rüttelte an dem Schloss. Die beiden Messing-Kobras schlängelten sich noch näher an sie heran. In bösem Triumph blickten sie zu der blonden Frau auf.
Eines der dämonischen Wesen war nur noch eine Handbreit von Annettes linkem Fußknöchel entfernt. Schon öffnete es sein Maul, ließ die spitzen Giftzähne sehen.
Und dann geschah es!
Die Schlange schien plötzlich alle Kraft zu verlieren. Es war, als würde sie von einer unsichtbaren Lebensenergie verlassen. Der Metallkörper erschlaffte, rollte sich zusammen und erstarrte.
Gleich darauf erlitt die zweite Messing-Kobra das gleiche Schicksal.
Annette van Doorn hämmerte noch mindestens eine Minute schreiend gegen die verschlossene Tür. Erst dann erkannte sie, dass die Gefahr vorbei war.
Schaudernd blickte sie auf die beiden leblosen Schlangengestalten auf ihrem Veloursteppich. Ihr Instinkt sagte ihr, dass von diesen Wesen keine Bedrohung mehr ausgehen würde.
Erleichtert fiel Annette in Ohnmacht…
***
Karnataka Air Base, Bundesstaat Karnataka, Indien
Die zweimotorige Turpolew der indischen Luftwaffe landete auf dem Militärflugplatz südwestlich von Bangalore.
Der Flug von New Delhi war ohne Zwischenfälle verlaufen. Asha Devi verabschiedete sich mit einem zackigen Gruß von den Air-Force-Piloten.
In der Nähe des Towers wartete bereits eine viertürige Vauxhall-Limousine. Das Funkgerät links neben dem Lenkrad wies sie als Polizeifahrzeug aus.
»Wie ich es bestellt hatte!«, tönte die Inspectorin. »Da behaupte noch einer, wir Inder könnten nicht
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