0751 - Gespenster der Nacht
geschafft. Dr. Sträter war zudem ein hochqualifizierter Wissenschaftler, der sich mit vielen Gebieten beschäftigte und sich auch auskannte. Er war der Zeit und auch dem Jenseits auf die Spur gekommen, aber er ist gestorben, zu früh gestorben, und daran trägt ein Mann die Schuld.«
»Ich also!«
»Ja!« Dieses eine Wort knallte wie ein Peitschenschlag durch die Halle.
Mit der Antwort ließ ich mir Zeit. Aus seiner Sicht hatte er Recht.
Ich dachte darüber natürlich anders und begann damit, es ihm verständlich zu machen. »Mag Sträter für Sie auch so etwas wie ein Magier oder Übermensch gewesen sein, für mich war er das nicht. Er hat sich der falschen Seite zugewandt, denn er war dabei, Menschen ins Verderben zu reißen.«
»Nein! Nein und noch mal nein! Nicht er. Er wollte den Menschen die Augen öffnen.«
»Ja, für die Hölle!«
Da flammte es in seinen Augen auf. »Hölle?«, flüsterte er. »Ist es denn schlimm, die Hölle zu kennen? Existiert sie nicht schon seit der Urzeit? Hatte es damals nicht die erste Auseinandersetzung gegeben, den großen Beginn, der im Laufe der Zeit fortgesetzt wurde? Diese Auseinandersetzung ist noch längst nicht beendet, sie fängt immer wieder an, und Dr. Sträter hat das Seinige dazu beigetragen.«
»Er wählte den falschen Weg, Maitland, und das sollten auch Sie einsehen.«
»Nein, es war der Richtige. Er hätte damals viel erreichen können, aber du hast ihn gestört.«
»Das bereue ich nicht.«
Maitland lächelte kalt. »Ich habe dir gesagt, wer ich bin. Und ich werde auch dafür sorgen, dass du es bereust.«
Ich achtete nicht so sehr auf seine Drohungen, sondern dachte mehr darüber nach, wer dieser Viktor Maitland überhaupt war. Bisher war ich davon ausgegangen, es mit einem normalen Vampir zu tun zu haben, das aber wollte ich nicht mehr unbedingt unterschreiben. Daran glaubte ich nicht so recht. Er konnte auch eine ganz andere Person aus dem schwarzmagischen Dunstkreis sein oder aber überhaupt nicht zu ihnen gehören. Das war auch möglich.
Wer also steckte hinter dieser glatten Maske?
»Sie denken nach, Sinclair?«
»In der Tat.«
»Das hätten Sie vorher tun müssen, jetzt ist es zu spät. Hier kommen Sie nicht mehr weg!«
Seine Sicherheit machte mich unsicher. Das Gefühl war schnell verschwunden, denn ich vertraute auf meine eigenen Kräfte und dachte daran, dass sich in meiner rechten Tasche das geweihte Silberkreuz befand.
Gegen ihn, den Dämon, war es die ultimative Waffe. Da ich jetzt wusste, um was es ging, wollte ich sie auch nicht länger zurückhalten, sondern einsetzen.
Mit einer schnellen Bewegung holte ich das Kreuz hervor, hielt aber die Faust darum geschlossen. Nur die schmale Silberkette hing zwischen den Fingern hervor nach unten.
Ich drehte die Hand, sodass die Fläche nach oben lag. Dann öffnete ich ruckartig die Faust. Das Kreuz lag frei!
»Da ist es«, sagte ich und erwartete einen Schrei, ein Strahlen, ein sich Abwenden der Kreatur, aber das alles traf nicht ein. Victor Maitland tat nichts dergleichen. Er zuckte nur etwas zurück, bewegte seine Augen, um danach wieder auf das Kreuz zu schauen.
»Das ist die Waffe, die den Tod überwunden hat«, erklärte ich ihm. »Auch Sie werden keine Chance haben.«
»Tatsächlich nicht?«, fragte er spöttisch und breitete die Arme aus.
»Hier, Sinclair, hier…«
Er wollte es so, und ich war im Prinzip froh darüber, auch wenn ich hätte misstrauisch sein müssen, doch auch ich habe hin und wieder einen so genannten Blackout.
Ich warf das Kreuz auf ihn zu.
Er fing es auf – und lachte. Ich aber verstand die Welt nicht mehr und kam mir vor, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen…
***
In einem anderen Raum. In einem Verlies.
Tief in der Erde. Eingekerkert in einer furchtbaren Welt, wo der Schimmel wuchs, der Moder wie ein schwammiges Etwas durch die Gänge kroch und sich kein Mensch wohl fühlen konnte, das Grauen jedoch einen fruchtbaren Nährboden fand.
Hier hockte die Gestalt!
Sie war von feuchten, dicken Mauern umgeben. Sie lag auf dem Boden, sie kroch darüber hinweg, sie stieß gegen die Wand, sie schob sich im Dunkeln daran hoch, sie kam auf die Füße und blieb stehen, mit den bleichen Händen am Mauerwerk abgestützt, wobei sie von keuchenden und ächzenden Lauten umgeben wurde, die aus ihrem weit geöffneten Maul drangen, vermischt mit schleimigen Tropfen, die aneinander klebten, sodass sie beinahe eine Kette bildeten.
Das schwere Ächzen
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