0765 - Die Dämonen-Falle
Rhett war nicht mehr da. Aber zumindest um ihn brauchten sie sich keine Gedanken zu machen. Er hatte einen Zettel unter die Scheibenwischer des BMW geklemmt, dass er ein Taxi erwischt hatte und auf dem Heimweg war.
Nicole untersuchte Zamorras Wagen. Sie fand keine verdächtigen Spuren oder Hinweise darauf, was geschehen war. Sie und Aurelian liefen durch die angrenzenden Geschäfte, aber niemand konnte sich an Zamorra erinnern.
Inzwischen bestand für Nicole kein Zweifel mehr daran, dass hier irgendwas ganz und gar nicht stimmte.
Als sie die Straße überquerten, kam ihnen eine alte Marktfrau in einer schreiend roten Schürze entgegen. Sie war schon fast vorbei, als sie wie aus heiterem Himmel stehen blieb. Sie musterte Aurelian und wiegte nachdenklich den Kopf. Plötzlich trat Erkenntnis in ihr Gesicht.
»Sie Rüpel!«, fuhr sie den Pater an.
Aurelian sah sie verständnislos an. »Kennen wir uns?«
»Tun Sie doch nicht so unschuldig. Sicher, Sie haben sich umgezogen. Vorhin sahen Sie noch anders aus. Aber denken Sie bloß nicht, dass ich Sie ohne Ihre Soutane nicht erkenne.«
»Vorhin? Ich fürchte, Sie verwechseln mich, gute Frau.«
Die Alte verzog das Gesicht und stieß mit einem Finger in seine Richtung. »Sie meinen vielleicht, dass ich nicht mehr ganz klar im Oberstübchen bin. Da vertun Sie sich aber, mein Lieber. Was sind Sie überhaupt für ein komischer Geistlicher? Erst rennen Sie fast die Leute um, und dann…«
Sie verstummte und warf Nicole einen anzüglichen Blick zu.
»Es kann sich nur um eine Verwechslung handeln«, beeilte sich Zamorras Gefährtin zu sagen. »Wir sind eben erst in Roanne angekommen.«
»Ich habe doch Augen im Kopf.« Die Alte kicherte gehässig. »Mein liebes Kindchen, Sie können sich von diesem… diesem ehrenwerten Priester die Beichte abnehmen lassen, wann und wo immer Sie wollen.« Sie grinste schäbig. »Aber er soll aufpassen, wohin er seine Füße setzt, wenn er in Eile ist. Nicht jeder kann ihm so flink ausweichen wie ich.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Nicole.
Fantasierte die Alte, oder steckte mehr dahinter? Wenn sie meinte, Aurelian gesehen zu haben, hatte sie womöglich auch Zamorra gesehen.
Bevor Nicole ihr diese Frage stellen konnte, lief die Marktfrau zeternd davon.
Der Pater schaute ihr verständnislos nach. »So einen Zufall gibt es doch gar nicht«, grübelte er und schaute an sich hinunter. »Habe ich ein Stigma an mir? Woher wusste die Frau, dass ich Priester bin?«
»Weil sie dich heute schon in deiner Priester-Kleidung gesehen hat. Du hast es doch gehört.« Nicole winkte ab. »Schon gut, ich weiß auch, dass du im Château gewesen bist. Trotzdem hat sie dich gesehen.«
»Das gefällt mir immer weniger. Klingt so, als ob Zamorra in eine Falle getappt ist. Marchosias?«
Das befürchtete Nicole ebenfalls. »Hoffentlich hat Marchosias nicht schneller zugeschlagen, als wir erwartet haben.«
Doch alle Anzeichen sprachen dafür.
»Sieht jedenfalls fast so aus. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.«
Nicole ignorierte den besorgten Blick, den Aurelian ihr zuwarf. Sie nickte. »So wie die Dinge liegen, ist Zamorra nicht von allein gegangen.«
»Wir brauchen einen Anhaltspunkt. Irgendwo müssen wir mit der Suche beginnen.«
Nicole kniff die Lippen zusammen. Eine, wenn auch vage, Möglichkeit gab es. Zwar konnte sie den Dämonenjäger nicht erreichen, wohl aber…
Per Gedankenbefehl rief sie Zamorras Amulett.
Bange Sekunden vergingen, dann tauchte es auf. Plötzlich war es in Nicoles Hand. Egal, wo es sich befunden hatte, es hatte alle Hindernisse in kürzester Zeit überwunden, um dem Ruf zu folgen. Wände und Entfernungen spielten dabei keine Rolle, lediglich vor Dimensionsschranken musste es kapitulieren.
»Nun kommt es drauf an«, murmelte sie, während sie das Amulett in der Hand wiegte.
Sie betrachtete die handtellergroße Silberscheibe. Ein Silberband mit bislang nicht entzifferten Hieroglyphen bildete den äußeren Rand. In der Mitte befand sich ein stilisierter Drudenfuß, um den die Symbole der zwölf Tierkreiszeichen angeordnet waren.
Mit sanftem Fingerdruck brachte Nicole einige der Hieroglyphen in andere Positionen, bis eine bestimmte Kombination erreicht war.
Aurelian beobachtete sie aufmerksam. Mit ihren Manipulationen löste sie eine der magischen Funktionen von Merlins Stern aus.
Die Zeitschau!
Bis zu vierundzwanzig Stunden ließ sich damit in die Vergangenheit sehen, allerdings nur in unmittelbarer Umgebung des
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