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0770 - Die andere Seite der Hölle

0770 - Die andere Seite der Hölle

Titel: 0770 - Die andere Seite der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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verirrt, Fremde, die sich wunderten, daß die kleine Kirche so abseits gebaut war. Wenn sie mit denen geredet haben, Mr. Sinclair, dann haben Sie die gleichen Antworten erhalten. Die Menschen waren unangenehm berührt, sie fröstelten sogar, und sie haben auf Nachfragen immer wieder erklärt, daß ihnen etwas fehlen würde. Diese Kapelle hat sie nicht angezogen, sondern abgestoßen. Eine Frau hat mal davon gesprochen, daß etwas Unsichtbares und trotzdem Schleimiges und Böses zwischen den Mauern in den tiefen Schatten lauern würde. Wie gesagt, so denken wir, so dachten auch die Fremden, nur eben Elenor nicht. Sie war die große Ausnahme, und sie ist immer wieder hingegangen.«
    »Hat sie sich denn verändert?«
    Der Polizist hob die Arme und ließ sie wieder fallen. »Das dürfen Sie mich nicht fragen, denn so gut kenne ich sie nicht. Es wird am besten sein, wenn Sie sich an ihre Eltern wenden, was heute und in den nächsten Tagen nicht möglich sein wird, weil die Hopkins verreist sind. Sie wollten dem Rummel entgehen, denke ich.«
    »Wie standen sie zu ihrer Tochter?«
    Der Konstabler strich über seinen Schnauzbart. »Das ist schwer zu sagen, Sir. Wenn Sie mich danach fragen, wie sie zu den heilenden Kräften standen, kann ich Ihnen nichts sagen. Beide haben sehr wenig darüber gesprochen, Sir.«
    »Danke.«
    »Was wollen Sie denn tun?«
    »Leider ist das Mädchen verschwunden.«
    Er lächelte hintersinnig. »Ich könnte mir auch vorstellen, wohin sie gegangen ist.«
    »Ja, zur Kapelle.«
    »Eben.« Er fühlte sich etwas unwohl. »Ich will mich nicht aufdrängen«, sagte er leise. »Aber wenn Sie wollen, dann begleite ich Sie, Mr. Sinclair.«
    »Das ist nicht nötig. Ich bin nicht allein gekommen. Aber Sie haben recht. Wir werden der Kapelle einen Besuch abstatten. Nach der Rückkehr reden wir wieder.«
    Sein Gesicht zeigte Besorgnis. »Seien Sie trotzdem vorsichtig, Sir. Man weiß ja nicht, was dort lauert.«
    »Klar. Und danke für die Rettung.«
    Er straffte sich. »Das gehört eben zu meinen Pflichten.«
    Ich schlug ihm auf die Schulter und ging auf das Haus zu. Die Menschen hatten sich zwar zurückgezogen, sie waren aber nicht verschwunden, sondern standen auf den Gehsteigen und der Straße am Rand des Grundstücks. Böse schauten sie mich an. Fäuste wurden drohend gereckt. Die waren in der Stimmung, um Steine zu werfen, und mir kamen schreckliche Bilder in den Sinn, die über unsere Mattscheiben geflimmert waren, als man über die Ausschreitungen gegen Ausländer in Germany berichtet hatte.
    Das hatte mich tief getroffen. So etwas gab es leider auch bei uns. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, was in den Köpfen dieser verblendeten Jugendlichen vorging. Als wäre Europa nicht schon einmal durch diese und ähnliche Bestien in ein tödliches Chaos gestürzt worden.
    Ich wischte die bedrückenden Gedanken fort und blieb an der Hauswand stehen. Der Schmutz an meiner Kleidung war inzwischen getrocknet. Ich wischte ihn so gut wie möglich ab und klopfte auch einige Male auf den Stoff. Zeit, um mich umzuziehen, hatte ich nicht. Ich wollte auch zu Suko und Jane.
    Erst jetzt fiel mir auf, daß ich beide noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Das wiederum wunderte mich. Wer am Fenster stand, hätte sehen müssen, was sich im Garten abspielte. Warum hatten sie nicht eingegriffen und sich bisher nicht sehen lassen?
    Das war schon komisch.
    Ich ging an der Seite entlang, um den Eingang zu erreichen. Der Wind blies mir ins Gesicht. Er war kälter geworden. Auch hatte sich die Sonne wieder hinter den grauen Wolkenbergen versteckt. Es schien, als hätte sie wegen Elenor Abschied genommen.
    Als ich meinen rechten Fuß auf die erste Treppenstufe gesetzt hatte, wurde die Tür von innen aufgezogen. Suko stand auf der Schwelle. Mit einer Hand stützte er sich am Rahmen ab.
    Ich sah sofort, daß etwas passiert war. Er machte den Eindruck, als wäre er nicht ganz in der Welt.
    Blitzschnell war ich bei ihm und drängte ihn zurück in das Haus.
    Dort setzte er sich nieder. Jetzt sah ich auch die Platzwunde an seinem Hinterkopf und das getrocknete Blut.
    »Jane?« fragte ich.
    »Wer sonst? Sie hat mich reingelegt, John. Sie hat es verdammt geschafft.«
    »Und?«
    »Nichts und!« sagte Suko wütend. »Jetzt ist sie weg. Verschwunden, ist zu ihr gegangen. Du kannst dir nicht vorstellen, welch eine Veränderung sie durchgemacht hat. Das ist eine völlig fremde Person geworden. Jane steht voll und ganz auf der Seite des Mädchens.

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