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0794 - Das Zauber-Zimmer

0794 - Das Zauber-Zimmer

Titel: 0794 - Das Zauber-Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und dass die Arme an den Schultern noch hielten, glich beinahe einem Wunder.
    Aber Harry packte es. Er zerrte mich hoch. Der schlimmste Moment war der, als ich gezwungen war, den Griff loszulassen. Wenn Harry jetzt nicht Acht gab, dann…
    Er warf sich nach hinten. Dabei zog er mich mit und bäuchlings aus der Kabine heraus. Ich fiel auf den Bauch, Harry lag auf dem Rücken, und ich spürte die Kante des Fahrstuhlschachts an meinen Schienbeinen. Ich drückte mich vor und kroch den Rest der Strecke heraus. Erschöpft blieb ich auf dem Boden liegen. Beim Atmen würgte ich, ich fühlte mich völlig erledigt, aber auch glücklich, obwohl das Zittern bei mir noch überwog.
    Der Kommissar hatte mich losgelassen. Er stand auf und schwankte ebenfalls, als er zwei Schritte zurückging, um dann vorzutreten.
    Er ging an mir vorbei und blieb vor der Kabine stehen.
    Ich ruhte mich noch aus. Dann hörte ich ihn sprechen, und er wirkte, als wäre er von der Rolle. »Verdammt noch mal, das ist doch nicht möglich. Das gibt es nicht…«
    »Was gibt es nicht?«, keuchte ich.
    »Da ist alles normal. Es ist kein Loch mehr vorhanden. Der Boden ist wieder da.«
    »Was?«
    »Ja, alles normal.«
    Ich schloss für einen Moment die Augen, während ich die Beine anzog und die Hände gegen den Boden stemmte, um aus eigener Kraft wieder auf die Beine zu kommen. Es gelang mir sehr schnell, nur das Ziehen in den Oberschenkeln hatte noch nicht nachgelassen.
    Der Kommissar wandte mir den Rücken zu und starrte in die Kabine. Er hatte seine Hände rechts und links davon an der Wand abgestützt, schüttelte den Kopf, als könnte er diese Welt nicht mehr begreifen. Erst als ich in seiner Nähe stand, drehte er sich um, sodass er auch mir einen freien Blick gestattete.
    »Siehst du es, John?«
    Ich sah es, ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, denn alles, was es zuvor gegeben hatte, all der Schrecken, die große Falle, die Musiker, der bodenlose Abgrund und auch das von mir erkannte Bild waren nicht mehr da.
    »Nun?«
    Ich winkte ab. »Das ist nicht wahr.«
    »Doch, ist es.«
    Ich schob einen Fuß vor, setzte die Sohle behutsam auf den Kabinenboden und fand tatsächlich den Widerstand, wie er sich gehörte.
    Alles war vorhanden. Ich hätte eine Wette darauf angenommen, dass der Untergrund nicht mehr zusammenbrach oder verschwand, wenn er mein Gewicht spürte, aber ich blieb trotzdem draußen.
    »Das war die Falle«, sagte Harry leise.
    Ich nickte. »Die erste.«
    »Sicher.«
    »Die Musiker sind gefährlicher, als ich dachte«, murmelte ich und trat von der Öffnung zurück. »Ich weiß nicht, welche Funktion sie hier ausüben, aber ich möchte sie nicht als harmlos einstufen. Vielmehr habe ich das Gefühl, dass sie irgendetwas in Bewegung setzen. Nur dafür sind sie eigentlich hier.«
    »Haben sie auch die Macht, hier etwas zu verändern?«
    Ich hob die Schultern. »Das weiß ich nicht genau, Harry. Für mich allerdings hat sich trotzdem etwas verändert, und da meine ich nicht nur das Verschwinden des Bodens. Als ich dort hing, habe ich etwas gesehen, das kaum zu glauben ist.«
    »Was denn?«
    »Unten im Schacht malte sich etwas ab, und es war nicht der Boden, sondern ein Bild.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, du hast richtig gehört. Ich habe eine Szene oder ein Bild gesehen. Es war starr, und trotzdem hatte ich den Eindruck, dass es lebte.« Mein Blick verlor sich. »Das kann an den Schaumkämmen der Wellen gelegen haben, die auf das Ufer zurollten.«
    Jetzt schaute mich Harry an, als wäre ich übergeschnappt. Er schüttelte den Kopf, aber er lachte nicht. Nur sein Mund hatte sich verzogen, und in den Augen stand Skepsis. »Weißt du eigentlich, was du da gesagt hast, John?«
    »Natürlich.« Ich zerrte die Tür wieder zu und betrachtete den normalen Boden. »Du kannst mich für übergeschnappt halten, aber das bin ich nicht, denn im Schacht, ob an seinem Ende oder noch davor, das weiß ich nicht, sah ich das Bild, dessen Hauptmotiv nackte Menschen waren…«
    Harry nickte, ohne überzeugend zu wirken. »Zwei nackte Menschen – wie?«
    »So ist es gewesen.«
    »Und weiter?«
    »Sie hockten dicht beieinander auf einem rauen Felsen, der von Fluten umspült war.«
    »Beide?«
    Ich nickte.
    »Beide auch nackt?«
    »Ja, zum Henker.« Ärger stieg in mir hoch, weil mir Harry nicht glaubte. Gleichzeitig verstand ich auch ihn, denn es war nicht einfach, das zu glauben.
    Harry Stahl schwieg. Meine Reaktion hatte ihn dazu getrieben. Er wusste nicht

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