0795 - Entführt in die Totenstadt
folgen ließ, mit dem er vor wenigen Sekunden den Muskelprotz ins Reich der Träume geschickt hatte.
Ein Schrei aus der anderen Ecke des Raumes bestätigte Zamorra, was er längst vermutet hatte. Auch Asha hatte mit ihrem Gegner keine Probleme. Tatendurstig wandte sie sich Sekunden später an Zamorra. »Planung kann Zeitverschwendung sein«, triumphierte sie. »Oder hatten wir irgendwelche Probleme?«
Zeit zum Antworten ließ sie ihnen allerdings nicht, sondern wandte sich dem einzigen der vier Kerle zu, der noch bei Bewusstsein war. Es war derjenige, dem Asha vor etwa einer Minute, als sie in das Zimmer gestürmt war, in die Hand geschossen hatte. Er saß zusammengekauert an die Wand gelehnt und presste seine verletzte Schusshand in seine Magengrube. Leise fluchte er vor sich hm, sein Blick huschte im Raum hin und her, verweilte jeweils kurz auf seinen niedergeschlagenen Kollegen.
»Du siehst, wie schnell sich das Blatt wenden kann«, herrschte Asha den Verletzten an. »Und ich sage dir, du tust gut daran, mir alles mitzuteilen, das ich von dir wissen will.« Mit diesen Worten richtete sie ihre Waffe auf den Kopf des nun zitternd Dasitzenden.
Zamorra beobachtete die Situation, bereit, sofort einzugreifen, falls es nötig sein sollte. Doch obwohl er Asha vieles zutraute, war sie sicher nicht in der Lage, den Verbrecher vor ihr zu erschießen.
Aber sicher war sicher… Asha war persönlich betroffen und extrem angespannt. Seit der Wahrsager die Andeutung gemacht hatte, dass Vasu möglicherweise die Grenze des Todes überschritten habe, war sie noch unberechenbarer geworden.
»Auch wenn ihr eine Scheiß-Spezialeinheit sein müsst«, antwortete der Bedrohte, »so wirst du mich trotzdem nicht erschießen.« Aus Gewohnheit hatte Asha vorhin »Polizei!« geschrien, als sie eingedrungen war. Nun wägte sich der Verbrecher in relativer Sicherheit, da die indischen Behörden natürlich keine Killerkommandos waren.
»Täusch dich nicht«, sagte Asha gefährlich leise und spannte den Zeigefinger über dem Abzug ihrer Waffe. »Ich war neulich erst wegen Brutalität bei Verhören vom Dienst suspendiert und bin momentan sowieso draußen.«
Zamorra wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Aber ob sie daraus wirklich den Schluss ziehen würde, als killende Rächerin durch die Gegend zu ziehen? Verdammt noch mal, er war sich nicht sicher. Er wechselte einen raschen Blick mit Nicole und sah ihr an, dass es ihr genauso ging. War Asha dabei, endgültig die Kontrolle über sich zu verlieren?
Sie durften nicht zulassen, dass Asha hier Amok lief…
***
In der Totenstadt Yamapura
Der Bote Yamaduta sprach bei seinem Herrn vor. Getreue Diener wuselten um den Totengott Yama, der wie immer rot und grün gekleidet war. Neben seinem Thron stand seine schwere Keule, an einer speziellen Haltevorrichtung hing seine Schlinge, mit der er stets seine Opfer fing. Sie war aus dünnem, aber extrem widerstandsfähigem Material gefertigt, das zusätzlich durch Magie gehärtet war.
»Du wirst dich nochmals in die Welt der Menschen begeben müssen, Yamaduta«, befahl Yama seinem Boten.
»Ist es erneut wegen diesem… Halbgott?« Yamaduta spuckte das Wort verächtlich aus.
»Ich weiß, dass du es Leid bist, deine geliebten Totenführungen nun schon zum dritten Mal wegen Vasu unterbrechen zu müssen, doch diesmal wird das letzte Mal sein«, besänftigte der Totengott seinen Boten.
Yamaduta war über Yamas Einsichtigkeit verblüfft. Er schien ihm tatsächlich Verständnis entgegen zu bringen. Er musste äußerst guter Laune sein, wenn er nicht einfach nur befahl, sondern seine Befehle mit Erklärungen untermauerte. »Ihr seid mir keine Rechenschaft schuldig«, sagte der Bote deshalb.
»Doch ich bin guter Dinge. Vasus Ausbruchsversuch ist kläglich gescheitert, du hast sehr gute Arbeit geleistet.« Yama zog eine Falte seiner Kleidung glatt. »Wie fast immer.«
»Fast immer, Herr?« Yamaduta befürchtete, dass die Einsicht seines Herren nur gespielt war und nun das dicke Ende kommen würde. Die emotionalen Ausbrüche des Totengottes waren weithin bekannt und gefürchtet.
»Die Menschen, die du mit Vasus Entführung beauftragt hast«, erklärte der Totengott, während einer seiner Diener, eine Leiche, der der rechte Arm fehlte, seine Keule polierte.
»Was ist mit ihnen? Sie haben ihren Auftrag treu ausgeführt.«
»Das haben sie«, bestätigte Yama. »Doch ich weiß, dass Vasus Künder und seine Mutter bereits auf der Suche nach ihm sind. Und die
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