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0797 - Rasputins Tochter

0797 - Rasputins Tochter

Titel: 0797 - Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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von oben nach unten und schnitt die dünne Runzelhaut der Wange ein wie einen Streifen Papier. Die Wunde war da, das Blut auch, es sickerte nur hervor, doch der alte Mann war nicht um einen Schritt zurückgewichen. Er blieb stehen, schaute die Frau an, lachte ihr ins Gesicht.
    »Was ist so komisch?«
    »Das.« Er hob die Hand und machte es Larissa nach. Von zwei Seiten presste er die faltige Haut über der dünnen Wunde zusammen, sodass sie wie zugenäht aussah.
    Als er seine Hand löste, da quoll kein Tropfen mehr aus dem Spalt. Die Wunde war tatsächlich zu, verheilt…
    »Nun?«
    Larissa nickte. »Das ist der Beweis. Ich habe es bisher nicht wahrhaben wollen, aber mein Blut hat dich tatsächlich stark gemacht.«
    »Nicht nur mich, auch die anderen, ich weiß es.« Er deutete hoch zur Galerie.
    Larissa war zufrieden. Sie winkte zu ihren Helfern hoch, und die verstanden das Zeichen.
    Der Reihe nach setzten sie sich in Bewegung. Sie nahmen beide Treppen, als sie nach unten gingen. Larissa wartete, bis sie bei ihr waren und wandte sich dann an den Greis.
    »Ich habe dich gut kennen gelernt, denke ich, aber ich weiß nicht einmal deinen Namen.«
    »Den habe ich vergessen.«
    »Wie soll ich dich ansprechen?«
    »Väterchen«, sagte er, kicherte dabei, drückte die Hände zusammen und bewegte sich verlegen. »Sag einfach Väterchen zu mir. Das höre ich besonders gern. Ich bin es gewohnt. Viele haben mich im Laufe der Zeit so genannt.«
    Larissa lächelte. »Dann will ich es auch tun.«
    »Ja.« Er nickte und strahlte. In den Augen und Gesichtsfalten schien sich der Schein einer glänzenden Sonne eingenistet zu haben.
    Larissa war die Königin und hatte dies akzeptiert. Um sich jedoch mit der Rolle abzufinden und um auch von den anderen akzeptiert zu werden, konnten sie nicht einfach hier herumstehen und Däumchen drehen. Sie mussten etwas tun, dieses Kloster eignete sich als Ausgangsbasis, zu mehr auch nicht, falls nicht andere darauf kamen, hier nach dem Versteck der Jünger Rasputins zu suchen.
    »Wir sind hier!«, sprach sie ihr ›Volk‹ an. »Aber wir werden nicht bleiben. Wir sind erstarkt, und wir brauchen uns nicht zu verstecken. Deshalb werden wir es unseren Feinden zeigen.« Sie blickte sich um und erntete keinen Widerspruch, nur Nicken.
    »Was schlägst du vor?«, fragte Väterchen.
    »Ich nichts. Ich bin zu neu, ich muss mich erst zurechtfinden, aber ich werde euch führen.«
    Väterchen nickte. Er reckte den Arm hoch. Seine Hand ballte sich zur Faust. Es war eine wilde, ungestüme Geste, die zeigen sollte, dass er zu allem entschlossen war.
    »Wir sind nicht allein auf der Welt!«, sprach er mit lauter, leicht kreischender Stimme. »Es gibt viele, die nicht auf unserer Seite stehen, andere sind neutral. Um die werden wir uns später kümmern. Zunächst aber müssen wir an unsere Feinde heran, und ich weiß, wo wir sie finden können.«
    »Wo denn?«, fragte Larissa.
    »Auch in einem Kloster. Es sind die orthodoxen Mönche, die nicht zu uns gehören! Sie haben uns immer kontrolliert und versucht, uns auszuspionieren. Es ist schon fast dunkel. Bis wir das Kloster erreicht haben, ist es Nacht, und ich habe gesehen, dass du mit einem großen Wagen gekommen bist. Wir passen alle hinein – nicht?«
    »Das stimmt.«
    »Was hält uns dann noch?«, schrie der Greis.
    Alle waren einverstanden. Sie jubelten, und Larissa spürte die Welle der Gewalt, die von ihnen ausging. Genau das liebte sie, denn sie war nicht anders.
    »Wir fahren!«, entschied sie.
    Väterchen jubelte. Er zeigte ihr die Hände. »Mit den eigenen Fingern werde ich sie töten. Ich steche ihnen die Augen aus, sie sollen es nicht überleben.«
    Larissa nickte. Sie spielte mit dem Messer, warf es hoch, fing es wieder auf, zog es blitzschnell über ihre Zunge und schluckte das herausquellende Blut.
    Ihre Diener beobachteten es mit Staunen und Freude. Sie sahen sich schon längst auf der Siegerstraße, nichts konnte mehr schief gehen. Mit diesem Gefühl enterten sie die leere Wagenfläche.
    Larissa und der Greis waren in das Führerhaus geklettert: Die Frau startete. Auch sie fühlte sich wie auf Wogen dahinschwebend, dachte nur an ihr Ziel, an Blut, an Magie.
    Aber sie dachte nicht daran, einen Blick auf den Benzinanzeiger zu werfen und auch nicht an das Schicksal, das zumindest manchmal versuchte, für Gerechtigkeit zu sorgen…
    ***
    Wir erreichten das Kloster, als die Dämmerung dabei war, sich zu verabschieden und der Dunkelheit Platz zu machen.

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