0800 - Luzifers Höllenfestung
damit überflüssig.
Zamorra befand sich also im Dorf. Kein Problem, ihn dort zu finden. Gryf hatte keine Lust, im Château zu warten, bis der Meister des Übersinnlichen wieder zurückkehrte. Also wandte er seine Druiden-Magie an und konzentrierte sich auf Zamorra.
Eine klare Vorstellung des Freundes… eine Vorwärtsbewegung, und mit einem magischen Gedanken löste Gryf den zeitlosen Sprung aus. Dazu benötigte er die Regenbogenblumen nicht, seine eigene innere Kraft reichte aus. Von einem Moment zum anderen befand er sich nicht mehr in seiner Blockhütte, sondern in Frankreich…
In der Hölle!
Im ersten Moment schien es ihm so zu sein. Er sah Tote, die eben aus ihren Gräbern gestiegen sein mussten, und er sah Zamorra und Pater Ralph eng aneinander geduckt und von dem grünen Schutzfeld umgeben. Er sah aber auch die Fürstin der Finsternis, die genau in diesem Moment ihren nächsten Angriff startete.
Gryf zögerte keine Sekunde.
Um in die Auseinandersetzung einzugreifen, fehlten ihm Hintergrundinformationen. Er begriff nur, dass hier einiges nicht stimmte. Zamorra brauchte Hilfe. Und zwar sofort!
Er griff mit beiden Händen zu, stellte den Körperkontakt her. Mit rechts Zamorra, mit links den Pater, riss er die beiden in seinen zeitlosen Sprung, der ihn zurück zu seiner Hütte brachte.
Hier waren sie erst mal in Sicherheit.
Tief holte er Luft und wandte sich dann Zamorra zu.
»Was, bei Merlins hohlem Backenzahn, habt ihr jetzt wieder für einen Unfug angestellt? Kleine Jungs kann man doch keine zehn Minuten allein lassen!«
***
In Höllentiefen sah Lucifuge Rofocale interessiert zu, was aus dem Überrest Calderones wurde. Er hatte den Klumpen in einen Zauberkreis gelegt und murmelte unablässig dunkle Zaubersprüche.
Allmählich wurde das Licht ringsum schwächer. Es war, als würde es aufgesogen von etwas Unbegreiflichem. Doch noch ehe es endgültig dunkel werden konnte, handelte Lucifuge Rofocale.
Er ließ einige verlorene Seelen herbeibringen. Verdammte, die den höllischen Seelenfängern in die Klauen gefallen waren. Die sich zu bösen Taten hatten verleiten lassen, die sich dem Teufel verkauften. Verbrecher, Sektenführer, Volksverhetzer. Solange die Blutverträge galten und sie taten, was Satan wünschte, hatten sie ein gutes Leben geführt. Aber irgendwann endete jeder Vertrag und Satan forderte seinen Preis. Oder Dämonenjäger wie Zamorra machten sie unschädlich, töteten ihre Körper, konnten aber die Seelen nicht retten.
Einige dieser verdammten Seelen wurden zu Lucifuge Rofocale geschleppt. Ihre Schreie waren Musik in seinen Ohren, und schließlich setzte er sie in Brand. Das teuflische Feuer begann sie zu verzehren und schuf gleichzeitig neues Licht, das wiederum teilweise von der klumpigen Masse aufgesogen wurde.
Die Seelen schrumpften brennend und litten auf ihrem letzten Weg durch die Hölle. Es gab für sie nicht einmal die Hoffnung, dass danach alles vorbei war, denn etwas blieb immer übrig und wurde eins mit der Substanz, aus der die Schwefelklüfte bestanden. So ging ihr Leiden weiter bis in alle Ewigkeit.
Der Klumpen aber wuchs und nahm langsam Form an.
Die Form eines Menschen.
Aber damit war es längst nicht genug. Denn das, was unter Lucifuge Rofocales Zauberworten entstand, würde niemals ein Mensch sein können.
Es war ein Ungeheuer, das nur teilweise äußerlich einem Menschen glich. Es war ein Zerrbild.
Und es war der personifizierte Tod.
***
»Verdammt«, sagte Zamorra, was ihm einen verweisenden Blick des Paters eintrug. »Unfug nennst du das? Für die. Menschen im Dorf geht es um Leben oder Tod!«
»Das geht es doch irgendwie immer, oder? Von Geburt an. Memento mori, hieß es im antiken Rom - bedenke, dass du sterblich bist. Auch wir Unsterblichen sind nicht mit ewigem Leben verflucht.«
»Hör zu, mon ami. Danke, dass du uns gerettet hast. Aber es geht wirklich um mehr. Stygia führt einen Großangriff durch. Wir müssen sie irgendwie stoppen. Und zwar sofort.«
»Warum tut sie das?«, fragte der Druide. »Was bringt es ihr, wenn sie das Dorf von einer Horde von Toten überfallen lässt?«
»Vielleicht will sie mir schaden, mich psychisch fertig machen. Sie zeigt mir, dass sie jederzeit Freunde und Verbündete auslöschen kann. Und das auf eine recht grausige Weise. Da steckt mehr hinter. Gryf, wir müssen etwas tun.«
Der Druide maß ihn mit einem abschätzenden Blick. »Du erst mal nicht«, sagte er dann. »Du bist ziemlich fertig und brauchst Ruhe.
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