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082 - Niemand hört dich schreien

082 - Niemand hört dich schreien

Titel: 082 - Niemand hört dich schreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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verlassen hatte. Sie begab sich zur Tür.
    »Wo willst du hin?« fragte Paul Irving.
    »Ich muß Whisky suchen.«
    »Bleib hier, der kleine Ausreißer kommt schon von selbst wieder.«
    »Ich habe keine Ruhe, wenn ich nicht weiß, wo er steckt«, sagte das Mädchen und verließ das Wohnzimmer. Wenn der Verwalter etwas weniger Scotch intus gehabt hätte, hätte er seine Tochter daran gehindert. Der Alkohol benebelte ihn ein wenig, und genau das hatte er erreichen wollen. Das Mädchen mit den blutigen Händen… Kein toter und kein lebendiger Nick Carpenter… Diese unheimlichen Wahrnehmungen in der Folterkammer des Hexers… Er brauchte zu all dem einen gewissen Abstand, um klar überlegen und für sich und seine Tochter eine richtige Entscheidung treffen zu können.
    Carole suchte den Hund im ganzen Obergeschoß. Immer wieder rief sie den Namen des Tiers. Wenn Whisky sie gehört hätte, wäre er sofort gerannt gekommen, oder er hätte gebellt, um sich bemerkbar zu machen.
    Da!
    Carole Irving drehte sich um. Dünn, von weither geisterte ein kurzes Bellen durch das düstere Schloß. »Whisky!« stieß das Mädchen sofort besorgt hervor. »Whisky!« wiederholte sie lauter und eilte in die Richtung, aus der das Bellen gekommen war.
    Jetzt hörte sie es wieder. Kurz und trocken, irgendwie fremd. War das Whisky? Aber wer sonst sollte im Schloß bellen? Es konnte nur der kleine Rauhhaardackel sein, Caroles Liebling. Es gab nichts, was sie für ihn nicht getan hätte. Das niedliche, anhängliche Tier war ihr so ans Herz gewachsen, daß sie ihn nicht gegen alle Schätze der Welt eingetauscht hätte.
    Abermals bellte er. Carole befand sich schon auf der steinernen Wendeltreppe, lief diese hinunter, hielt sich am eisernen, vom Rost angenagten Handlauf fest. Das Klappern ihrer schnellen Schritte umhallte sie.
    Im Erdgeschoß blieb sie keuchend stehen. Es fiel ihr nicht leicht, kurz den Atem anzuhalten und zu lauschen. Nichts war zu hören, nur das kräftige Schlagen ihres Herzens.
    Erst als sie den Hund rief, gab er Antwort. Im Schloßkeller befand er sich! Carole zögerte keine Sekunde, weiterzueilen. Daß ihr dort unten möglicherweise Gefahr drohen konnte, überlegte sie sich nicht. Sie dachte nur an den Hund, hinter dem vielleicht eine Tür zugefallen war, und der deshalb nicht zu ihr zurückkehren konnte.
    Jetzt kläffte das Tier. Es klang verzweifelt. Sofort verdoppelte sich Caroles Sorge. Sie befürchtete, daß der Rauhhaardackel sich verletzt hatte. Ein banger Druck legte sich auf ihre Brust. Nervös strich sie sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und lief wieder abgetretene Steinstufen hinunter.
    Und dann befand sie sich in dem kalten, schummrigen Gewölbe unter der Erde, war umgeben von dicken grauen Steinmauern und wußte nicht, wohin sie eilen sollte.
    Sie machte Licht, aber sehr hell wurde es nicht. »Whisky!« rief sie mit belegter Stimme. »Wo bist du?«
    Das Tier antwortete nicht mehr. Für Carole bedeutete das nichts Gutes. Whisky konnte nicht mehr antworten! Die Augen des Mädchens füllten sich mit Tränen. Sie bangte um das Leben ihres Lieblings.
    Es darf ihm nichts zugestoßen sein! schrie es in ihr.
    Erneut rief sie ihn und drehte sich dabei um ihre eigene Achse. Nichts. Keine Antwort. Kein Bellen, kein unglückliches Kläffen, kein Winseln… Gar nichts.
    Carole biß sich verstört in die Faust. Fast verrückt war sie vor Sorge um den Hund. Aufs Geratewohl rannte sie weiter. In unregelmäßigen Abständen rief sie den Namen des Tieres, und jede Sekunde verschlimmerte ihre Angst um den Dackel.
    Sie bekam kaum mit, daß sie sich der offenen Tür der Folterkammer näherte. Wie in Trance durcheilte sie die unheimliche Unterwelt. In ihrem Kopf hatte nur ein Gedanke Platz: Whisky!
    Bedenkenlos, geistesabwesend betrat sie die Schreckenskammer des Hexers. Sie spürte die unnatürliche Kälte nicht, die den Raum erfüllte. Wie ein Damoklesschwert hing die Gefahr über ihr, doch sie bemerkte es nicht.
    Erst als das Licht flackerte, stutzte Carole Irving. Aber da war. es schon zu spät.
    ***
    Es stimmte. Vicky Bonney und Jubilee wurden beobachtet. Reglos stand der Mann da, halb verdeckt vom dunklen Stamm einer alten Eiche. Eine erschreckende Grausamkeit brannte in seinen dunklen Augen, und ein ungeduldiges Zucken hing um seinen Mund.
    Er war einer von Clive Pendrakes Folterknechten, der einzige bisher, der Drake Castle verlassen hatte.
    Diese Mädchen waren genau das Richtige für Pendrake. Leichte Beute. Der

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