0822 - Nomaden der Hölle
kein hochwertiges Blut zu sich nehmen konnte. Ähnliches war sicherlich schon jedem Angehörigen des Nachtvolkes widerfahren, doch so etwas konnte man durchaus überstehen.
Sabeth Schwäche musste einen weiteren Grund haben - Hunger alleine konnte es nicht sein. Tahum war ganz sicher, dass sich der Zustand seiner Geliebten schnell verbessern würde, wenn sie dieses Dschungellabyrinth endlich verlassen hatten.
Doch das schien unmöglich zu sein.
Tahum starrte auf den Stamm eines der Baumriesen. In die Rinde war ein Kreuz eingeritzt. Niemand anderes als er selbst hatte das gemacht - als Zeichen, um diesen Gang als Sackgasse zu kennzeichnen.
Nun standen sie wieder an dieser Stelle. Es war nicht das erste Mal, dass dies geschah. Verzweifelt lehnte sich der Krieger mit der hellbraunen Hautfarbe gegen den Baum.
Sabeths schmale Hand legte sich zärtlich auf Tahums nackte Schulter. Sie spürte die Verzweiflung bei ihrem Geliebten. »Wir werden den Ausgang schon finden. Du darfst nicht aufgeben, Tahum. Wir müssen nur einfach weiter danach suchen.«
Der Krieger nahm die junge Frau in die Arme. »Vielleicht werden wir nicht mehr genug Zeit haben. Ich fürchte…« Er unterbrach sich, weil tief aus dem Boden heraus eine Erschütterung an die Oberfläche drängte. Doch bevor sie das Refugium erreichen konnte, ebbte sie ab. »Hast du es gespürt? Vielleicht wird schon das nächste Beben hier alles in Trümmer legen. Und uns gleich mit. Ich weiß mir keinen Rat mehr, Sabeth. Ich bin dir ein schlechter Beschützer.«
Die Königin nahm ihre ganze Kraft zusammen. »Hör zu, hör mir gut zu! Wir lassen uns nicht entmutigen. Komm, wir müssen weiter. Noch haben wir eine Chance.«
Sie glaubte ihren eigenen Worten nicht, doch vielleicht konnte sie so Tahums Reserven mobilisieren.
Diese Arbeit wurde ihr jedoch noch im gleichen Augenblick abgenommen. Drastisch und schrecklich zugleich! Und von einer Seite, mit der sie niemals gerechnet hätte.
Der Boden hob sich mit einem einzigen Ruck um gut einen Meter in die Höhe. Sabeth und Tahum, die sich umklammert hielten, wurden von den Beinen gerissen und brutal gegen die Gangwand gedrückt. Verzweifelt hielt der Krieger seine Königin fest und blickte sich hektisch nach einer Rettung um. Das Beben war nicht direkt unter ihnen; Tahum schätzte, das es sich einige Gänge links von ihnen ereignet hatte. Wie es dort nun aussah, mochte er sich nicht ausmalen. Ein ohrenbetäubender Lärm begleitete das Ereignis - berstendes Holz, wegsprengende Gesteinsformationen…
Als sie aufeinander trafen, entstand ein Crescendo der Zerstörung, das nicht mehr enden wollte.
Sabeth schrie Tahum irgendetwas zu, doch der konnte kein einziges Wort verstehen. Einen Herzschlag später wusste er, dass Sabeth ihn hatte warnen wollen. Sie hatte weiter gedacht als der Krieger, dessen Verstand dem ihren in diesem Punkt unterlegen war. Wenn das Beben irgendwo neben ihnen eine Woge der Zerstörung ausgelöst hatte, dann kam die Gefahr für die beiden Vampire nicht von unten, sondern - von den Gangwänden!
Gut zehn Fuß war die gegenüberliegende Wand entfernt, in die ein mächtiger Urwaldriese halb hineingewachsen war. Sein Stamm ragte in den Gang, während der Rest in der Wand verschwand und wahrscheinlich im Nebenlauf wieder hervortrat.
Wie die mächtige Säge eines Riesen zerteilte der goldene Steinkeil den unbesiegbar erscheinenden Stamm - und er brauchte dazu nicht einmal den Zeitraum eines Wimpernschlags!
***
Wie eine goldene Sichel schnitt der mannshohe Steinkeil in den Gang hinein - und direkt auf die beiden Vampire zu. Tahum fühlte die Schwäche in seinen Gliedmaßen, doch er musste sie in diesem Moment ganz einfach ignorieren.
Mit der ganzen verbliebenen Energie seiner Armmuskeln versetzte er Sabeth einen brutalen Stoß, der die Königin gut und gerne zehn Schritt weit in den Gang katapultierte. Der harte Schlag stieß ihr die Luft aus den Lungen. Sie konnte nicht einmal aufschreien. Ein paar Mal überschlug sich Sabeth, bevor sie sich endlich nach Tahum umsehen konnte. Erleichtert registrierte sie, dass der Krieger sich mit einem wilden Sprung in Sicherheit gebracht hatte.
Der Weg hinter ihnen war nun ein für alle Mal versperrt - der Fels verschloss den Gang vollständig. Nur langsam ebbte der Lärm der Zerstörung ab.
Tahum riss Sabeth vom Boden hoch. »Das war sicher noch nicht alles. Schau nur!« Er wies auf die Wand, in der sich lange Risse bildeten. Vom Nebengang her drückten
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