0822 - Nomaden der Hölle
Tahum zu Sabeth, deren Stimme schwach, aber klar und deutlich zu vernehmen war. »Tahum, Zamorra hat Recht. Ich stimme ihm zu. So schwer das auch für mich ist… Assunta werden wir nicht retten können. Er wird mit seinem selbsterschaffenen Reich untergehen.« Ihr Blick richtete sich auf Zamorra. »Ich verstehe zwar nicht, warum ihr uns helfen wollt, denn wir zählen doch zu euren Feinden. Aber wir nehmen jede Hilfe dankbar an.«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Die Gründe sind jetzt nicht wichtig. Nur so viel - Laertes wollte euch damals helfen. Und wir schulden ihm etwas, denn er hat uns in einem harten Kampf geholfen. Das soll jetzt reichen. Also los, wir müssen schleunigst einen Ausgang finden.«
Ehe sich der Tross in Bewegung setzte, nahm Nicole Zamorra zur Seite. »Feiner Zauber, den du da gewoben hast. Du überraschst mich doch immer wieder.«
Der Parapsychologe grinste schief. »So soll es in einer lebendigen Beziehung schließlich auch sein, oder?«
Mit tosendem Lärm brach in diesem Moment der Rest der Wand im Hauptgang zusammen. Sie hatten wirklich keine Zeit mehr zu verlieren…
***
Saarg und Lika führten den Trupp der Verzweifelten an.
Wohl nie zuvor hatte es in den Schwefelklüften eine Gemeinschaft wie diese gegeben. Geboren aus der Angst um die eigene Existenz hatten sich Skoloten, Vampire und Menschen zusammengetan. Doch Saargs Gedanken gingen nicht so weit.
Sie waren auf Lika gerichtet.
Likas Blicke suchten ihn nicht, das hatte Saarg registriert. Sie war in Trauer um Neeb, ihren Mann, der den Geflügelten zum Opfer gefallen war. Und das würde auch noch eine lange Zeit so bleiben. Saarg schwor sich, ihr diese Zeit zu geben. Wenn sie alle das hier überlebten, dann wollte er vorsichtig und behutsam um Lika werben.
Likas herrliches Fell war durch die Umstände hier in Mitleidenschaft gezogen worden. Schmutz, kleine Wunden… das alles konnte ihre Schönheit nicht zerstören. Saarg gestand sich ein, dass er die Frau seines Bruders schon lange begehrt hatte. Doch die Skoloten lebten monogam und treu - niemand mischte sich in die Lebensgemeinschaften innerhalb der Sippe ein, niemand zerstörte eine bestehende Partnerschaft. Da machte auch der Sippenführer keine Ausnahme.
»Neeb könnte uns helfen.«
Saarg war überrascht, als Lika ihn plötzlich ansprach.
»Ich vermisse ihn auch, Lika. Wir waren immerhin Brüder.« Eine schlauere Erwiderung fiel Saarg nicht ein.
»Er könnte uns helfen, weil er von uns allen den besten Orientierungssinn hatte.« Lika vermied nach wie vor jeden Blickkontakt mit Saarg. Aber sie hatte natürlich Recht, denn Neeb war der beste Kundschafter der Skoloten gewesen. »Ich misstraue den Vampiren.« Likas Hüteauge war unentwegt auf die dunkelhäutigen Wesen gerichtet. »Ich glaube, sie waren es, die Ulor geraubt haben.«
Saarg hegte eine ähnliche Vermutung. Ulor war sicherlich ein Opfer der durstigen Blutsauger geworden. Auch wenn der Anführer der Skoloten nur den Schatten gesehen hatte, der Ulor aus der Mitte der Sippe gerissen hatte.
»Sobald wir den Ausgang gefunden haben, werden wir uns von ihnen trennen. Ich hoffe, du und ich werden die Sippe in eine ruhigere Zukunft führen können.«
Likas Kopf ruckte zu ihm herum. Für Sekunden hafteten ihre Blicke aneinander fest. Und in diesen Augenblicken krampfte sich Saargs Herz zusammen. Likas Augen hatten die Kraft, ihn ein Leben lang festzuhalten, das wusste er nun ganz sicher.
Saarg hatte Mühe, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Der Mensch mit dem Namen Zamorra brachte ihn in die Wirklichkeit zurück.
»Der Gang mündet dort vorne. Wir müssen vorsichtig sein.«
Saarg ließ sich auf seine vorderen Extremitäten nieder. Langsam schlich er sich so auf den Ausgang zu. Zamorra war dicht hinter ihm. Vor ihnen breitete sich ein Saal aus, dessen Zentrum frei vom wuchernden Dschungel geblieben war. Sarkanas-Thronsaal!
Nicole kniete neben Zamorra. »Das nutzt uns jetzt leider auch nicht wirklich. Oder hast du einen Schimmer, in welche Richtung wir gehen müssen?« Sie deutete auf die sternförmig aus dem Saal führenden Gänge.
Zamorra reagierte nicht auf Nicoles Frage. Wortlos erhob er sich und ging in den Saal hinein, direkt auf den Thronsessel zu. Hinter Nicole ertönte ein Schrei - Sabeth hatte ihn ausgestoßen, die mit Tahum nun ebenfalls zum Eingang des Saales gekommen war.
Sabeth hatte gute Augen. Und die hatten schnell den grotesk verkrümmten Körper entdeckt, der am Fuß des Thrones lag. Die
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