0831 - Wurzel des Bösen
verwirrt.«
»In endlos langen Jahren kann so viel geschehen. Wahrscheinlich hat sie die Entwicklung der Menschen hier beobachtet. Und irgendwann war da ein Mann, den sie sich zum Sexualpartner erwählt hat. Und deine Frau steht am Ende dieser endlos langen Kette.«
Brik Simon schwieg. Das alles war mehr, als er verarbeiten konnte. Doch gleichzeitig war da wieder der Funke der Hoffnung, der ihm sagte, dass Tina vielleicht doch noch lebte. Die Hoffnung war schon immer ein Gaukler, der auch das allerkleinste Licht nach vorne spülte. Selbst wenn es schon nahezu erloschen war…
Hinter den drei Männern wurde es plötzlich unruhig. Zwei Beamte waren in das provisorische Zelt gekommen. Jens Onur und sein Kollege Daniel Wörter steckten mit den Neuankömmlingen die Köpfe zusammen. Papiere wechselten von einer Hand in die andere. Zamorra erkannte, dass die Gesichtszüge des Kommissars einen mehr als verblüfften Ausdruck annahmen.
Jetzt wandte er sich schulterzuckend zu Brik um. »Also verstehen kann ich das ehrlich gesagt nicht, was ich hier lese, doch es ist eindeutig. Die Tote dort ist definitiv nicht Ihre Frau Tina. Wie alt die Mumie exakt ist, können die Kollegen beim Erkennungsdienst in so kurzer Zeit nicht bestimmen, doch sie stammt mit Sicherheit aus einer verdammt lange vergangenen Epoche. Mann, Simon - Sie dürfen mir glauben, dass ich mich für Sie freue.« Er schüttelte dem stumm nickenden Engländer die Hand.
»Aber damit ist unsere Anwesenheit hier natürlich nicht mehr erforderlich. Die Abbrucharbeiten müssen natürlich gestoppt bleiben. Man wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen. Es gibt mit Sicherheit einen ganzen Haufen von Wissenschaftsheinis, die hier nun buddeln wollen.«
Onur grinste schief. Man konnte deutlich erkennen, wie froh er war, dem hier zu erwartenden Rummel zu entgehen. Besser einen ganzen Sack wild gewordener Bauernlümmel hüten, als sich mit auch nur einem Weißkittel herumärgern.
Onur warf einen letzten Blick in die Grube. »Melek…« Er blickte Zamorra an. »Können Sie mir das erklären, Herr Para-Professor? Engel - Melek - oder was sonst liegt da direkt vor uns?«
Zamorra lächelte den Beamten viel sagend an. »In allen Religionen gibt es Engelwesen - Lichtwesen, wie auch immer. Mal mit, mal ohne Flügel. Aber wohl immer mit Armen und Beinen. Sehen Sie genau hin.«
Onur nickte versonnen. »Also ein überdimensionaler Gockel? Am besten nicht darüber nachdenken.« Kopfschüttelnd verließ er die Fundstelle.
Keine 30 Minuten später war der Polizeieinsatz in Nassen beendet, und Brik Simon war wieder ein freier Mann - frei von jedem Verdacht…
***
Sie schlichen um die hohe Stadtmauer.
Erst waren es nur ein paar gewesen, dann mehrere Dutzend von ihnen; jetzt ging ihre Zahl wohl in die tausende. Sie waren abgrundtief hässlich.
Zumindest empfand die dunkelhäutige Schönheit es so.
Wie ein Ring aus schwarzem Fell umlagerten die Rattenwesen die weißen Mauern von Armakath. Ratten - Sabeth konnte nicht behaupten, diesen Tieren irgendeine Form von Sympathie entgegenzubringen. Vor vielen Jahrhunderten, als Sabeth als Königin der Asanbosam, dem mächtigen Vampirstamm, in Afrika gelebt hatte, waren die Nager oft bis dicht an ihre Ansiedlung gekommen. Sie fürchteten sich nicht vor den Vampiren - sie fürchteten sich vor überhaupt nichts. Einzig und allein ihr Magen bestimmte ihre Handlungsweise.
Sabeth blieb bewegungslos auf ihrem Beobachtungsposten.
Afrika… Mehr als vierhundert Jahre war Sabeth durch einen Bann von Sarkana in einer winzigen Holzfigur gefangen gewesen, verdammt zum Warten auf ein Wunder. Als dies endlich geschah, begannen sich die Ereignisse für sie zu überschlagen. Ihr Gatte Assunta, ihr Leibwächter und Geliebter Tahum und sie waren in die Ereignisse um Sarkanas Erbe gezogen worden. Und Sabeth hatte die beiden Männer sterben sehen müssen…
Damals war sie in ihrer Verzweiflung froh und glücklich gewesen, dass Dalius Laertes sich ihrer angenommen hatte. Er hatte Sabeth auf den dunklen Kontinent gebracht, in den Süden Ghanas, wo die Asanbosam einst ihr Reich beherrschten. Doch von dem einst so mächtigen und gefürchteten Vampirstamm war nichts übrig geblieben. Selbst die Erinnerungen der Menschen an die Dunklen aus den Wäldern waren nahezu verblasst. Erschüttert hatte Sabeth erkennen müssen, dass sie vollkommen alleine dastand.
Doch sie wollte in ihrer alten Heimat bleiben. Irgendwie würde sie den Platz für sich dort
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