0836 - Das Puppenmonster
vorsichtig in die Höhe, sah von ihrem Wagen das Heck, startete den Rover und nahm die Verfolgung auf. Da ich annahm, ihr Ziel zu kennen, blieb ich nicht dicht am Heck des Hondas kleben, sondern ließ immer einige Wagen zwischen den beiden Fahrzeugen.
Mit jeder Minute wuchs meine Spannung…
***
Ivy hatte sich versteckt. Die Puppe hockte vor dem Beifahrersitz und streichelte ihre Mordwaffe.
Wenn es still genug im Wagen war, hörte Leona sogar das leise Schleifen, wenn die Puppenhände über das Metall fuhren.
Die Bauchrednerin hatte sich inzwischen mit dem Eigenleben der Puppe abgefunden. Sie dachte auch nicht mehr darüber nach, wie es überhaupt dazu hatte kommen können, denn auf den mystischen Gebieten kannte sie sich nicht aus. Sie wußte wohl, daß es unheimliche Dinge auf dieser Welt gab, daß es aber sie treffen würde, damit hätte sie nie und nimmer gerechnet. Sie mußte zugeben, daß sie ihre Puppe bisher nicht gekannt hatte. Ivy war ihr aus dem Ruder gelaufen, daran gab es nichts zu rütteln.
Leona fiel es schwer, sich zu konzentrieren, auch wenn Ivy auf dem Boden hockte und nichts sagte.
Sie spielte einzig und allein mit der Mordwaffe, preßte sogar hin und wieder ihren kleinen Mund gegen das Metall, weil sie das Hackbeil liebte.
Ampelstopps, Kurven, das alles erlebte sie wie im Traum. Auf ihrer Stirn lag ein feuchter Schweißfilm. Die Gedanken drehten sich längst um die Sendung. So war es eigentlich immer, wenn sie auftrat, aber diesmal war es anders. Leona hatte stets ein Konzept gehabt. Sie konnte den Ausgang immer vorhersagen. Heute würde es nicht so sein. Die Puppe hatte ihr gezeigt, wozu sie fähig war, und Leona rechnete damit, daß Ivy auch sie töten würde, wenn sie nicht so mitspielte, wie es dem teuflischen Wesen gefiel.
Tanner hatte Verdacht geschöpft, dieser Sinclair auch. Beide würden sich die Sendung anschauen, jede Sekunde genau verfolgen, und sie würden, wenn etwas passierte, zuschlagen.
Ich stecke in der Falle, dachte sie. Ich stecke so oder so in der Falle. Was auch geschieht, ich werde die Dumme sein, und die Puppe hat gewonnen.
Jemand hupte neben ihr. Leona erschrak, denn sie war zu weit auf die rechte Seite gekommen. Ein junger Bursche drohte hinter dem Fenster seines Fiats, Leona nahm ihn gar nicht wahr. Sie rollte wie im Traum dahin und war froh, als sie schließlich auf das Gelände des Senders abbiegen konnte.
Die Studios waren nicht sehr groß und in einem Anbau untergebracht. Die Vorderseite bildete die Front eines Geschäftshauses, in dem mehrere Läden untergebracht waren. Einen Vorteil hatte die rückseitige Lage allerdings. Es gab immer genügend freien Parkraum für die Mitarbeiter, und auch Leona fand ihren Platz.
Als der Wagen mit einem letzten Ruck stoppte, meldete sich Ivy wieder. »Sind wir da?«
»Ja.«
»Noch nicht aussteigen.«
»Was willst du?«
»Du mußt mich verstecken, Leona.«
»Wie immer?«
»Ja, in deiner Tragetasche.«
»Ich habe sie im Kofferraum.«
»Hol sie her!« quäkte die Puppe.
Leona Lockwood stieg aus, als befände sie sich in Trance. Sie holte die helle Segeltuchtasche hervor und kehrte damit zu Ivy zurück.
Die Puppe hatte das Gesicht zu einem Grinsen verzogen. Sie schaffte es sogar, ihre Stimme zu einem Flüstern zu senken. »Na, was denkst du, Leona? Geht es dir gut?«
»Weiß nicht.«
»Wir beide sind ein Team, und du wirst schon sehr bald merken, wie gut wir sind.«
»Meinst du?«
»Ich will in die Tasche.«
Nach diesem Befehl entwich alles Leben aus ihr. Ivy wurde wieder zu einer normalen Puppe. Sie hatte sich steif gemacht und wurde von Leona hochgenommen.
Mitsamt ihrer Mordwaffe verschwand sie in der Tasche.
Noch einmal meldete sie sich. »Zieh den Reißverschluß zu, Leona. Ich gebe dir Bescheid.«
»Sicher.« Leona lauschte dem Geräusch, als sie den Verschluß zuzog. Am liebsten hätte sie eine riesige Axt genommen und auf die Tasche geschlagen, um die verdammte Puppe zu zerstören. Aber sie beherrschte sich, außerdem lag die Axt nicht in der Nähe. Und Ivy hätte sicherlich etwas bemerkt und wäre schneller gewesen. Deshalb ließ sie die Mordwaffe auch in der Tasche.
Die Frau schloß den Wagen ab und ging auf den gläsernen Eingang des Senders zu. Die Tür war immer geschlossen. Wenn jemand hineinwollte, mußte er schellen.
Ein Portier saß an der Seite und hatte Leona bereits kommen sehen. Er winkte ihr zu und löste die Sperre. Mit der Schulter drückte Leona die Tür nach innen und bekam
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