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0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

Titel: 0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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verloren. Vor unserer Hochzeit war der Kontakt zwischen ihnen intensiver. Er hat später abgenommen. Wenn die beiden allerdings beisammen hockten, hatte ich immer das Gefühl, daß es ein Geheimnis zwischen ihnen gäbe, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Die beiden waren Kollegen«, sagte Harry, »aber er wird kaum mehr mit seinem Freund Kontakt aufnehmen können, denn dieser Egon Kraft lebt nicht mehr.«
    Frau Fink staunte. »Er ist tot.«
    »So ist es.«
    »Mein Gott.« Sie trat einen Schritt zurück. »Wie ist das möglich? So plötzlich, meine ich?«
    »Sagen wir so, Frau Fink. Er starb keines natürlichen Todes.«
    Sie nickte, als wäre ihr plötzlich alles klargeworden. »Und was ist mit meinem Mann?« fragte sie dann.
    »Wir möchten nicht, daß ihm das gleiche Schicksal widerfährt.«
    Anni Fink kämpfte mit den Tränen. Sie holte durch die Nase Luft.
    »Leider kann ich Ihnen nur so wenig sagen, meine Herren. Ich weiß nicht, wohin er gefahren ist.«
    »Wir können es uns denken.«
    Beinahe flehend schaute sie uns der Reihe nach an. »Werden Sie ihm nachfahren?«
    »Das hatten wir vor.«
    Sie rang die Hände, drehte sich von uns weg. »Die Vergangenheit, die verfluchte Vergangenheit. Ich habe es immer gewußt. Ich wußte es. Es kann nicht gutgehen…«
    Ich wies bereits auf die Tür, so daß Harry Stahl es sehen konnte.
    Er nickte, kümmerte sich noch um Frau Fink und erklärte ihr, daß wir alles in unseren Kräften Stehende tun würden, um die Sache zu einem guten Ende zu bringen.
    »Ja, das wünschte ich mir.«
    Ziemlich schnell waren wir aus der Wohnung verschwunden und befanden uns nun auf der Fahrt zum Haus X. Zuvor allerdings wollten wir noch einem gewissen Franz Jochem einen Besuch abstatten, über dessen Funktion uns Harry Stahl aufgeklärt hatte. »Wenn einer Bescheid weiß, dann er. Und soviel Zeit haben wir noch.«
    »Wie du meinst«, sagte ich.
    Wir fuhren schnell, und wir fuhren in die Einsamkeit jenseits der Autobahnen hinein. Die Straßen waren eng, ziemlich holprig, wir rollten durch Orte, über denen noch immer der alte DDR-Mief schwebte, die aber trotzdem ihren eigenen Reiz hatten, und wir erfuhren auch, daß dieser Jochem nicht so weit von dem Haus X entfernt lebte und nur seine Ruhe haben wollte.
    Einmal überholten wir einen Bus, der ebenfalls in den Ort fuhr, und die Kennzeichen der meisten Autos wiesen auf die Stadt Pirna hin. Auch die Gegend gefiel uns. Sie war hügelig, bewaldet, wirkte verschlafen, und über ihr lag ein hellgrauer Himmel, der hin und wieder Lücken zeigte. Es regnete zum Glück nicht, aber für den Monat April war es zu kühl, wie der Nachrichtensprecher im Wetterbericht erklärte.
    Franz Jochem lebte in einem Dorf. Braungraue Hausfassaden, viele Gärten, gespickt mit Flora, die allmählich anfing zu blühen.
    Hier schimmerte der Ginster noch in einem hellen Gelb, auch Birken hatten schon ihr erstes zartes Grün bekommen, und in manchen Vorgärten arbeiteten die Dorfbewohner, als wollten sie einen Frühjahrsputz machen. Neben einem älteren Mann, der seinen Lattenzaun neu strich, stoppte Harry den blauen Golf.
    Der Mann unterbrach seine Arbeit und drehte sich langsam um.
    Unter dem Schirm der Mütze schauten uns zwei Augen mißtrauisch entgegen. Harry hatte die Scheibe nach unten gekurbelt.
    »Darf ich Sie mal was fragen?«
    »Wenn Sie Vertreter sind, hauen Sie ab!«
    Stahl lachte. »Das auf keinen Fall. Wir wollen nur jemand besuchen. Franz Jochem.«
    »Na und?«
    »Können Sie uns sagen, wo wir ihn finden?«
    Der Mann überlegte. Schließlich entschied er sich zu unseren Gunsten und gab Antwort. Wir brauchten nicht weit zu fahren. In knapp zwei Minuten würden wir dort sein, und Harry bedankte sich.
    Über eine schlecht gepflasterte Seitenstraße näherten wir uns dem Ziel. Der kleine Ort lag in einer nahezu stoischen Ruhe. Nichts brachte die Menschen aus ihrem normalen Trott. Hätten nicht die Autos an den Rändern geparkt, man hätte den Eindruck haben können, in einer anderen Zeit zu sein.
    Wir wurden bereits erwartet, denn ein Mann stand an der Straßenseite und winkte.
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über Harry Stahls Lippen. »Das ist Franz Jochem.«
    »Sieht so aus, als hätte er uns erwartet«, meinte Suko.
    »Stimmt.« Harry lachte leise. »Die Nachrichtenübermittlung funktioniert sehr gut, denke ich mal. Auch hier gibt es Telefone. Es wird nicht mehr getrommelt.«
    Neben dem Mann stoppte Harry. Hinter Jochem lag ein Vorgarten mit einem Teich.

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