0885 - Kampfplatz der Bestien
Zeit, Mr. Donovan. Bitte keine langen Erklärungen. Vertrauen Sie uns, okay?«
»Was bleibt mir anderes übrig? Ich bin bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen.«
»Gut, dann möchten wir gern von Ihnen wissen, was sich hier ereignet hat und welche Rolle Sie spielen. Es hat einen Toten gegeben, der Freddy Line heißt.«
»Das ist richtig.«
»Bitte, Mr. Donovan.«
Er schaute sich noch einmal um. Die Bewohner hatten das Spritzenhaus betreten. Sie warteten auf den Lehrer, der aber blieb bei uns. Mit zitternder Stimme berichtete er von den Vorfällen, die in der vergangenen Nacht passiert waren.
Im Prinzip erfuhren wir nicht viel Neues. Er hatte Morgana Layton ebenso gesehen wie einen Werwolf und einen Vampir. Er berichtete uns von den beiden Bestien, und wir hörten auch, wie er das Sterben des Werwolfs erlebt hatte.
Das war selbst uns neu. Da hatte es ein Vampir geschafft, dem Monstrum so zuzusetzen, daß es vernichtet worden war. Kalt floss es unseren Rücken hinab, als wir daran dachten.
Werwölfe gegen Vampire.
Sie waren in der Lage, sich gegenseitig zu vernichten. Das mußte man erst einmal fassen.
»Glauben Sie mir?«
»Ja.«
Donovan war erleichtert und drehte Suko den Kopf zu, der ihn ansprach. »Hören Sie, Mr. Donovan, wie sollte es bei Ihnen weitergehen? Sie haben die Bewohner von Fieldham in diesem Spritzenhaus versammelt, und es muß einen Grund gehabt haben. Wollten Sie die Menschen vor dem Unheil warnen?«
»Auch das. Aber ich wollte ihnen auch reinen Wein einschenken. Ich wollte sie mit dem Grauen konfrontieren, deshalb habe ich auch Freddys Leiche aufbahren lassen.«
»Und dann?«
Er hob die Schultern. »Alles Weitere hätte sich wohl ergeben, Inspektor.«
»Konkretere Gedanken haben Sie sich darüber nicht gemacht?«
»Nein. Ich bin jemand, der sich fühlt, als hätte man ihn in eine Klammer gesteckt. Ich hätte eine Diskussion abgewartet, ich hätte Meinungen hören wollen, und ich wäre nicht mal überrascht gewesen, den Vorschlag zu erhalten, daß jeder Bewohner seinen Ort verläßt. So lange, bis der Spuk vorbei ist.« Er nickte sich selbst zu. »Ja, wahrscheinlich wäre es darauf hinausgelaufen.«
»Keine schlechte Lösung, den Kampfplatz zu verlassen«, gab ich zu.
Der Lehrer erschrak. »Kampfplatz? Können sie das genauer erklären, Mr. Sinclair?«
»Ja. Auch wenn es kaum begreiflich ist, es wird hier in Fieldham zu einem Kampf zwischen Werwölfen und Vampiren kommen. Und niemand weiß, wer der Sieger sein wird.«
Donovan blieb vor Staunen der Mund offen. »Sie… Sie … meinen, so etwas wie eine Entscheidungsschlacht?«
»Nicht so direkt. Möglicherweise eine von mehreren Schlachten, denke ich.«
Er bekam eine Gänsehaut und schüttelte sich. Natürlich lagen ihm Fragen auf der Zunge, das war menschlich, doch darauf konnten wir keine Rücksicht nehmen. Außerdem warteten bereits die Bewohner auf ihn. Wir hörten etwas von ihrer Unruhe.
»Sie kommen doch sicherlich mit – oder?«
Ich nickte. »Deshalb sind wir hier.«
Dick Donovan atmete tief durch. »Ja, das ist gut. Jetzt geht es mir besser, und auch meine Partnerin wird mehr Vertrauen gewinnen, wenn sie zwei weitere Personen auf unserer Seite weiß. Ich habe mich auf den Rosenkranz verlassen, das war gut, aber es ist viel besser, wenn ich weiß, daß ich Helfer habe.«
»Verlassen Sie sich darauf.«
Auch uns tut es gut, auf einen so verständnisvollen Mann getroffen zu sein. Nicht immer begegnete man uns in fremden Umgebungen so vorurteilsfrei. Oft genug hatte es Ärger und Misstrauen gegeben, was wir auch verstehen konnten.
Bevor ich als letzter das Spritzenhaus betrat, drehte ich mich noch einmal um und schaute zurück in die Nebelfetzen.
Ich zog die Tür nicht ganz hinter mir zu, blieb in ihrer Nähe stehen, weil ich auch hören wollte, wenn draußen etwas passierte.
Suko baute sich an der anderen Seite der Tür auf. Uns waren scheue und misstrauische Blicke zugeworfen worden, aber niemand traute sich, eine Frage zu stellen, zudem waren wir in Begleitung des Lehrers, dem die Menschen hier Respekt zollten.
Der schlichte Sarg mit der Leiche stand in der Mitte. Er war auf einem Holzgestell aufgebockt worden. Die Bewohner hielten sich in respektvoller Entfernung auf. Sogar die Kinder waren mitgenommen worden, keiner wollte allein im Haus zurückbleiben.
Der Lehrer stellte sich am Kopfende des Sargs auf. Er begann mit seiner knapp gehaltenen Rede und erklärte zunächst unser Vorhandensein. Das machte er sehr
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