09 - Verschwörung der Druiden
gewesen. Er hatte nicht geschlafen und erst bei Sonnenaufgang das Lagerhaus verlassen. Und seit über einer Stunde stritt er sich hier herum.
Was sollte er tun? Er sah keine andere Möglichkeit. Manchmal mussten sogar Unschuldige geopfert werden, wenn es einem höheren Ziel diente. Wenn Ian älter war, würde er es verstehen.
Tom und Dave hatten sich während der Auseinandersetzung zurückgehalten. Nur drei Jahre trennten die Jungen, aber Ian, der älteste, war schon immer ihr Anführer gewesen.
Nun gut. Wenn Ian ihn nicht unterstützen wollte, dann musste George sich eben mit zwei Helfern begnügen.
»Dave!«, rief er. »Tom! Packt alles zusammen, was wir brauchen. Wir müssen alles für heute Nacht vorbereiten.«
Er sah Ian ein letztes Mal an. »Ich werde dich hier zurücklassen. Die Ältesten werden sich mit dir befassen, wenn wir heimkehren.«
»Falls wir heimkehren«, korrigierte Ian. »Falls wir diese Nacht überleben.«
George wollte unbedingt das letzte Wort haben. »Wir hätten weit bessere Erfolgsaussichten, wenn wir zusammenhalten würden.«
Ian schüttelte den Kopf. »Nein. Wir hätten weit bessere Erfolgsaussichten, wenn wir uns an die Anweisungen meines verstorbenen Vaters halten würden.«
»Nun gut. Wir werden dich zurücklassen. Ich glaube, wir können es auch ohne dich schaffen.«
Die beiden anderen Brüder standen an der Haustür. Sie schienen sich nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen. George konnte es verstehen. Bis jetzt hatten die drei immer alles zusammen gemacht.
»Es tut mir Leid, Onkel«, sagte Tom, »aber ich kann auch nicht mitkommen.«
George war wie betäubt. Er hatte es mit einer ausgewachsenen Revolte zu tun. Er sah den jüngsten der drei Brüder an.
»Und was ist mit dir, Dave?«
Dave blickte zu Boden. »Wir haben geschworen, die Regeln unseres Ordens zu befolgen. Ich werde dich begleiten, wie ich es den Ältesten zu Hause versprochen habe.«
George seufzte. »Wenigstens einer von euch ist vernünftig.«
Er sah seine beiden anderen Neffen an, bevor er ging.
»Ihr wisst, dass ihr mich nicht aufhalten könnt.«
»Ich kann wenigstens versuchen, dich zur Vernunft zu bringen!«, gab Ian scharf zurück.
»Nein. Ich denke, es ist sinnlos. Wenn wir beide diese Nacht überleben, werden wir vielleicht eines Tages zu einer Einigung gelangen. Ich hoffe es jedenfalls.«
Ian schwieg.
»Diese Nacht ist noch längst nicht vorbei. Meine größte Herausforderung ist die Macht des Höllenschlundes.«
Diesmal antwortete Ian. »Die Nacht hat noch nicht einmal angefangen. Ich fürchte, es werden Dinge geschehen, die wir uns nicht einmal vorstellen können.«
George ließ Ian stehen und half seinem Neffen Dave, die Taschen und Kartons in den Lieferwagen zu laden.
»Hoffen wir, dass wir darauf vorbereitet sind«, sagte George. »Und hoffen wir, dass einige von uns überleben werden.«
Die Auseinandersetzung zwischen Ian und seinem Onkel hatte Oz schwer beeindruckt. Einen guten Streit wusste er immer zu schätzen. In seiner Familie kam so etwas nicht mehr allzu häufig vor. Um genau zu sein, er war so selten zu Hause, dass er kaum noch mitbekam, was seine Eltern so trieben. Aber er hoffte, dass sie sich nicht so häufig stritten wie in den Stunden, in denen er zu Hause war.
Dieser Streit wurde jedoch offen und direkt ausgetragen, sodass Oz, der sich draußen vor dem Fenster versteckte, sofort wusste, wer auf welcher Seite war.
Als Eric das Lagerhaus verlassen hatte - und er musste ein Vampir oder ebenfalls eine Druide sein, denn er war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt gewesen -, hatte Oz noch ein paar Minuten gewartet und durch das verdreckte Fenster gespäht in der Hoffnung, Willow zu sehen. Er hatte gehört, wie George sie hineingebracht hatte, aber der Druide musste sie in einem der kleineren Räume des Erdgeschosses eingesperrt haben, denn Oz konnte weder einen schwebenden Körper noch das gespenstische Leuchten entdecken. Er war um das ganze Gebäude geschlichen und hatte die anderen Fenster ausprobiert, doch alles, was er sehen konnte, war George, wie er irgendwelche Gegenstände aus einer großen schwarzen Segeltuchtasche zog. Oz hatte nicht mitbekommen, dass der Druide das Zeug ins Haus getragen hatte. Er vermutete, dass Eric es zurückgelassen haben musste. Die Dinge, die George aus der Tasche zum Vorschein brachte, sagten ihm auch nicht viel - Steine und Zweige und Glasscherben und ein paar kleine Beutel, die offenbar mit Erde gefüllt waren. Eine tolle Sammlung.
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