093 - Das Hotel der lebenden Leichen
Ein schreckliches Wimmern und Stöhnen, das allmählich lauter wurde.
»Miß Collins...?« Henry Danforth versagte die Stimme. Seine Augen fuhren entsetzt durch den Raum.
Kitty sprang auf und lauschte. Ihr unregelmäßiger Atem verriet ihre mühsam unterdrückte Beherrschung.
Das beklemmende und unheimliche Geräusch wurde immer lauter. Es schien durch die Wände, den Boden und die Zimmerdecke zu dringen, »Was ist das?« flüsterte Kitty. Die steinerne Ruhe war aus ihrem Gesicht gewichen. Ihre Lippen zuckten. In diesem Augenblick ging das Licht aus. Weder Kitty noch Henry Danforth’ standen in der Nähe des Fernsehapparates, keines von beiden hatte die Einstelltaste berührt, und doch flimmerte der Bildschirm auf. Blaugrünes Licht durchflutete den Raum.
Von Kitty Collins Lippen kam ein leiser Schrei. Ein furchtbares, toten-kopfähnliches Gesicht blickte sie aus der erleuchteten Mattscheibe an.
Kitty wich ein paar Schritte zurück. Sie stieß mit Henry Danforth zusammen, der ebenfalls einen Schritt rückwärts gemacht hatte. - Ihre Fingernägel krallten sich in Henrys Arme.
»Miss Kitty«, murmelte Danforth. »Was ist denn das? Ich bin doch nicht verrückt. Ich ...« Der Rest des Satzes wurde ihm vom Mund gerissen. Ein teuflisches, gellendes Gelächter erfüllte den Raum.
Wie festgenagelt standen die beiden Menschen auf der Stelle. Ihre Blicke saugten sich auf dem Bildschirm des Fernsehapparates fest.
Noch immer war der totenkopf-ähnliche Schädel zu sehen. Tief lagen die Augen in den Höhlen. Sie wirkten unergründlich, erinnerten an Kohlenschächte. Über die bleiche Gesichtshaut zog sich ein phosphoreszierender Schimmel, der diesem Schädel im wahrsten Sinne des Wortes ein diabolisches Aussehen gab.
Plötzlich geschah das Unheimliche.
Der Schädel löste sich aus dem Bildschirm, schwebte auf einmal im Raum und begann wieder gellend zu lachen.
In diesem Augenblick löste sich die Starre der beiden Menschen.
Kitty Collins schrie auf.
Mit einem heftigen Ruck stieß sie Henry Danforth zurück und rannte schreiend in Richtung Tür. Sie hatte ihre Arme erhoben und die Hände in sinnloser Panik in ihre Haare gekrallt.
Nur weg hier! Weg, weg! Das war ihr einziger Gedanke.
Kitty achtete nicht darauf, wo sie herlief. Sie übersah den Stuhl.
Kitty spürte nur noch den Schmerz in ihrem Schienbein, hörte wie der Stuhl umfiel und prallte selbst gegen die verschlossene Tür.
Dicht vor ihren Augen sah sie die Klinke.
Die Rettung?
Kittys Hände umfaßten das kühle Metall, drückten die Klinke nach unten.
Zu!
Herrgott, die Tür war zu.
Weinend brach Kitty zusammen. Und über sich hörte sie das häßliche Lachen des Schädels.
Jetzt würde er sie töten. Jetzt...
Doch auch Henry Danforth war nicht untätig geblieben. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er die eigene Angst überwunden. Er, der sich selbst immer für einen Feigling gehalten hatte, zeigte in diesem Augenblick, daß er es nicht unbedingt war.
Henry sah den Feuerhaken, der neben dem Kamin hing. Mit zwei langen Sätzen hatte er das schwere Eisen erreicht, riß es aus der Halterung und schwang es hoch über seinen Kopf.
Noch immer schwebte der Schädel über Kitty. Bereit, jeden Moment einen grauenhaften Mord zu versuchen.
Da schlug Henry Danforth zu!
Der schwere Feuerhaken raste auf den Schädel zu, hätte ihn zertrümmert, doch...
Plötzlich war der Schädel verschwunden!
Henry konnte den Schlag nicht mehr bremsen. Der Feuerhaken traf mit ungeheurer Wucht den Kopf der Frau.
Wie vom Blitz getroffen brach Kitty zusammen.
***
Frank Connors sah das Messer kommen.
Seine linke, mit dem Dämonenring bewaffnete Faust fuhr hoch. Der Ring ratschte dem veränderten Hotelleiter über den fleischlosen Nasenstumpf.
Ein Schrei, kehlig dumpf und gurgelnd, drang aus Evans gelbem, bleckenden Gebiß. Er wankte, schüttelte sich sekundenlang wie unter gewaltigen Stromstößen und sackte dann schlaff zusammen.
Ein zweites Messer zischte auf den Reporter zu. Frank warf sich gedankenschnell zur Seite. Die Klinge schlitzte seine Hose am Oberschenkel auf und ritzte ein wenig die Haut. Frank Connors spürte den Schmerz kaum.
Er wirbelte herum. Der Dämonenring prallte dem ekelhaften Angreifer auf den Kehlkopf.
Ein zweiter Schrei erfüllte röhrend die Hotelhalle. Die Glieder des Getroffenen wurden starr. Dann fiel der lebende Tote zu Boden.
Etwas Seltsames, Unfaßbares geschah mit dem Ring.
Der sonst matte und glanzlose Stein begann plötzlich von
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