0951 - Die Exorzistin
in ihren Ohren, und mit angehaltenem Atem wartete Marion ab. Dann mußte sie doch Luft holen. Wie ein kalter Strom breitete sich die Luft in ihren Lungen aus.
Marion Bates wußte, daß sie nicht mehr allein in dieser Umgebung war. Irgend etwas hielt sich in der grauen Dunkelheit des Waldes verborgen, das für sie leider nicht sichtbar war.
Sie konnte nicht länger stehenbleiben. Sie wollte auch nicht zurück, denn nach ihrer Meinung hatte sie bereits die Hälfte des Weges hinter sich gebracht.
Vor ihr führte der Weg in eine Linkskurve. Der Straßenbelag schimmerte auch weiterhin dunkel und glänzte an manchen Stellen, wo sich das Eis gehalten hatte.
Marion hielt sich immer in der Nähe des Straßengrabens, in dem noch Wasser stand, das von einer dicken Eisschicht bedeckt war. Sie schimmerte durch die Lücken des starren Wintergrases.
Marion lief weiter. Schneller als zuvor und unsicherer. Daran trug nicht allein die Kälte die Schuld.
Auch ihr Wissen, daß sich in der Nähe etwas Unheimliches versteckt hielt.
Komischerweise dachte sie wieder an die Frau, die so hastig das Kloster verlassen hatte, und sie erinnerte sich auch an deren Schreie. Nur hatte sie von der Person nichts gesehen, und so konnte sie die Frau nicht direkt beunruhigen.
Die Kurve hatte Marion bis zum Scheitelpunkt durchschritten, ging auch weiterhin am Straßengraben entlang - und blieb plötzlich stehen, weil sie etwas gesehen hatte, das überhaupt nicht in diese Einsamkeit passen wollte.
Vor ihr, direkt am Straßenrand, parkte ein dunkles Auto!
***
Marion Bates ging nicht weiter. Der Schreck hatte sie für einen Moment gelähmt, und so blieb sie stehen, behielt den Wagen aber im Auge, an und in dem sich nichts rührte.
Auch nach genauerem Hinschauen machte er einen verlassenen Eindruck, und Marion wartete ungefähr zwei Minuten ab, bis sie die Kraft gefunden hatte, sich wieder in Bewegung zu setzen und sich dem Fahrzeug zu nähern.
Sie ging mit zögernden Schritten, als müßte sie sich jeden genau überlegen.
Sehr lange konnte der Wagen noch nicht an diesem Ort stehen, denn auf seinen Fenstern lag noch keine weiße Eisschicht. Nur das Dach hatte schon einen grauweißen Schimmer bekommen.
Am Heck des Autos blieb sie stehen. Sie sah dort den Stern und wußte nun, daß es ein dunkler Mercedes war, der in der Kälte stand. Sie konnte durch die Rückscheibe in das Fahrzeug hineinsehen, dessen Inneres zwar von Schatten erfüllt war, aber diese stellten sich nicht als hinderlich heraus.
Das Auto war leer.
Niemand hielt sich dort auf.
Weder saß jemand auf den Vorder- noch auf den Rücksitzen. Es war von seinem Fahrer oder seiner Fahrerin verlassen worden. Zur Sicherheit umrundete das Mädchen den Mercedes, aber auch jetzt entdeckte sie nichts Beunruhigendes.
Nur der Wagen selbst gab ihr Rätsel auf. Warum war er hier abgestellt worden? Für Marion gab es nur eine Lösung: Jemand hatte sein Auto hier verlassen, um in den Wald zu gehen.
Aber um diese Zeit?
Damit kam sie nicht zurecht. Wer ging denn in der Nacht schon durch einen stockfinsteren und verlassenen Wald? So etwas war für sie nicht nachvollziehbar, aber es mußte so sein.
Am besten wäre es für sie gewesen, wenn sie einfach weggelaufen wäre, aber sie blieb an der rechten Fahrerseite stehen und schaute über die Straße hinweg zum Wald. Marion war sich sicher, daß der Mann in den Wald hineingegangen war. Aber was suchte er dort? Was gab es überhaupt in einem nächtlichen leeren Wald zu sehen?
Nächtlich ja, aber leer?
Sie schluckte und schaute weiter. Nichts bewegte sich zwischen den Bäumen. Selbst die Schatten dort schienen eingefroren zu sein. Es gab niemanden, der laut atmete oder sprach, aber sie hörte das Rascheln und Knacken.
Also schien doch jemand durch den Wald zu laufen.
Lachen drang an ihre Ohren und erschreckte sie zutiefst, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Es ging ihr nicht allein nur um das Lachen, sondern auch um die Person, die es ausgestoßen hatte. Das war kein Mann gewesen, sondern eine Frau.
Und Marion hatte das Lachen schon einmal gehört. Zuerst, als sie noch in ihrem Bett gelegen hatte, später dann vor der Tür der Kapelle. Es war also die Frau aus dem Kloster, die sich jetzt im Wald aufhielt und so schrecklich lachte.
Warum tat sie das?
Galt es etwa der Person, die aus dem Auto gestiegen und in den Wald gegangen war?
Eine andere Möglichkeit konnte sich das Mädchen nicht vorstellen, und dieses Lachen klang auch nicht romantisch,
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