1 - Schatten im Wasser
Deck des schlingernden Schiffs, einen sturen Zug um ihren schönen Mund, und schüttelte einfach den Kopf.
»Ich geh nicht«, verkündete sie und hielt sich am Mast des Hilfssegels fest. Johann hätte sie mit Gewalt davon wegziehen müssen, und das würde er nicht tun, sonst hätte sie sich in ihrem brandneuen Ehemann gewaltig getäuscht.
Er starrte ratlos auf sie herunter, rührte sie natürlich nicht an, aber es war deutlich, dass er sich nur mit Mühe beherrschte. Dan grinste, dass seine weißen Zähne unter seinem Bart leuchteten, der Steuermann lief langsam rot an, und die Matrosen machten anzügliche Kommentare, während sie das Hilfssegel setzten.
»Mann, sehen Sie zu, dass Ihr Frauchen schleunigst da hinun-terklettert«, raunzte der Steuermann.
Catherine sah aufsässig zu ihrem Mann hoch. »Ich hab Angst da unten.
Basta. Und wenn ich das sage, meine ich es ernst. Am besten gewöhnst du dich gleich daran. Dann ist bei mir nämlich nichts mehr zu machen.«
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»Die Brandung ist zu hoch. An Deck wäre es zu gefährlich. Du könntest ins Meer gespült werden. Also geh bitte. Denk an die Haie«, fügte er listig hinzu.
Sie schlang ihre Arme fester um den Mast. »Vermutlich hast du dir das mit den Haien nur ausgedacht, in der Bucht gibt es sicher keine. Ich bleibe hier oben. Außerdem stinkt es so gotterbärmlich, dass es nicht auszuhalten ist. Wozu um alles in der Welt wird dieses Boot für gewöhnlich benutzt?«
»Walfang«, antwortete er, konnte seinen Satz aber nicht beenden. Eine riesige Welle rollte auf den havarierten Segler zu und brach ein großes Stück aus ihrem Bug heraus. Die White Cloud schrie auf. Die nächste Woge drohte die Trümmer auf das Brandungsboot zu werfen. Blitzschnell schlug der Steuermann die Ladeluke zu, machte die Leinen los und brüllte seine Matrosen an, zu rudern, was das Zeug hielt. Die Steinachs und Dan blieben an Deck.
Das kleine Schiff hüpfte auf den Wellen, eine der Reisetaschen rutschte, traf Johanns Beine, er verlor das Gleichgewicht und fiel hart auf die Planken. Das Boot schoss tief hinunter in ein Wellental und dann steil wieder hoch, sein Bug zeigte geradewegs in den Himmel. Johann hatte keine Chance. Er fiel über Bord und wurde sofort von einer gierigen Woge verschluckt.
»Mann über Bord«, brüllte einer der Matrosen, zog sein Ruder ein und zeigte auf Johanns Kopf im Wellental. Das Boot drehte sofort bei.
Catherine ließ den Mast los und stürzte zur Bordkante. Das Meer toste und spritzte, Schaumfetzen trieben über die Oberfläche und täuschten ihren Blick. »Johann!«, schrie sie. »Johann!« Aber das Toben der Elemente übertönte alles, nicht einmal ihre eigene Stimme konnte sie verstehen. Sie packte Dan de Vil iers Ärmel. »Dan, so helfen Sie ihm doch!«
Aber er wehrte sie ab. Über seinen ausgestreckten Zeigefinger peilend, folgte er Johanns auf- und abhüpfendem Kopf. »Wenn ich nur einmal blinzle, verliere ich ihn vielleicht, und dann ist sein Schicksal besiegelt. Er kann nämlich nicht sehr gut schwimmen, auch wenn er das selbst glaubt ...
verdammt, er ist weg.
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Seht ihr ihn noch?«, schrie er die zwei Seeleute neben ihm an. Die schüttelten nur stumm den Kopf, ohne ihren Blick jedoch vom Wasser zu lösen.
Sprachlos vor Angst starrte sie in die Wellen, bis ihr die Augen tränten.
Aber sie sah nichts, und der erlösende Ruf »Da ist er« blieb aus. Dan und zwei der Seeleute beobachteten konzentriert das Meer, sie strichen mit ihrem Blick ganz systematisch über die Oberfläche, als wäre es in geometrische Felder eingeteilt. Sie suchten noch mindestens eine halbe Stunde, fanden aber keine Spur von Johann.
»Es hat keinen Sinn, der kommt nicht wieder hoch«, sagte der Steuermann und gab seinen Männern den Befehl, die Ruder wieder aufzunehmen.
»Nein!«, schrie Catherine und wollte sich ins Wasser stürzen, aber Dan packte sie und hielt sie fest. Erschüttert verbarg sie ihr Gesicht an seiner Brust, unfähig zu begreifen, dass ihr Mann nicht wieder auftauchen würde.
Salzwasser lief ihr aus den Haaren über das Gesicht und brannte ihr in den Augen. Sie wischte es weg, aber weinte nicht. Ihr Körper schien hohl zu sein, und das Atmen war eine ungeheure Anstrengung. Wortlos schob sie Dan weg.
Langsam umrundete das Boot den Point, dessen sandiges Ufer rechts von ihnen lag. Der Himmel riss auf, die Sonne kam hervor, eine Welle hob das kleine Boot über die Sandbank, und sie glitten in das kristallklare, spiegelglatte Wasser einer
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