10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
hier.
Schickt mir den armseligen Abfall eurer wimmelnden Ufer,
Die Heimatlosen, vom Wind verwehten, schickt sie zu mir –
Neben dem Goldenen Tor werd’ ich meine Lampe heben.
In dem langen Schweigen, das folgte, bemerkte niemand, daß sich der Verteidiger vor den Richtern tief verbeugt und gesetzt hatte. Die Verteidigung schwieg, denn sie hatte nichts mehr hinzuzufügen.
*
Mitternacht. Eine große steinerne Zelle mit Metallgitter, ein Bett, ein Tisch, zwei Sessel und ein Radioapparat in einer Ecke. Maeth und der Verteidiger saßen beisammen und unterhielten sich, schauten Briefe durch, beobachteten die Uhr.
»Die Staatsanwaltschaft hat einen schlechten Brief mit jenem von dem Verrückten ausgesucht«, bemerkte der Verteidiger. Er konnte sich nicht zurückhalten, seine Worte laut auszusprechen, obwohl er ganz genau wußte, daß die andere nur seine Gedanken hören konnte. Er zeigte auf einen Stapel von Briefen, die sie durchgesehen hatten.
»Ich hätte ihm leicht mit diesem Bündel entgegentreten können. Aber was hätte es genützt? Sie beweisen nichts, außer, daß nicht alle Leute gleicher Ansicht sind.«
Er seufzte, streckte seine Arme weit aus und gähnte, schaute zum zwanzigsten- oder dreißigstenmal auf die Uhr, nahm einen weiteren Brief in die Hand.
»Hör dir diesen an.«
Laut las er:
»Mein Sohn, dreizehn Jahre alt, plagt uns ständig, Ihrem Klienten ein Heim anzubieten. Ich weiß wirklich nicht, ob es klug ist, seinem Wunsch nachzugeben, aber wenn wir es nicht tun, wird er uns keine Ruhe geben. Wir haben ein Zimmer frei, und wenn Ihr Klient sauber ist und ihm der Dampf an Waschtagen nichts ausmacht …«
Seine Stimme wurde undeutlich, als er wieder gähnen mußte. »Man sagt, es werde bis sechs Uhr früh dauern, bis die Volksabstimmung beendet sei. Ich wette, es wird mindestens acht oder gar zehn Uhr. Solche Dinge verzögern sich immer.« Er ruckte herum, in der vergeblichen Mühe, es sich im harten Stuhl bequemer zu machen. »Ich bleibe jedoch bei dir, bis wir das überstanden haben, so oder so. Und glaube ja nicht, ich sei der einzige Freund, den du hast.« Er zeigte auf die Briefe. »Du hast da eine ganze Menge.«
Maeth war mit dem Durchlesen eines zittrig geschriebenen Briefes fertig, langte nach Bleistift und Papier und kritzelte: »Allain lehrte mich nicht genug Wörter. Was bedeutet ›Veteran‹?« Nachdem es ihr erklärt worden war, meinte sie: »Diesen Schreiber hier habe ich am liebsten. Er wurde verwundet. Sollte man mich freisprechen, werde ich seine Einladung annehmen.«
»Laß mich sehen.«
Der Verteidiger nahm das Blatt, las es und murmelte:
»Hm, hm …« Er gab es zurück. »Du hast die Wahl. Auf alle Fälle werdet ihr etwas gemeinsam haben, nämlich, mit dieser komischen Welt zu Rande kommen zu müssen.« Er warf einen flüchtigen Blick auf die Wand und fügte hinzu:
»Diese Uhr hat zu kriechen begonnen. Bis morgen früh wird es eine Woche dauern!«
Irgend jemand öffnete das Gitter mit klimpernden Schlüsseln, und herein kam der Staatsanwalt. Er grinste seinen Rivalen an und sagte: »Nun, Sie machen es sich hart genug im Gefängnis – Sie benützen noch nicht einmal den beigestellten Komfort!«
»Was meinen Sie damit?«
»Den Radioapparat.«
Der Verteidiger rümpfte verächtlich die Nase: »Verdammtes Radio. Lärm, Lärm, Lärm. Wir haben fleißig gelesen – in Frieden und Ruhe.«
Ein plötzlicher Verdacht durchzuckte ihn.
»Was haben wir im Radio versäumt; gab es etwas?«
»Die Mitternachts-Nachrichten.« Der Staatsanwalt lehnte sich an die Tischecke und grinste noch immer. »Man hat die Volksabstimmung abgebrochen.«
»Das können sie doch nicht tun!«
Rot vor Zorn stand der Verteidiger auf.
»Durch internationales
Weitere Kostenlose Bücher