10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
achtzehnhundert Leute, und ich glaube, keine hundert blieben zu Hause. Alle andren jedenfalls lachten und scherzten und liefen umher; die Fackeln in der Hand, warteten sie auf das Wasser.
Die Kinder haben immer einen Mords^ spaß daran – wie auch die meisten Erwachsenen.
»Es kommt«, flüsterte Diane.
»Ich sehe.«
Der Boden des Lochs war bereits getränkt mit rotem, klebrigem Schlamm. Wir hatten jetzt der Stadt den Rücken zugekehrt; unser Weg führte über Serpentinen hinab zum Grund, in Richtung der Hügel.
»So – gleich haben wir’s geschafft, Kumpel!« schrie ein grinsender Verkäufer und drückte mir zwei Fackeln in die Hand. Ich zahlte, reichte eine an Diane weiter, und wir setzten unseren Weg fort.
Auch für die Fackeln gibt es einen Grund; die Engländer kannten sich damit aus …
Früher einmal, zur Zeit der großen Kriege, als das Radar noch nicht so gebräuchlich war, da hatten die Engländer ihre Plage mit dem Nebel. Sie hoben entlang den Landebahnen Gräben aus und füllten sie mit öl; wenn die Flugzeuge dann eintrafen und der Nebel zu dicht war, entzündeten sie das öl in den Gräben, worauf sich der Flammenvorhang durch den Nebel fraß und die Sicht klärte.
Dafür hatten wir unsere Fackeln.
Zuerst konnten wir nur Umrisse erkennen, dann den hellen Schein der Flammen, und als schließlich an die tausend Fackeln brannten, vermochten wir über fünfzig Meter weit zu sehen. Da brauchten wir nicht mehr die Pfade; wir eilten die Böschung hinab zur dichten, jubelnden Menschenmenge.
Ein Brüllen erscholl vom nördlichen Rand des Lochs, wo der schlammige Wasserlauf schwarze, breiige Erdmassen aus dem Hügelland herabwälzte.
»Es kommt!«
Diane nahm die Hand von meiner Schulter. Wir drängten uns beide nach vorne und schauten.
Im flackernden Schein der Feuer kam das erste dünne Rinnsal runter zum Loch. Obwohl dies alle paar Monate geschah (jedesmal, wenn die gemächliche Venus eine Drehung um ihre Achse vollführte, relativ zur Sonne), war es wie ein Wunder. Immer wieder. Selbst in meinem Thermoanzug fühlte ich die erfrischende, belebende Wirkung. Es war wie Iowa im Oktober, war wie das erste Auftauen des Eises – an jenem Strom, der bei aller Leute Heim vorbeizog.
Das Wasser kam runter!
Ich flüsterte:
»Wie wunderbar, um diese Zeit verliebt zu sein!«
Aber Diane stand nicht länger neben mir.
Ich brüllte: »Diane! Wo bist du?«
Und dann sah ich sie.
Sie war in der Menge abgedrängt worden, aber nur ein paar Meter von mir entfernt, und sie stolperte jetzt auf mich zu. Ihr Gesicht konnte ich nicht erkennen, nur den Nackenschutz und – etwas verschwommen unter der durchsichtigen Hülle des Thermoanzugs – den Bogen ihrer rechten Kinnlade. Aber das genügte.
Diane war von Furcht ergriffen.
Ein riesiger, ungeschlachter Koloß, ein wahres Monstrum von Mann, mit einem Gesicht wie breitgeschlagener Teig und dem Ausdruck einer getretenen Echse, herrschte sie wütend an: »He, sind Sie blind? Was passen Sie denn nicht auf?«
Diane erreichte mich, weiß im Gesicht. »Oliver«, schluchzte sie, »dieser Herr da sagt, ich sei ihm auf den Fuß gestiegen.«
»Was?«
»Ich – bin’s nicht, Oliver!« Flehentlich: »Du glaubst mir doch, oder?«
»Natürlich …« Es klang wie Grabgeläut.
»Du mußt mir glauben!«
»Ich tu’s ja.«
Aber es spielte keine Rolle; nichts spielte mehr eine Rolle. Wir beide wußten jetzt Bescheid.
Zur getretenen Echse sagte ich: »Werter Herr, meine Verlobte bittet vielmals um Entschuldigung. Die Menge … der Lärm … die Aufregung …« Finster starrte er mich an. Sein Blick wanderte unter buschigen Augenbrauen in der Runde, aber die Stimmung ringsum war nicht das, was er sich erhoffte. Er zuckte die Achseln und entfernte sich.
»Komm, Liebes«, sagte ich
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